Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
mir schon! Und bei dir?«
»Alles in Ordnung.«
Natürlich gibt es Leute, die fragen: »Alles klar?« oder »Alles paletti?«, aber was sie wirklich meinen, ist: »Alles in Ordnung?« Früher hat mich diese Frage ein bisschen verwirrt und leicht paranoid gemacht, denn jedes Mal, wenn mich jemand mit: »Hi, John, alles in Ordnung?« ansprach, fragte ich mich: »Was soll denn nicht in Ordnung sein? Sind meine Schnürsenkel offen? Oder ist mein Hosenschlitz wieder offen? Wenn schon eines von beidem, hoffe ich, dass es diesmal meine Schnürsenkel sind.«
Bei uns zu Hause geht es auch immer ziemlich ordentlich zu. Meine Frau fragt meinen Sohn morgens immer, bevor er zur Schule geht: »Hast du dir deine Zähne ordentlich geputzt?«, »Hast du deine Hausaufgaben ordentlich gemacht?« und »Ist dein Zimmer auch ordentlich aufgeräumt?« Und dann bin ich an der Reihe. Mit Fragen wie »Wie war dein Auftritt?«, »Hast du ordentlich gearbeitet?« und »Hast du die Spülmaschine ordentlich ausgeräumt?« Wenn ich aus
der Dusche komme, werde ich sogar gefragt: »Hast du dich auch ordentlich mit Seife gewaschen?« Und als ordentlicher Ehemann antworte ich immer mit »Ja«.
Aber Ordnung herrscht nicht nur bei mir zu Hause. Im deutschen Fernsehen fällt auch ziemlich oft das Wort »Ordnung«. Zum Beispiel verkündet Günther Netzer in der Halbzeitpause eines Fußballspiels: »Das Spiel der deutschen Mannschaft war nicht in Ordnung.« Dann redet er über die fehlende »Raumordnung« in der Hintermannschaft und über die Notwendigkeit, für »geordnete« Verhältnisse im Mittelfeld zu sorgen. Und dann meldet sich auch noch Gerhard Delling zu Wort: »Das stimmt! Eine gewisse ›Unordnung‹ war während des Spiels deutlich zu erkennen.«
Aber das Wort »Ordnung« taucht nicht nur bei Fußballspielen in Deutschland auf. Bei Boxkämpfen, die im Fernsehen übertragen werden, habe ich einmal folgendes Gespräch zwischen zwei Boxkommentatoren mitverfolgt.
»Mensch, der kriegt ja ordentlich was ab!«
»Ja, das stimmt, der wird ordentlich verprügelt!«
Meine erste Reaktion war:
Wie kann man das Wort »ordentlich« in so einer Situation verwenden?
Und dann sah ich, wie einer zu Boden fiel und dachte:
Ja, das stimmt. Wenn man genau hinschaut, dann sieht er ziemlich ordentlich vermöbelt aus.
Sogar bei Sexfilmen, die im deutschen Fernsehen zu sehen sind, merkt man, dass ziemlich »ordentlich« gearbeitet wird. In einem Film war ein Mann zu sehen, der mit einer Frau Sex hatte, und am nächsten Tag mit seinem Kumpel darüber quatschte. Er sagte aber nicht: »Gestern Nacht war es heiß« oder »Gestern Nacht war es wild« oder »Gestern Nacht war die aufregendste Nacht meines Lebens«, sondern »Gestern Nacht ist sie von mir ordentlich durchgenudelt worden.«
Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich das hörte. Solche Sätze verdeutlichen tatsächlich die großen Unterschiede zwischen Deutschen und Amerikanern, denn wenn du einen Amerikaner fragen würdest: »So, Bob, how was the sex last night?«, würde er entweder sagen: »It was great!« oder einfach nur »Fantastic!« Aber wenn man einem Deutschen dieselbe Frage stellt, hört man nur: »Na ja, recht ordentlich.«
Ich hatte einmal einen Auftritt in Bochum und fragte das Publikum zum Thema Ordnung: »Und ab wann gilt Sex hier in Deutschland als ›ordentlich‹?« Eine Frau aus der dritten Reihe meldete sich zu Wort: »Alles ab zwei Minuten.« Und als ich sie fragte: »Was ist mit fünf Minuten«, sagte sie: »Sehr ordentlich!«
Ich erfuhr am eigenen Leib, was »deutsche Ordnung« wirklich bedeutet, als ich einmal den Kleingartenverein Kletterrose e.V. in Köln besuchte. Wenn das Alltagsleben hier in Deutschland ordentlich ist, dann ist das nichts im Vergleich zu einem deutschen Kleingartenverein. Mein Gastgeber hieß Willi, zu dem ich als Erstes sagte: »Mensch, Willi! Hier sieht es ziemlich ordentlich aus! Sogar viel ordentlicher als bei mir zu Hause!«, worauf er ganz trocken antwortete: »Ja, natürlich sieht es hier ordentlich aus. Ordnung muss sein.«
Ich war etwas verwirrt.
»Ordnung muss sein?« »Ordnung muss sein?« Warum muss Ordnung sein? In Amerika würden wir vielleicht sagen: »McDonald's muss sein!« oder »Burger King muss sein!«, aber »Ordnung muss sein?« Never!
Weil ich so schnell wie möglich wissen wollte, warum das so ist, fragte ich Willi einfach. Und dann erhielt ich eine Antwort, die mich - wenn ich ganz ehrlich bin - auch ein bisschen
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