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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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»unser Ziel sind 1 Meter 37«, sondern nur »1 Meter 37«, als ob das das Normalste der Welt wäre. Mit meiner Frage outete ich mich wahrscheinlich als total ahnungsloser Ami: »Warum genau 1 Meter 37? Warum nicht 1 Meter 40? Oder 1 Meter 45 oder vielleicht 1 Meter 35?« Als er mich völlig verständnislos anschaute, kam ich mir wie der blödeste Mensch auf der Welt vor, auf gut Deutsch also wie ein totaler Volltrottel. Als hätte ich ihn gefragt: »Liegt Deutschland neben Australien oder Indonesien? Das verwechsele ich immer so leicht.« Aber ich hatte Glück, denn mein »Ordnungslehrer« hatte Erbarmen und erklärte mir alles haargenau: »1 Meter 37 müssen es immer sein, denn dieser durchschnittliche Abstand garantiert genügend Platz beim Durchgehen zwischen den einzelnen Tischen.« Ich dachte nur:
Das würde nicht reichen, wenn meine Landsleute hier durch müssten
...
     
    Ich kann aber nicht über das Thema Ordnung sprechen, ohne auch eine Lanze für die Deutschen zu brechen, die als Fußgänger an roten Fußgängerampeln nicht nur tagsüber warten, sondern auch nachts. Ich war einmal gegen 3 Uhr morgens am Kölner Ring unterwegs und wollte gerade bei Rot über die Straße gehen, als ich einen anderen Fußgänger wahrnahm, der geduldig auf Grün wartete. Zuerst dachte ich:
Vielleicht schläft er schon. Vielleicht ist er einfach eingepennt, während er auf das grüne Licht gewartet hat.
Aber dann bemerkte ich: Der Typ war einfach nur ein sehr ordentlicher Mensch. Und als ordentlicher Mensch wartet man halt, bis die Ampel wieder grün wird. Auch mitten in der Nacht, wenn alle anderen schlafen. Auch Autofahrer. Als die Ampel aber auf Grün sprang, ging er über die Straße, ohne ein einziges Mal nach links oder rechts zu schauen. Auf den letzten Metern hätte ihn also doch noch ein Auto erwischen können. Am nächsten Morgen erzählte ich meiner Frau davon.
    »Das war unglaublich! Die ganze Zeit hatte ich gedacht: Aber warum schaut er sich nicht um? Was wäre gewesen, wenn ein Auto gekommen wäre?« Der einzige Kommentar meiner Frau lautete: »Ja, aber ein Auto hat nicht zu kommen.«
    »Und was, wenn doch eins gekommen wäre? Was dann?«
    »Dann wäre sein letzter Gedanke gewesen: ›Ich war im Recht!«‹
    Mensch, wenn das nicht ordentliches Verhalten bedeutet, dann weiß ich auch nicht.

Polizeibeamte/Cops
    Ich gebe zu: Sogar ich als Amerikaner habe manchmal Angst vor unseren Polizisten. Ich gerate in eine Verkehrskontrolle und merke, wie mein Herz plötzlich anfängt, schneller zu schlagen. Wenn der Polizist dann neben meinem Auto stehen bleibt — auf Augenhöhe mit seiner Pistole und seinem Schlagstock —, dann fühle ich mich wie ein Schwerverbrecher. Wenn er dann auch noch »Licence and registration, please« sagt - zu Deutsch: »Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte« - dann will ich manchmal nur noch »Please, don't shoot me!« schreien.
    Was ich deshalb an Deutschland so mag, ist, dass mein Gefühl der Angst deutschen Polizisten gegenüber viel kleiner ist. In einer deutschen Verkehrskontrolle beginnt mein Herz eher langsamer zu schlagen, weil ich mich überhaupt nicht wie ein Schwerverbrecher fühle, sondern höchstens wie einer, der vergessen hat, seine Bücher rechtzeitig in der Bibliothek abzugeben.
    Die Angst, die ich in Amerika habe, kommt sicherlich zu einem Großteil von den Bezeichnungen, die die Polizisten in den Vereinigten Staaten haben. Sie nennen sich »Sheriffs«, »Marshals«, »Police Officers« oder einfach »Cops«. Also alles Bezeichnungen, die im Grunde bei jedem eine gewisse Angst auslösen. In Deutschland heißen die Ordnungshüter dagegen einfach nur »Polizeibeamte«. Und wer hat schon Angst vor »Beamten«?
    Aber nicht nur die Bezeichnung Polizeibeamter hier in Deutschland stellt etwas Beruhigendes für mich dar, sondem
auch die Farbe ihrer Uniformen. Jedes Mal, wenn ich diese Farbkombination aus Moosgrün und Beige sehe, denke ich nicht an harte Jungs mit Schlagstöcken und Handschellen, sondern an gut gelaunte »Förster«.
    Und wer hat schon Angst vor »Förstern«? Tatsächlich behaupten einige meiner deutschen Freunde, dass die moosgrüne und beige Farbkombination, die Anfang der siebziger Jahre festgelegt wurde, eine beruhigende Wirkung auf die deutsche Bevölkerung haben sollte. Keine Ahnung, ob dieser Effekt auf Deutsche wirkt. Aber ich kann nur sagen: Bei mir funktioniert es.
    Aber es sind nicht nur die sanften Farben der Uniform, oder die Tatsache, dass Polizisten

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