Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
Sjøqvist.«
»Sie sind
nicht der Vater!«
»Das spielt
keine Rolle.«
»Oder sind
Sie es doch? Ja oder nein?«
»Das geht
Sie gar nichts an! Ich werde Frau Sjøqvist jedenfalls nach dem Tod von Ole nicht
hängen lassen.«
»Frau Sjøqvist
erkennt Ihre Vaterschaft an?«
»Das sagte
ich doch gerade!«
»Und was
hat Frau Sjøqvist dafür bekommen?«
»Nichts!
Ich verstehe nicht, was die Frage soll?«
»Frau Sjøqvist
war in der Mordnacht von Herrn Eschenberg in Ihrem Hotel in Flensburg. Was hat Sie
dort gemacht?«
»Sie … sie
… das geht Sie auch nichts an!«
»Sie haben
kein Alibi für die Mordnacht. Wie es aussieht, hat auch Frau Sjøqvist kein Alibi.
War sie mit Ihnen in Hoyerswort?«
»Was soll
das hier gerade werden? Ich werde ab sofort nichts mehr sagen, bis ich einen Anwalt
habe! Haben Sie mich verstanden?«
»Das ist
Ihr gutes Recht. Dann verlasse ich Sie jetzt. Und wenn Ihr Anwalt da ist, sehen
wir uns wieder, Herr Martens.«
Swensen
steht auf, geht mit ruhigen Schritten aus dem Verhörraum in das Zimmer nebenan,
wo Silvia und Ove vor dem Flachbildschirm sitzen. Kilian Martens hat sein Handy
herausgezogen und telefoniert.
»Was meint
ihr?«, fragt Swensen.
»Ich glaube
nicht, dass er ohne Beweise ein einziges Wort ausplaudert«, antwortet Silvia, und
Ove nickt zustimmend.
»Wir haben
noch Freja Sjøqvist in der Hinterhand, vielleicht hat sie weniger starke Nerven!«
»Ich habe
Frau Sjøqvist in Nummer 4 bringen lassen, die dritte Tür rechts«, sagt Ove und klickt
mit der Maus den Verhörraum auf den Bildschirm. Der Blick der Dänin wandert hilflos
hin und her, als suchte sie nach einem festen Halt. Ihre Finger trommeln auf die
Tischplatte. Swensen hat einen Anflug von Mitgefühl. Die junge Frau wirkt plötzlich
einsam und zerbrechlich. Kann sie wirklich eine Mörderin sein?
»Das grundlegende Gutsein wird oft
missverstanden.« Die Worte gab ihm Meister Rinpoche mit auf den Weg, damals, als
er das Kloster verließ und zur Polizei gehen wollte. Er hatte dem Ehrwürdigen beim
Abschied gesagt, er wolle endlich etwas grundlegend Gutes tun. »Das grundlegende
Gutsein bedeutet nicht, dass wir uns grundsätzlich an das Gute halten und das Schlechte
ablehnen. Das grundsätzliche Gute ist etwas Elementares. Es ist immer da, wie der
Himmel und die Erde. Wir lehnen den Himmel nicht ab, wir bejahen ihn. Grundlegendes
Gutsein kennt kein ›für‹ und ›wider‹. Es ist wie das Sonnenlicht, das nicht für
oder gegen etwas ist.«
»Hier ist übrigens eine Akte über
die Mutter von Frau Sjøqvist«, sagt Ove und öffnet einen schmalen Ordner, den er
gerade aus einer Aktentasche gezogen hat. »Den hätte ich jetzt beinah vergessen.
Keine Ahnung, ob der Inhalt für euren Fall überhaupt relevant ist.«
Er schiebt
ihn zu Silvia hinüber. Sie blättert die Papiere durch, hebt ein paar Mal bedeutungsvoll
die Augenbrauen und pfeift am Ende leise durch die Zähne: »Die Mutter ist vergewaltigt
worden. Das hat schon einige Brisanz! Woher hast du das?«
»Ich habe
unsere Recherche-Expertin darauf angesetzt, alles zusammenzutragen, was wir über
Mutter und Tochter haben. Dabei hat sie diese alte Akte aufgestöbert.«
Swensen
steht da, wie vom Donner gerührt. In Gedanken versunken nimmt er den Ordner in die
Hand, bemerkt aber sofort, dass es ihm gar nichts nützt, weil er kein Wort lesen
kann.
»Lass mich
dieses Verhör machen, ich bin neutraler«, schlägt Ove vor. »Ich weiß mittlerweile,
worauf es ankommt und außerdem nehme ich alle Fragen, die ihr aufgeschrieben habt,
mit zu Hilfe. Was meint ihr?«
Der Hauptkommissar
ist noch immer verwirrt, nickt aber zustimmend, und Silvias Meinung ist auf ihrem
Gesicht ablesen. Ohne ein weiteres Wort verschwindet der dänische Kollege durch
die Tür, einen kurzen Moment später taucht er auf dem Bildschirm auf, setzt sich
und schlägt seine Akte auf. Silvia versucht sich zu konzentrieren, damit sie mit
dem Übersetzen hinterherkommt.
»Frau Sjøqvist, Sie sind in der
Mordnacht Ihres Freundes in einem Hotel in Flensburg gesehen worden, in dem sich
zur gleichen Zeit auch Kilian Martens aufgehalten hat. Was haben Sie dort gemacht?«
»Weshalb
sollte ich solche Fragen beantworten? Weswegen hat die Polizei mich vorgeladen?
Ich möchte erst, dass Sie mir das beantworten!«
»Es haben
sich neue Fakten im Mordfall Ihres Freundes ergeben. Warum waren Sie in dem Hotel?«
»Ich habe
alles erzählt, und Sie wissen bereits alles über meine Beziehung zu Herrn
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