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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Lampen schwingen ließ, veränderten sich die Relationen von Licht und Schatten und erzeugten die Illusion eines wogenden Meeres, als ob der Betonboden, auf dem sie gingen, sich in eine dicke, teerartige Flüssigkeit in einer schaukelnden Schüssel verwandelt hätte.
    Kurz darauf hatten die Feuerwehrmänner ihre Jod-Quarz-Scheinwerfer installiert und schossen Speere von grellem Licht durch das Hafengelände. Doch das war bestenfalls eine zeitweise Hilfe. Die Polizisten durchkämmten zunächst eine Region, in der kleinere Gegenstände gelagert waren: Gruppen von Fässern, Kartonstapel, die durch PVC-Abdeckungen vor Regen geschützt waren, und ähnliche, niedrige Gebilde, über die hinweg sie einander sehen konnten. Dann jedoch kamen sie in eine Sektion, wo anscheinend die gesamte Fracht eines Küstendampfers ausgeladen und auf kleinstmöglichem Raum zusammengedrängt gestapelt worden war. Ein Kran, der wie eine gigantische Gottesanbeterin wirkte, stand über Packkisten, Ballen und Kartons gebeugt, die bis zu Höhen von zehn, zwölf und sogar fünfzehn Meter zu unregelmäßigen, dicht nebeneinander stehenden Stapeln aufgeschichtet worden waren, die wie die stufenförmigen Reste eines Lava-Flusses aussahen.
    Tom wollte in eine schmale Passage zwischen zwei hohen Kistenstapeln eindringen, als ein Zuruf Nevilles ihn innehalten ließ.
    »Gehen Sie nicht durch solche dunklen Gänge! Klettern Sie auf die Stapel und leuchten Sie mit Ihrer Taschenlampe hinein!«
    Tom sah ein, dass Neville recht hatte, und sah, dass da und dort Leitern an den gestapelten Kisten und Ballen lehnten, wahrscheinlich für die Arbeiter, die die Ladungen der Kräne dirigierten und sie vom Haken lösten. Er kletterte eine von ihnen hinauf, leuchtete in eine enge Passage zwischen zwei Stapeln und erstarrte.
    In dem Lichtkreis der Lampe: ein brauner Hundeschwanz, der regungslos herabhing.
    »Inkosi«, sagte er kaum hörbar, und der Schwanz zitterte zur Antwort.
    »Hierher!« rief er. Neville kam auf ihn zugerannt, als er sich niederbeugte und den Hund im Licht der Taschenlampe untersuchte.
    Inkosis Nacken und Schultern waren mit halb geronnenem Blut verklebt, und einer der Hinterläufe war so empfindlich verletzt, dass er aufheulte, als Tom ihn berührte. Doch vor allem schien er erschöpft zu sein; wenige Minuten später konnte er schon wieder aufstehen, wenn das verletzte Bein auch unter ihm zusammenknickte.
    »Glauben Sie, dass – das Monster dort oben ist?« flüsterte Neville, als ob er befürchtete, dass es seine Worte mithören könnte, und deutete auf die hohe, unregelmäßige Oberfläche der Kistenstapel.
    »Wenn Inkosi sich überhaupt bewegen konnte, hat er es bis zuletzt verfolgt«, sagte Tom bestimmt. »Darauf würde ich jede Wette eingehen, und … Vorsicht!«
    Er sprang zurück und riss die Taschenlampe hoch. Ihr Licht beleuchtete etwas, dessen vage Umrisse er vor dem sternenbesäten Himmel gesehen hatte: ein Ding von teuflischer Wildheit, weder menschlich noch hundeartig, mit spitzer Schnauze, aufgerissenem Rachen, und …
    »Jesus, es hat Hände !« rief Neville.
    »Es kann jedes Detail seiner Form verändern, wenn es sein muss«, sagte Tom, der versuchte, angesichts dieser neuen, noch nie dagewesenen Bedrohung die Nerven zu behalten. »Wir haben doch auf Rory Dunstables Film gesehen, dass … Was, zum Teufel …!«
    Ein dunkler Gegenstand stürzte herab – er hatte die Bewegung, durch den Helmrand behindert, erst im letzten Moment wahrgenommen – und traf ihn so hart an der Schulter, dass er einen Schritt zurücktaumelte.
    »Deshalb hat es sich Hände gemacht! Um Leitern hinaufsteigen und werfen zu können!« rief er. »Ich übernehme diese Seite, Sir! Ich glaube nicht, dass es an mir vorbeikommt. Rufen Sie die anderen!«
    Im gleichen Augenblick wurde der Lichtstrahl eines Scheinwerfers in diese Richtung geschwenkt, und die Kreatur stand grell beleuchtet vor ihnen: ein gewaltiger, dichtbehaarter Körper, obszön nackt an den Stellen, die sie neu geformt hatte, um zupacken und werfen zu können. Nach einer Sekunde der Überraschung sprang sie aus dem grellen Licht in den Schatten zwischen zwei Kisten und heulte wütend.
    »Los!« rief Neville, legte seine Schrotflinte in die Armbeuge und begann, die Leiter hinaufzuklettern.
    »Bin gleich wieder da, Junge«, flüsterte Tom Inkosi zu und folgte Neville.
    Sie waren nicht die einzigen, die auf den Kistenberg kletterten. Als Tom den Kopf über den oberen Rand schob, sah er, dass vier

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