Dornen der Leidenschaft
Salvador mit den Achseln. »Quién sabe? Die Zigeuner in meinem Land würden sagen: ›Das Glück liegt in den Karten.‹«
Der Visconde bemerkte, daß El Lobo ihn interessiert betrachtete. Will ließ sich zu noch ein paar feindseligen Bemerkungen hinreißen, und dann drang er darauf, das Spiel fortzusetzen.
Die Zeit verstrich. Salvador gewann wieder. Will wurde immer mißtrauischer, und schließlich sprang er auf und beschuldigte den Visconde des Betrugs.
Wieder wurde es tödlich still im Saloon. Die Luft war so dick, daß man sie hätte mit einem Messer schneiden können.
»Ich weiß nicht, wo Sie her sind, Mister«, sagte Will mit bedrohlichem Unterton, »aber hier in Texas wird jeder erschossen, der beim Kartenspiel betrügt.«
Salvador richtete sich in seinem Stuhl auf.
»Hat noch jemand an diesem Tisch Grund, meine Ehrlichkeit anzuzweifeln?« fragte er mit verdächtig ruhiger Stimme.
»Nein«, sagte El Lobo kurz und schob seinen schwarzen Hut aus dem Gesicht, um besser zu sehen, was vor sich ging.
»Laß es gut sein, Will«, sagte ein anderer Mann namens Matthew beruhigend, »es gibt keinen Grund, daß du dich so aufregst. Denk daran, was Hayes und Jenkins vorhin gesagt haben.« Er warf El Lobo einen kurzen Blick zu, weil er befürchtete, daß der schwarzgekleidete Mann sich einmischen könnte. »Auch du hast ’ne Frau und Kinder, du willst doch keinen Ärger. Los, wir gehn heim.«
»Ich geh’ hier nicht weg, Matthew, bis dieser Betrüger eine Lektion gelernt hat, die er sein Lebtag lang nicht vergißt. Und wenn du mein Freund bist, dann stehst du mir bei. Ich hab’ keine Lust, von irgendeinem Teufelskerl in den Rücken geschossen zu werden.« Er schaute El Lobo wütend an, bevor er sich wieder Salvador zuwandte.
»Zum Teufel, wir sind doch alle deine Freunde, Will. Das weißt du doch. Aber, verdammt noch mal, Mann!« sagte Jenkins und erhob sich. »Der Bursche da hat nicht mal ’ne Pistole, nur das kleine Schwert, mit dem man grad eine Mücke erschlagen kann.«
»Dann gib du ihm deine Pistole, Jenkins, ich will ihm beibringen, daß er nicht wie ein feiner Pinkel hier reinkommen und sich einbilden kann, daß uns seine faulen Tricks nicht auffallen. So ein verdammter Kerl! Wo kommt er überhaupt her?«
»Das, Señor, geht Sie nichts an«, antwortete Salvador kühl. »Ich gebe Ihnen aber gern Genugtuung, wenn Sie sich mit mir duellieren wollen. Bitte nennen Sie Ihre Sekundanten, Señor, und die Zeit und den Ort. Ich werde dort sein – mit der Waffe meiner Wahl, natürlich, denn Sie haben diesen Streit provoziert.«
Zur Überraschung Salvadors lachten die Männer am Tisch lauthals los. Nur Will fand die Sache gar nicht komisch.
»Wollen Sie mich lächerlich machen, Mister?« meinte er gefährlich leise.
»Ganz und gar nicht, Señor«, antwortete Salvador, erhob sich langsam und griff nach seinem Degen. »Das schaffen Sie schon ganz allein.«
Bei diesen Worten verlor Will die Beherrschung und griff nach seiner Pistole. Der Visconde zog seinen Degen blitzschnell aus der Scheide und schlug Will im Augenblick, als der Schuß losging, die Pistole aus der Hand. Einen Moment später stand der völlig verdutzte Mann mit dem Rücken an der Wand. Der Visconde hielt ihm die Degenspitze an die Kehle.
Erst als er hörte, daß hinter ihm eine Pistole entsichert wurde, bemerkte er die Gefahr und hätte sich dafür ohrfeigen können, daß er den anderen Männern den Rücken zugewandt hatte.
»Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun«, warnte El Lobo den überraschten Matthew, der seinen Revolver gezogen hatte und Salvador in den Rücken schießen wollte.
Matthew wandte sich um und starrte in zwei Pistolenläufe, die auf sein Herz gerichtet waren.
»Ich kann Betrüger nicht ausstehen«, fuhr El Lobo fort, »und ich habe keinerlei Respekt vor Männern, die andere von hinten erschießen. Dieser Gentleman da« – er deutete auf Salvador – »hat ehrlich gespielt und ehrlich gewonnen. Ich schlage vor, daß ihr vier abhaut, bevor mein Zeigefinger zu sehr juckt und ich ihn am Abzug kratze.«
Diese Drohung reichte den Männern. Sie griffen nach ihren Hüten, fluchten leise vor sich hin und verließen eilig den Saloon. Der Gitarrist, der sein Spiel unterbrochen hatte, spielte weiter, und die Flamencotänzerin kam auf die kleine Bühne zurück.
»Muchas gradas, mi amigo, para todo el mundo« ,dankte Salvador dem schwarzgekleideten Mann, der wie ein Bandit aussah und sich auch so verhielt. Dann steckte der
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