Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
Martens.
Ich werde nichts weiter dazu sagen. Ich war im Hotel, weil ich mit ihm reden wollte.«
»Ausgerechnet
in der Mordnacht Ihres Freundes. Das ist aber ein merkwürdiger Zufall!«
»Kilian
wollte unbedingt auf diese Geburtstagsfeier von Oleanders Großvater. Das habe ich
überhaupt nicht verstanden und deswegen bin ich am späten Nachtmittag wieder zurück
nach Dänemark gefahren. Ich konnte doch nicht ahnen, dass Oleander ermordet wird.«
»Sie erwarten
ein Kind und treffen sich mit Ihrem Geliebten.«
»Sie sind
nicht mein Moralapostel!«
»Ich hinterfrage
Ihr merkwürdiges Verhalten.«
»Sie haben
einfach keine Ahnung vom wirklichen Leben!«
»Dann ist
es in Ihren Augen sicher auch nicht merkwürdig, dass Sie Ihrem Baby einen falschen
Vater unterschieben wollen?«
»Das geht
Sie gar nichts an! Das hat alles nichts mit dem Tod von Oleander zu tun!«
»Das könnte
man aber auch anders sehen!«
»Sie müssen
kein Baby allein durchbringen! Ich bin froh, dass Kilian mir helfen will.«
»Frau Sjøqvist,
der DNA-Test hat ergeben, dass Sie mit Oleander Eschenberg verwandt sind.«
»Was reden
Sie für einen Unsinn!«
»Es ist
aber so, Frau Sjøqvist. Die DNA beweist, dass zwischen Ihnen beiden ein Verwandtschaftsverhältnis
besteht!«
»Das kann
gar nicht sein, dann haben die Leute in Ihrem Labor Mist gebaut!«
»Das ist
nicht möglich. Der Test ist einwandfrei!«
»Sie wollen
mich hinters Licht führen. Darauf falle ich nicht herein!«
»An dem
Ergebnis ist nicht zu rütteln!«
»Ich kann
nicht mit Oleander verwandt sein. Wie sollte das denn gegangen sein?«
»Wie bei
Ihrer Mutter vielleicht!«
»Was soll
das? Sie wollen mich bewusst verunsichern! Warum machen Sie das?«
»Sie wissen
schließlich auch nicht, wer Ihr Vater ist, habe ich recht?«
»Woher wissen
Sie das?«
»Weil es
eine alte Akte über Ihre Mutter gibt. Einen Vergewaltigungsfall, der nie aufgeklärt
wurde, weil der Vergewaltiger wahrscheinlich ein Ausländer war.«
»Sie behaupten,
dass meine Mutter vergewaltigt worden ist?«
»Det er ikke noget vi hævder. Det
er noget vi ved!«
»Wir behaupten
es nicht, wir wissen es!« Silvias Übersetzung kommt schnell und unbetont, als würde
sie mit sich selbst sprechen. Swensen starrt gebannt auf den Bildschirm, sieht direkt
in das entsetzte Gesicht von Freja Sjøqvist. Entweder sie ist wirklich ahnungslos
oder sie beherrscht das Mienenspiel genauso perfekt wie die große Asta Nielsen,
denkt er, während Silvia Hamans monotone Stimme weiter spricht.
»Wollten Sie sich dafür rächen,
was man Ihrer Großmutter und Ihrer Mutter angetan hat?«
»Hören Sie
auf! Ich weiß überhaupt nicht mehr, wovon Sie reden!«
»Haben Sie
Kilian Martens damit beauftragt, Oleander Eschenberg umzubringen? Und haben Sie
in der vergangenen Nacht mit einer Harpune auf ihn geschossen, damit es für dieses
Mordkomplott keinen Zeugen mehr gibt?«
»Sie sind
verrückt! Sie sind vollkommen verrückt! Ich will das nicht mehr hören! Lassen Sie
mich in Ruhe! Verschwinden Sie, sofort!«
»Sagen Sie
mir einfach, dass Sie es waren! Dann wird es Ihnen gleich besser gehen!«
»Ich sage
gar nichts mehr! Verschwinden Sie! Ich will sofort einen Anwalt!«
Mist, jetzt ist die Karre endgültig
festgefahren, denkt Swensen, atmet tief durch und schaut Hilfe suchend zur Decke.
In seinen Ohren klingt eine alte Weisheit des Buddhas.
»Flieg zum
Himmel hinauf, grab dich im Boden ein, du kannst den Konsequenzen deiner Handlungen
nicht entkommen.«
*
Hauptkommissar Swensen ist das erste
Mal in seiner Laufbahn bei der Kriminalpolizei zutiefst verunsichert. Er weiß nicht
mehr, was er jetzt noch machen kann. Immer mehr Mosaiksteinchen hat er für sein
Bild von einem Mordkomplott zusammengetragen. Seine Überzeugung stützt sich nur
auf einen grundlegenden Gedanken: Das späte Rachemotiv von Freja Sjøqvist ist nach
dem Selbstmord der Großmutter entstanden. Sie hat den Brief aus dem Kloster gefunden.
Ihre Mutter wird ihr von der Behauptung der Nonne berichtet haben, dass Kreuzhausen
die Großmutter vergewaltigt hat, und dass ihre Mutter das Kind von Oleanders Großvater
ist. Nur so kann es gewesen sein. Sie erfährt etwas so Ungeheuerliches, Unfassbares,
ist in solch einen Zorn geraten, dass sie sich einen teuflischen Plan ausgedacht
hat. Sie wollte den Mord nicht selbst begehen, das hätte sie auch allein nicht geschafft.
Deshalb war Kilian Martens auf dieser Geburtstagsfeier, die ihn gar nicht
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