Dorian
Waffe ins Handschuhfach. Als er sich von Kyle verabschieden wollte, sah er im Rinnsal der Straße etwas aufblitzen, sah aus wie ein Alu Ring einer Zigarre.
„Hey, warte mal… hier ist etwas.“
Er hatte Recht, dort lag ein abgebrannter Stumpen.
„Papirossy? Das ist doch Russisch oder täusche ich mich da? Gib mir doch mal was zum eintüten…“
Kyle reichte ihm eine kleine Klarsichttüte.
Dorian zog sich ein paar Einweghandschuhe an und warf den Stumpen in den kleinen Beweisbeutel der Polizei.
„Das ist doch seltsam. Russen, im Schottenviertel? Und genau hier soll der Chevy gestanden haben? Wenn da mal kein Zufall ist… hoffe, damit kann man noch was anstellen?“
Er warf Kyle die Tüte zu.
Er schaute sich das Beweisstück zweifelnd an. Der Rest der Zigarre sah schon ziemlich ramponiert aus und das was man finden würde, wären gegebenenfalls DNA Spuren einer neuen Kakerlakenrasse.
„Das könnte uns vielleicht weiterbringen. Wie konntest du das sehen? Hier sieht man die Hand vor Augen nicht.“
Die Straßenlaterne hatte nach einigem Flackern ihre Beleuchtung ganz aufgegeben.
„Wow, das leg ich dem Alten gleich auf seinen Schreibtisch.“
„Nein, warte Kyle, mach das nicht, bring das Teil direkt in die Genanalyse. Wenn das in Brannons Hände fällt, ich vertraue ihm nicht. Wenn der sieht, wir kommen hier weiter, nimmt er uns den Fall wieder ab und stehen bald auch mit Kelle in der Hand auf der Kreuzung.“
„Du meinst wirklich Brannon führt was im Schilde? Ok, ich bring das gleich ins Labor, bis morgen abends wissen wir mehr.“
„Alles klar, ich werde mich dann auf den Weg machen. Ruf mich an, wenn es was Neues gibt.“
„Kannst dich darauf verlassen und gute Besserung.“
Kyle sah, wie Dorian in der Dunkelheit verschwand, irgendwie hatte er das Gefühl, das sein Weg nicht Richtung Westside führte.
Ich hoffe, er stellt nichts an.
Chapter 9
London 1730
Sarah betrachtete sich in ihrem neuen Kleid in dem großen goldgerahmten Standspiegel in ihrem Zimmer. Sie hatte es von ihrer Schwester kurz vor ihrer Abreise nach London zum Abschied geschenkt bekommen. Es fiel ihr schwer ihre irische Heimat hinter sich zu lassen. Sie vermisste die grünen Wiesen, die zerklüfteten Klippen und das Meer, das sich tosend in der Brandung brach. Stundenlang saß sie dort und beobachtete die Fischerboote, die von den Wellen immer weiter hinausgetragen wurden. Die schreienden Möwen deuteten ihnen den Weg zurück zum Land.
Ihre Eltern hatten ihre Mädchen mit viel Liebe groß gezogen und sie genossen eine gute Ausbildung unter den strengen Augen ihres Vaters. Sie war die jüngere der drei Donellyschwestern. Meredith und Nina waren schon längst gut betucht verheiratet und hatten ihre eigenen Familien. Sie als Nesthäkchen konnte sich bisher dem Zwang einer Ehe entziehen. Ihr Vater hatte für sie einen jungen Mann ausgesucht, dessen Vater bei ihm als Partner in der Schnapsdestillerie arbeitete. Zum Glück stand ihre Mutter auf ihrer Seite und konnte ihren herrischen Mann überzeugen, dass sie mit ihren 17 Jahren noch zu jung und vor allem viel zu wild für eine Ehe war.
Lou Donnelly hatte bisher immer ein Auge zugedrückt, wenn es um Sahras Freiheitsdrang ging, doch vor drei Monaten hatte er sie vor die Wahl gestellt. Entweder ist sie zu ihrem 18. Geburtstag verheiratet oder sie ging nach London in die Klosterschule um sich dort die Umgangsformen einer Hofdame anzueignen. Seine Frau war eine entfernte Cousine Queen Sophias und diese hatte sich nach einem Brief erbarmt Sarah bei sich aufzunehmen. Er hoffte inständig, dass Sarah ihn nicht blamierte und die Beziehungen zum Königshaus nicht zum wanken kamen. Denn der Hof war einer seiner besten Schnapsabnehmer. Mindestens zehn Kisten verließen im Monat den Hafen. Ein willkommenes Geschäft für ihn, denn sein Name wurde außer Landes bekannt.
„Sie sehen sehr hübsch aus mein Kind aber Eitelkeit ist keine gute Tugend.“
„Ach Mutter Oberin sehen sie doch, diese kleinen irischen Kleeblumen am Revers und die zarte Spitze in Lindgrün, es ist so wunderschön, ich sehe aus wie eine Elfe.“
Sarah drehte sich und der leichte Stoff flatterte ihr um die nackten Beine. Sie tanzte wie eine Ballerina auf den Zehenspitzen über den kalten Steinboden. Ihre langen braunen Haare waren streng zu einem Zopf geflochten, an dessen Ende eine grüne Schleife hin und her wippte. Ihre zarte Haut hatte die gewünschte Blässe zurückgewonnen, denn die irische Sonne hatte
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