Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
sehen alle sehr ähnlich aus.«
Eine Sirene
kommt näher, hallt irgendwo hinter den Häusern in den engen Straßen von den Wänden
wider. Wenig später biegt ein Polizeiwagen der dänischen Politi auf den Parkplatz.
Ein alter Bekannter steigt aus, Ove Toksvig, und winkt schon von weitem, während
ein zweiter und ein dritter Polizeiwagen eintreffen.
»Ich frage
mal bei den Schaulustigen rum, ob jemand den Wagen gesehen hat«, ruft Silvia Swensen
zu und eilt in Richtung Hotel davon, bevor der dänische Beamte das ausgebrannte
Fahrzeug erreicht.
»Ich dachte,
wir wären erst zum Frühstück verabredet?«, fragt Ove scherzhaft und schaut aus dem
Augenwinkel der deutschen Kollegin hinterher. Swensen berichtet dem Dänen in knappen
Worten den Hergang. Der veranlasst, das Autowrack weiträumig zu sichern und ordert
die Spurensicherung.
»Hier geht
etwas Merkwürdiges vor!« Swensen spürt einen Überschuss von Energie, kann nicht
ruhig stehen bleiben und wandert vor dem dänischen Kollegen auf und ab. »Ein Mordanschlag
auf Kilian Martens passt überhaupt nicht ins Bild. Das wirft unseren Ermittlungsstand
völlig durcheinander!«
»Du verhältst
dich merkwürdig, Jan. Da hat jemand auf Kilian Martens geschossen. Der wollte ihn
umbringen, was sonst!«
»Das war
kein Mann!«
»Hast du
gesehen, wer geschossen hat!«
»Nein, aber
es war eine Frau auf dem Parkplatz, kurz bevor das mit dem Feuer passiert ist. Ich
habe sie kurz gesehen. Und ich bin überzeugt, die wollte Kilian Martens auch nicht
umbringen.«
»Ganz langsam,
Kollege! Du willst andeuten, es wurde mit Absicht daneben geschossen?«
»Könnte
ich mir vorstellen.«
»Wie kommst
du darauf? Irgendwie scheinst du mehr zu wissen! Was ist los, raus mit der Sprache!«
»Ich glaube,
die Sache ist vorgetäuscht. Diesen Anschlag haben Kilian Martens und Freja Sjøqvist
sich zusammen ausgedacht. Allerdings haben Sie dabei nicht eingeplant, dass die
deutsche Polizei gleich nebenan im Hotel sitzt. Es hat nicht viel gefehlt und wir
hätten sie auf frischer Tat ertappt.«
»Warum sollten
sie das getan haben?«
»Sie wissen
allmählich, dass wir ihnen dicht auf den Fersen sind. Es wurde ein DNA-Test gemacht.
Die werden sich ihren Teil gedacht haben. Das Ergebnis der Verwandtschaftsanalyse
wird meine These untermauern, da bin ich sicher. Habt ihr eigentlich schon ein Resultat?«
»Haben wir,
Kollege, und du hast recht. Der DNA-Vergleich von Frau Sjøqvist mit eurem Mordopfer
bestätigt ein verwandtschaftliches Verhältnis. Sie sind beide zweiten Grades miteinander
verwandt.«
»Es stimmt!
Ich wusste, dass es stimmt! Unsere Ermittlungen liegen genau richtig. Jetzt müssen
wir nur noch einen Weg finden, wie wir die beiden festnageln können!«
»Festnageln?«
»Wir müssen
Sie nur noch überführen.«
»Jan sagde
at vi bare …«, Silvia ist von ihrer Befragung zurück.
»Ich hab
es schon verstanden, Silvia«, sagt Ove verschnupft. »Guten Morgen übrigens, schön,
dass wir uns wiedersehen!«
Silvia Haman
errötet, während sich der Däne an Swensen wendet. »Am besten ich sorge dafür, dass
Kilian Martens auch gleich morgen früh zum Verhör zum Politigården kommt.«
*
Den Rest der Nacht liegt Swensen
wach im Bett, sortiert alle Details des Mordanschlags im Kopf und versucht, sie
zu einem logischen Ganzen zusammenzufügen. Dann reißt er das Ergebnis wieder auseinander,
um es im nächsten Moment abermals neu zu ordnen. Selbst beim Frühstück gelingt es
ihm nicht, seine ergebnislosen Überlegungen aufzugeben. Der Hauptkommissar schaut
wiederholt auf die Uhr, aber Silvia erscheint die ganze Zeit über nicht. Er steht
vom Tisch auf und geht zur Rezeption um zu bitten, die Kollegin im Zimmer anzurufen.
Doch dort drückt man ihm einen gefalteten Zettel in die Hand, eine Nachricht, die
Silvia für ihn hinterlegt hat. Darauf steht in knappen Worten, dass Ove sie zum
Frühstücken abgeholt hat und sie beide pünktlich in der Polizeizentrale sein werden.
Der Hauptkommissar steckt den Zettel in die Hosentasche, bemerkt, dass er ungehalten
ist, weil die beiden ihren Privatkram durchziehen. Doch dann muss er über seinen
Ärger innerlich selbst lachen.
»Man versperrt
sich seine Zukunft, indem man vom Kommenden träumt. Konzentriere deine Wünsche und
dein Wollen auf den Augenblick. Es ist der Weg. Nur der gegenwärtige Augenblick
enthält die Substanz der Dinge. Nur er ist das Herz der Welt.«
Das war
jetzt nicht nötig, denkt er, verlässt das Hotel und geht
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