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DoppelherzTOD

DoppelherzTOD

Titel: DoppelherzTOD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Die Blätter der Pflanzen auf dem Fensterbrett zeigten ein gesundes Grün, das er nicht kannte. Die Rüschengardinen schienen frisch gewaschen und schlugen exakte Falten. Ehrlicher erwachte in einem fremden Bett.
    Mühsam rekonstruierte er die Szenen des gestrigen Abends. Ein Barkeeper mixte mit großen Gesten Campari Orange. Eine Hand voller Altersflecken stieß mit ihm an und noch einmal an und noch einmal… Alte Leute tanzten nach vergessenen Choreografien. Blonder Stern, blonder Stern. Er tanzte mitten unter ihnen. Er hatte die Melodie noch immer im Ohr. Er sang die Schlager mit. Blonder Stern, blonder Stern, wo bist du geblieben. Warum, blonder Stern, warum bist du fern? Oh, ich fand dich so wunderbar mit deinem blonden Haar. Ich nenn dich so gern mein blonder Stern. Brigitta Johannsen war in seinen Armen geschwebt. Nur sie. Er hatte sich auf jeder Betriebsfeier die Aufforderungen der Kolleginnen verbeten, selbst mit Frederike hatte er nicht getanzt. Gestern war das anders gewesen. Brigitta hatte ihn überredet. Bruno sah sich mit ihr wie in einem Revuefilm der Ufa. Unser Traumpaar Marika Rökk und Johannes Heesters! Er hoffte, dass er träumte. Aber Bruno Ehrlicher träumte nicht.
    Brigitta kam im Morgenmantel an sein Bett und küsste ihn auf die Wange. Der Gürtel war offen, ließ seinen Blick auf ihre spitzenbesetzte Unterwäsche zu. Bruno fühlte sich unangenehm berührt und hätte sich diese intimen Gesten verbeten, wenn er nicht ahnte, dass er dieses Verhalten provoziert hatte. Er trug nur sein Unterhemd und eine Socke, machte ein Blick unter die Bettdecke deutlich. Auf seinen Slip hatte er beim Schlafen verzichtet. Oder er hatte ihn mit Absicht ausgezogen. Oh ich fand dich so wunderbar mit deinem blonden Haar. An den Fortgang der Nacht hier im Zimmer konnte er sich nicht erinnern.
    Und jetzt konnte er nicht nackt aus dem Federn springen. Sein Bauch war zu dick. Seine Beine hatten Krampfadern. Vom Intimsten ganz zu schweigen. Und Brigitta setzte sich zu ihm auf die Bettkante wie bei einem Patienten und tätschelte seine Hand.
    »Na, du Lieber, ausgeschlafen?«
    Ich nenn dich so gern mein blonder Stern. Wie war er in diese Situation geraten, und wie sollte er aus ihr wieder herauskommen? Bruno hatte Durst. Er brauchte einen Schluck Wasser und bekam die Stimme Frank Schöbels nicht aus seinem Ohr. Langsam schoben sich Bilder der letzten Nacht ineinander. Er hatte sich freiwillig in die Obhut Brigittas begeben. Er hatte sie gern ins Haus Roseneck begleitet. Sie konnte ihm bei seinen Recherchen helfen. Er würde es der forschen Frau Hauptkommissar Agnes R. schon zeigen! Von wegen Selbstmord!
    Brigittas Angebot einer Übernachtung bei ihr selbstverständlich ohne jegliche Verpflichtung hatte er nicht abgelehnt. Er war ein freier Mann. Aber so, wie Brigitta jetzt an seinem Bett saß und ihr Dekollete präsentierte, war er Verpflichtungen eingegangen. Blonder Stern, blonder Stern, nur dich kann ich lieben. Ehrlicher wollte nicht wirklich wissen, was letzte Nacht hier in diesem Zimmer passiert war.
    »Komm, raus aus den Federn. Es ist ein herrlicher Morgen, und wir haben noch etwas vor.«
    Sein Schreck saß tief. Sie zwinkerte anzüglich. An die illegalen Ermittlungen dachte Brigitta offensichtlich nicht bei ihren Worten. Aber er konnte ihr doch keine Hoffnungen auf ein intimes Verhältnis gemacht haben. Nein, das nicht! Ausgeschlossen! Sicher, die Frau faszinierte ihn. Er konnte sich mit ihr sehen lassen. Er hatte die Blicke der anderen Herren auf seine Begleiterin genossen. Dürfte ich um einen Tanz mit der gnädigen Frau bitten? Er hatte huldvoll genickt. Brigitta war eindeutig der Glanzpunkt der gestrigen Abendgesellschaft gewesen. Aber beim Vergleich mit Frederike schnitt Brigitta nicht besser ab. In fast allen Punkten würde sie gegen Frederike verlieren. Aber an seinem Bett saß nicht Frederike, Brigitta spitzte ihre Lippen. Er sank ins Kissen. Warum blonder Stern, warum bist du fern?
    »Soll ich dir dein Frühstück ans Bett bringen? Oder wollen wir noch einmal unter der Decke kuscheln?« Brigitta sah ihn an. »Du kannst öfter in meinem Bett schlafen.« Dabei zwinkerte Brigitta erneut und hielt es vermutlich für erotisch, doch es wirkte nur ordinär. Bruno konnte sich nicht vorstellen, dass sie miteinander geschlafen hatten. Aber seine Nacktheit legte diesen Schluss sehr nahe. Und Brigitta zupfte ihn zärtlich am Ohr und schien sich dabei nicht zu schämen. Zu Hause ging er im Schlafanzug ins Bett,

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