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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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anschreiben zu lassen.
    Unter den
Frauen, die sich im Laden drängen, wird rege getuschelt. Im Gegensatz dazu sagt
Herr Rosen kein Wort, füllt in aller Ruhe Kartoffeln mit einer Holzschaufel in eine
Blechschüssel, die auf einer Waage steht. Aase bleibt etwas abseits, stellt sich
regungslos neben einen Sack mit Mehl in den Eingangsbereich.
    »Was ist
bloß wieder los da draußen, Herr Rosen?«, fragt Frau Mølby fast flüsternd, während
sie die Kartoffeln in ihren Korb geschüttet bekommt. »Die Grünen benehmen sich seit
Tagen wie aufgescheuchte Hühner!«
    Aase grüßt
Frau Mølby mit einem artigen Kopfnicken. Frau Mølby wohnt im Nebenhaus und ist die
Mutter ihrer besten Freundin Damaris. Sie spitzt die Ohren, ist immer neugierig
auf das, was die Erwachsenen miteinander zu reden haben.
    »Ich glaube,
die wollen uns nur Angst machen, Frau Mølby, damit es keinen Tumult im Dorf gibt«,
flüstert der Kaufmann. »Ich habe gehört, dass oben in der Festung alles weiträumig
abgesperrt ist. Man behauptet, die Kanonen erzeugen einen gewaltigen Druck, und
unsere Häuser könnten einstürzen, wenn sie die ersten Probeschüsse abfeuern. Deswegen
haben sie befohlen, dass alle Türen und Fenster offenbleiben müssen.«
    »Das ist
aber alles übertrieben!«, mischt sich eine Frau dazwischen, die direkt neben Frau
Mølby steht. Sie wischt sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickt mit kaltem
Misstrauen durch ihre runden Brillengläser. »Das hat … mein Mann hat das gesagt.
Das Ganze ist dummes Gerede!«
    »Was weiß
denn Ihr Mann. Woher will der das denn wissen?«, hält eine dritte Kundin dagegen.
Sie ist etwas kleiner als die anderen Frauen, trägt einen aufwendig geflochtenen
Haarkranz und verschränkt provokativ ihre Hände vor einer Häkelstola, die sie locker
über ihre Schultern gelegt hat. »Das sind richtige Schiffskanonen, Spezialanfertigungen,
die Deutschen benutzen die normalerweise nur für ihre ganz großen Schlachtschiffe.
Riesengroß sind die, länger als zwei Häuser!«
    Die Frauen
stöhnen hörbar auf und werfen ihr verächtliche Blicke zu. Die kleine Person lässt
das unbeeindruckt. Sie gehört nicht zu den derben Fischerfrauen, trägt feinere Kleidung.
    »Na, die
Dame ist wieder bestens informiert«, giftet Frau Mølby in die bleierne Stimmung.
»Haben die Deutschen Ihnen das erzählt? Die Spatzen pfeifen es bereits vom Dach,
dass Sie mit denen ja ziemlich gut zurechtkommen, oder?«
    Wie auf
Kommando rücken die Frauen kollektiv von ihr ab, giften sie aus halbgeschlossenen
Augen an.
    »Ich hab
mit den Deutschen nichts zu tun!«, antwortet der Haarkranz mit beleidigtem Unterton.
»Mein Mann ist doch nur Bahnbeamter. Er arbeitet in Thisted und er … er war zufällig
dabei, als die Kanonenrohre ankamen … aus Deutschland.«
    »Es stimmt
schon, was Frau Kristensen sagt. Diese Kanonenrohre sind wirklich ziemlich groß«,
bestätigt Herr Rosen. »Ich habe selbst eine gesehen. Vier Stück wurden auf den Hügel
gebracht, habe ich gehört, nach und nach, mehrere Tage lang. Und alle diese Ungetüme
wurden auf einem riesigen Gefährt heran gekarrt.«
    »Einem Blockwagen
mit 24 Rädern«, wirft die Eisenbahnergattin ein und erntet erneut verächtliche Blicke.
»Die wurden mit einem großen Kran in Thisted verladen.«
    »Mindestens
100 Tonnen müssten die wiegen, habe ich gehört«, sagt Herr Rosen.
    »110 Tonnen!
Jedes Geschütz wiegt 110 Tonnen!«, ergänzt der Haarkranz.
    »Und seitdem
die dort oben in unseren Dünen stehen, kommen immer mehr Deutsche hierher«, klagt
Herr Rosen, ohne auf die Beamtenfrau einzugehen. »Erst Anfang des Monats sollen
über 200 neue Soldaten gekommen sein, habe ich gehört, und das werden nicht die
letzten …«
    Dem Kaufmann
bleibt der Satz im Hals stecken. Ein hochgewachsener Mann ist in den Raum getreten.
Er steht mit seinen breiten Schultern wie ein Riese neben der kleinen Aase. Das
jugendliche Gesicht ist kantig und hat scharfe Züge, sein blondes Haar ist glatt
zurückgekämmt und legt seine hohen Schläfen frei. Rechts auf seiner breiten Brust
droht ein goldgelber Adler mit dem Hakenkreuz. Auf den linken Ärmel der Uniform
ist ein rundes, blaues Abzeichen genäht, darauf eine goldgelbe Granate mit Flügeln.
Nach dem unerwarteten Auftritt des Soldaten ist es schlagartig still geworden. Doch
die Frauen, die wie versteinert wirken, tauschen hinter seinem Rücken heimliche
Blicke aus. In kürzester Zeit hat eine nach der anderen, ohne ein Wort zu sprechen,
den Laden

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