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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curd Siodmak
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trotzdem fähig ist, gedankliche Energien auszusenden, die unsere begrenzte Kraft übersteigen. Jeden Tag wachsen seine Fähigkeiten.
    Es kann seine Macht über meine Gedanken ausüben, wann immer es will.
    Zuerst habe ich das seltsame Gefühl eines fremden Willens, der die Bewegungen meiner Hände und Füße erzwingt, der alle motorischen Reaktionen meines Körpers auslöst.
    Dann können andere Gedanken als die meinen in mein Gehirn eindringen. Das Hirn, selbst körperlos, gebraucht mit meiner Zustimmung meinen Körper, um sich unabhängig zu machen – obwohl es stumm, dumpf und taub ist.
    Ich lebe ein Doppelleben. Meine Gedanken ziehen sich in die Hintergründe meines Geistes zurück, wenn ich, losgelöst, die Erscheinungen beobachte, die Donovans Hirn lenkt. Dann bin ich ein Schizophrener, eine Person mit gespaltener Persönlichkeit. Doch anders als ein Mann, der an intrapsychischen Unregelmäßigkeiten leidet, bin ich mir die ganze Zeit all meiner Handlungen bewußt.
    Wenn Donovans Hirn schläft, bin ich nicht abgelenkt. Ich nütze die kostbare Zeit, um diesen Bericht über den Fall zu verfassen.
    Donovans Denken ist noch immer unzusammenhängend. Gelegentlich scheine ich eine logische Antwort auf Fragen zu bekommen, die ich per Morse durch das Glasgefäß an ihn richte. Sind es die dadurch verursachten Vibrationen, die dem Hirn die Botschaft übertragen? Es handelt wie ein Mensch im Fieber oder im Schlaf. Es befiehlt mir immer wieder, dieselben Namen niederzuschreiben, die keinen Zusammenhang haben.
    Roger Hinds ist einer dieser Namen, ein anderer Anton Sternli. Auch Donovans Sohn Howard wird genannt, aber an seine Tochter ist anscheinend keine Erinnerung da. Katherine erscheint sehr häufig. Sie war Donovans Frau. Das erfuhr ich durch die Geschichten in den Blättern. Fuller war sein Rechtsanwalt.
    Viele von den Namen, die meine Hand schreibt, kann ich in Donovans Vergangenheit aufspüren.
    Aber es gibt noch eine ganze Reihe anderer – als würde sein Gedächtnis von einem Wirbelwind von Gesichtern durchbraust.
     

Fünfter November
     
    Heute wollte ich ausprobieren, ob das Hirn auch aus der Entfernung Macht über mich hat. Ich fuhr nach Phoenix.
    Als ich fünfzehn Meilen von meinem Haus weg war, rief mich das Hirn an. Ich kehrte um und fuhr in höchster Geschwindigkeit zurück.
    Dies Vorkommnis bewies eine neue Tatsache: Das Hirn weiß sogar auf große Entfernung, was ich tue. Es konnte nicht wissen, wohin ich gegangen war, doch es war überzeugt, daß ich mich nicht im Zimmer oder im Hause aufhielt.
    Ich nehme an, die relative Kraft der Mikro-Volt, die mein Gehirn erzeugt, sagt Donovan, ob ich zugegen bin.
    Doch das ist eine unklare Theorie. Nur auf einen Schluß kann man bauen, auf den empirischen Beweis, der selbst begrenzt ist, da die betreffende Materie unbekannt ist.
     

Sechster November
     
    Das Hirn entlädt annähernd dreitausendfünfhundert Mikro-Volt.
    Ich weiß nicht, wieviel neue Substanz sich dem Hirn beifügen wird. Es muß eine Grenze geben. Oder ist es theoretisch unbegrenzt, wie eine Krebswucherung?
     

Zehnter November
     
    Heute trat Schratt in mein Labor, während das Hirn mir gerade befahl zu schreiben. Ich hörte ihn sprechen, wandte aber den Kopf nicht, um zu antworten. Ich möchte den feinen Faden nicht zerreißen, der mich mit dem Hirn verbindet.
    Meine linke Hand formte Worte – langsam, wie ein Kind schreiben lernt.
    Schratt rief mich nochmals beim Namen und blieb dann zögernd mitten im Zimmer stehen, als ich nicht antwortete. Zuerst dachte er, er unterbräche gerade einen Gedankengang. Dann war er beunruhigt durch mein seltsames Verhalten, trat näher und sah mir über die Schulter.
    Ich fuhr fort, Worte auf das Papier zu kritzeln. Zum fünftenmal schrieb ich Hinds' Namen. Dann begann ich zu buchstabieren: Kalifornische Handelsbank. Dann kam wieder der Name Hinds.
    Schratt wurde ängstlich. Er beugte sich vor, um mir ins Gesicht zu sehen, das ihm verborgen war, da ich über den Tisch gebeugt dasaß.
    Als guter Arzt nahm er sich in acht, mich nicht anzurühren, um mich nicht zu erschrecken.
    Er nahm einen kleinen Spiegel von der Wand, hielt ihn vor mich hin und sah mir in die Augen. Er sah, daß ich in Trance war. Meine Augenbälle rollten, mein Mund zuckte. Ich schien seine Anwesenheit nicht zu merken.
    Das Hirn setzte mit seinen Befehlen aus. Ich bewegte mich wieder. Schratt legte den Spiegel hin und fragte halb furchtsam: »Haben Sie mich nicht gehört?«
    Ich

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