Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
verblüffte, nämlich: »Ordnung muss sein, denn ohne Ordnung herrscht Chaos. Nur Chaos.« Ich schaute
mir seinen kleinen Garten an und dachte:
Mensch, hier ist kein Chaos weit und breit zu sehen. Der Rasen, die Blumen, die Pflanzen - alles sieht so unglaublich ordentlich
aus.
»Mensch, Willi, alles sieht hier so aus, als hätten Sie mit einem Zollstock gearbeitet, um immer die gleichen Abstände zwischen den einzelnen Pflanzen genau hinzukriegen.« Ich grinste breit. Er schaute mich ganz ernst an: »Ja, natürlich habe ich den Zollstock benutzt.« Zuerst dachte ich noch, dass der Willi Witze machte, aber dann drückte er mir eine Kopie der Gartenverordnung in die Hand und bat mich, ein bisschen daraus vorzulesen.
»Beim Anpflanzen von Spalierobst und Reben ist ein Grenzabstand von 1,50 Meter einzuhalten, bei Buschbäumen von 2 Metern, bei Halbstämmen 3 Metern und bei Buschstämmen 5 Meter.« Als ich merkte, dass Willi meine Meinung dazu hören wollte, sagte ich einfach: »Klingt alles sehr ordentlich.«
Aber für diejenigen, die meinen, solche Verordnungen gäbe es nur in Deutschland, kommt hier eine kleine Anekdote aus Florida. Als meine Mutter in ihr neues Haus in Florida einzog, platzierte sie einen kleinen, schönen Stein mit dem aufgemalten Wort »Welcome« direkt vor einem Baum in ihrem Vorgarten. Und auf diesem Stein saß ein kleiner, grüner Frosch aus Porzellan — mit einer Sprechblase, in der ebenfalls das Wort »Welcome« abgebildet war. Aber Moms »Welcome to Florida«-Frog überlebte leider nicht lange. Er wurde am nächsten Tag von einem Nachbarn entdeckt, prompt aus dem Vorgarten entfernt und vor ihre Haustür gelegt, mit der Nachricht: »No frogs on the front lawn, please.«
Als mir meine Mutter diese Geschichte erzählte, meinte ich als Erstes: »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Doch, das ist tatsächlich passiert!«
Ihre Gemeinde erlaubte anscheinend im Gegensatz zur Nachbargemeinde, in der meine Mom vorher gelebt hatte, solche Gegenstände im Vorgarten nicht - wegen der geltenden
Gartenordnung
.
Als ich meine Mom fragte: »Ja, aber ist das nicht ein bisschen verrückt? Warum ist ein kleiner, grüner Frosch, der auf einem Stein sitzt und »Welcome« sagt, ein Problem?«, verteidigte sie die Anti-Frosch-Politik ihrer Nachbarschaft mit folgender Begründung: »Der Frosch ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass es Leute gibt, die maßlos übertreiben, wie zum Beispiel ein Nachbar, der in seinem Vorgarten eine große ›Freiheitsglocke‹ stehen hat, wie man sie aus Philadelphia kennt. Wieder andere haben entweder riesige Störche, Schildkröten oder gigantische Windmühlen vor ihrem Haus stehen. »Ich dachte daraufhin nur:
Mensch, vielleicht ist es doch keine so schlechte Idee, gegen Frösche und andere »Mitbewohner« in der Nachbarschaft vorzugehen.
Wenn man schon lange in Deutschland lebt, ist es gut, in Amerika ab und zu solche Erfahrungen zu machen. Denn sonst könnte man leicht meinen, nur Deutschland bestünde aus strengen Regeln, und in den USA wäre alles so frei und ungezwungen. Aber ganz so einfach ist es in meiner alten Heimat auch nicht, wie ich es einmal selbst am eigenen Leib erfahren musste.
Ich wollte an einem heißen Sommertag am Strand von New Jersey baden gehen und musste mich vorher umziehen. Als ich eine öffentliche Toilette in der Nähe des Strandes entdeckte, dachte ich:
Dort könnte ich mich schnell umzie
hen. Doch dann sah ich ein Schild, auf dem stand: »Nur für den Toilettenbesuch. Umziehen verboten.« Und gleich darunter
las ich, dass Gesetzesübertreter entweder eine 200-Dollar-Geldstrafe oder sogar eine Gefängnisstrafe zu befürchten hatten. Stellen Sie sich das mal vor: Sie kommen ins Gefängnis und einer sagt: »Ich sitze wegen Mord.« Ein anderer sagt: »Und ich wegen eines bewaffneten Banküberfalls.« Und dann sagen Sie: »Und ich bin hier, weil ich mich in einem Toilettenhäuschen umgezogen habe.« Das ist schon ein bisschen crazy, oder?
Mit deutscher Ordnung wurde ich aber auch hautnah konfrontiert, als ich mich mit besagtem Heinz in Ennest, Nordrhein-Westfalen unterhielt, der gerade dabei war, Holzbänke und Tische für ein Schützenfest aufzustellen. Als ich merkte, dass der Abstand zwischen den Tischreihen überall gleich und ziemlich ordentlich aussah, fragte ich leicht ironisch: »Wie groß muss der Abstand zwischen den Tischen sein?« Und ohne zu zögern, antwortete er mir: »1 Meter 37«. Nicht »ungefähr 1 Meter 37« oder
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