Dorian
Scroop!"
Sie nahm das Stofftier aus dem Sack und klopfte ihm den Staub der letzten Jahre heraus. Wie oft hatte er sie nachts vor bösen Träumen beschützt. Sie gab ihm einen Kuss auf seine verknautschte Nase. Sie setzte ihn neben eine Dose gebackener Bohnen. Tess lachte als sie ein Poster von den Backstreet Boys in der Hand hielt. Weiterhin fand sie ihre alte Highschooluniform wieder. Die Wimpel der New York Knicks, der alte Baseballhandschuh… alles war noch da. Viele liebgewonnene Erinnerungen hatten über die Jahre hinweg in dem Sack geschlafen, denn als sie nach Chicago ging, packte sie ihre Kindheit in den Keller. Wie leicht doch so mache Sachen früher waren. Heute musste sie sich den Dingen stellen. Da konnte man nicht so einfach einen Deckel drauf machen und weg damit. Sie schnürte den Sack wieder zu und schob ihn vorsichtig unter das Vorratsregal zurück.
Tess seufzte und notierte sich die verschiedenen Flaschenbestände.
3000 Dollar im Verkauf.
Wenn es wirklich hart auf hart käme, würde sie wohl Collins Vorschlag annehmen müssen. Sie hob die leeren Kisten aufeinander und riss die alten Pappkartons in Fetzten.
Doch immer wieder fiel dabei ihr Blick auf das Heizungsrohr, das sich wie eine Python durch den Keller schlängelte. Wie in einem entfernten Echo hörte sie Collin vor Schmerz aufschreien. Sie schüttelte sich… als sie bemerkte dass eine neue Welle der Erregung sie durchströmte.
Sie lenkte sich ab, in dem sie versuchte mit aller Kraft den Boden von Scherben und Staub zu befreien. Nach einer Stunde konnte man von einer Art wiederhergestellten Ordnung sprechen. Für heute war sie hier fertig.
"Und du kommst mit mir Scroop… jetzt pass ich auf dich auf."
Nicht schlecht Tess… wirklich nicht schlecht.
Sie drehte sich vor dem großen Wandspiegel in ihrem Schlafzimmer. Das Haar fiel ihr glatt und lang über die Schultern. Sie trug die neuen schwarzen Röhrenjeans und ein dunkelgraues Männerhemd, auf dessen Ärmeln kleine keltische Zeichen funkelten. Ihr neues rauchige Make up passte perfekt zu der neuen Haarfarbe. Ihre Augen schauten ihr drohend entgegen.
Sie wollte Laika noch schnell bei Bettsie vorbeibringen bevor sie zum Revier fuhr. In den nächsten Tagen hatte sie kaum Zeit und wusste nicht ob sie überhaupt jemals wieder zurückkam. Traurig schaute sie in Laikas Augen, nur es gab keinen anderen Ausweg und außerdem konnte sie Bettsie gleich die neue Tess präsentieren. Eilig nahm sie die neue Lederjacke vom Haken und rannte auf der Treppe Herold in die Arme.
„ Hoppla Tess? Bist du das?“ Er hätte sie beinahe nicht erkennt.
„Ich wollte eigentlich nur schnell das Türschloss auswechseln.“
Unglaubwürdig kraulte er seinen grauen Bart.
„Herold… ich hatte dich ganz vergessen. Ja, ich weis auch nicht, auf einmal klemmte der blöde Schlüssel. Nur sei mir nicht böse, ich bin ein wenig in Eile, ich muss sofort weiter.“
„Mach nur Mädchen, ich reparier dir das, ist in fünf Minuten wie neu. Ich leg dir den Schlüssel unter die Matte.“
„Das ist lieb von Dir. Trinken wir in den nächsten Tagen einen Tee auf deinem Kutter?“
„Tee? Willst du mich umbringen?“ lachte Herold auf,“dann aber mit einem guten Schuss alten Rum.“
Tess winkte ihm noch kurz zu, bevor sie in der Garage verschwand.
„Dieses Mädchen… “ dachte Herold als er das Aufheulen des Dodge hörte, „immer wieder für eine Überraschung gut. Tee…“
Fassungslos schüttelte der den Kopf.
„Um himmels Willen… Kind, wie siehst du denn aus?“
Wie erwartet fiel Bettsies Reaktion erwartend ungläubig aus als Tess vor ihrer Tür stand. Sie berührte zögerlich ihre neue Haarpracht.
„Warum?“
Mehr konnte sie nicht hervorbringen. Tess sah aus wie der bestellte Tod.
„Hab keine Angst… ich bin immer noch die Alte.“ log Tess als sie den Labrador von der Leine abhakte und sich in einem der großen Ohrensessel gemütlich machte.
„Ich kann es nicht glauben… du siehst aus als ob du auf Seelenfang wärest.“
Man konnte Bettsie einfach nichts vormachen. Sie traf den Nagel auf den Kopf.
„Ach Blödsinn… das ist der momentane Gothictrend. Ich wollte nach all den Jahren etwas Neues ausprobieren, mehr nicht.“
„Hmmm, das ist dir mehr als gelungen… nur schwarz? Das passt doch gar nicht zu Dir?“
Wenn du wüsstest…
Tess konnte ihrer Ersatzma vor Scham kaum in die Augen schauen. Doch sie würde die Wahrheit nicht verstehen und Tess wollte vermeiden, das sie sich unnötig
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