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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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doch mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. »Niemals! Nie!«
    Angelos Lippen wurden etwas schmaler als sonst, was ihm aber gut zu Gesicht stand. Meine Nerven hörten zu zittern auf, als ich ihn ansah, doch ich fand seine Frage immer noch unverschämt und taktlos.
    »Ich hab es ja schon einmal angedeutet«, sagte er gedämpft. »Du hast keine hohe Meinung von uns.«
    Ich schwieg konsterniert. Ich begriff nicht, wie in Gottes Namen ich eine hohe Meinung von Mahren haben sollte. Und trotzdem aß ich mit einem von ihnen Pizza. Ich benahm mich nicht sehr konsequent.
    »Ich wollte nicht behaupten, dass dein Vater jetzt dein Gegner ist, so war das nicht gemeint. Aber es ist schwierig, dauerhaft zwischen zwei Seiten zu stehen, und die meisten Halbblüter entscheiden sich irgendwann, das zu vollenden, was ihnen angedacht war, bevor sie davon zerrieben und zermürbt werden. Den Weg zurück gibt es nicht mehr. Das meinte ich vorhin, als ich sagte, dass es sich fast immer von selbst erledigt. Und wäre es denn so schändlich?«
    »Ja, das wäre es!«, rief ich, dieses Mal etwas leiser. »Papa wollte immer etwas Gutes aus dem machen, was ihm widerfahren ist, das war sein Ziel – nicht etwas Schlechtes zu werden!«
    »So ist das für dich, so einfach: Die Mahre sind schlecht und die Menschen gut? Ehrlich? Ellie, ich will gar nicht leugnen, dass es absolut miese Typen unter uns gibt, aber es gibt auch miese Menschen und vielleicht hat dein Vater geglaubt, er könne Besseres bewirken, wenn er sich für eine Seite entscheidet und nicht ständig Kraft aufwenden muss, um dagegen anzukämpfen. Vielleicht wartet er nur darauf, dass du es akzeptieren könntest. Nein, denk drüber nach, bevor du mir die Augen auskratzt. Ich wollte dich nicht beleidigen oder verletzen, es ist nur ein Gedanke, nur eine Idee, es heißt lange nicht, dass er es getan hat. Ich weiß, dass manche Halbblüter diesen Schritt gegangen sind. Oh Mist, was hab ich jetzt wieder angerichtet …«
    »Nichts«, sagte ich kalt, obwohl in mir das Feuer loderte. Zu keiner Sekunde wäre ich von allein auf diese abenteuerliche Idee gekommen, doch ihre Logik war bestechend. Papa hatte sich in einem ständigen Kampf mit sich selbst befunden, hatte immer wieder von uns weggehen müssen, um seiner eigenen Frau nichts anzutun. Dazu seine ständigen Konstitutionsschwierigkeiten, die »Migräne«, seine Lichtempfindlichkeit, die Unmöglichkeit, auch nur irgendetwas Normales mit uns zu unternehmen. Es war absurd, aber Angelo wirkte auf mich viel normaler, als mein eigener Vater es jemals getan hatte. Das war nicht fair, doch es war die Wahrheit. Und gleichzeitig war es ein willkommener Gedanke, dass Papa da draußen als Mahr auf mich wartete und hoffte, dass ich sein Handeln verstehen konnte, weil ich mit einem von ihnen zusammen war.
    Vielleicht sah ich wirklich nur Schwarz und Weiß. Oh ja, Menschen konnten böse sein, sehr sogar. Was Colin im Lager erlebt hatte, war von Menschenhand erschaffen worden; ein technisierter Massenmord, kaltblütig und berechnend bis zur Unfassbarkeit. Sie hatten es Endlösung genannt. War das nicht um Längen grausamer, als Menschen ihrer Träume zu berauben?
    »Das eine Übel macht das andere nicht wett«, sagte ich, was mir in den Sinn kam, als ich beide Seiten gegeneinander abwog. »Nur weil Menschen schlecht sein können, heißt das nicht, dass es gut ist, Träume zu rauben.«
    »Ja, da stimme ich dir zu«, entgegnete Angelo ruhig und beinahe ein bisschen traurig. »Aber wir sind nun mal auf sie angewiesen.«
    Nicht auf Menschenträume, dachte ich naseweis. Ich hätte noch weiterdiskutieren können, viele Stunden, doch Angelo stand auf und ging zur Theke, um zu zahlen. Er wollte mich nach Hause bringen, bevor die anderen sich Sorgen machten. Vielleicht musste er in Wirklichkeit jagen gehen, diesen Mechanismus kannte ich ja nun.
    Trotz der Pizza in meinem Bauch und des Tiramisus, das wir uns anschließend genießerisch wie zwei Naschkatzen geteilt hatten, wurde mir bei der Fahrt durch die Berge hinab zum Meer nicht übel. Ich lehnte meinen Kopf zurück, schloss die Augen und jauchzte vor Wohlsein leise auf, als nach einigen Minuten sanfter italienischer Musik jenes englischsprachige Lied ertönte, das Angelo in der Pianobar gespielt hatte.
    »Here I go out to sea again, the sunshine fills my hair and dreams hang in the air …«
    Ich sah ihn am Klavier, den Kopf gesenkt, die Hände auf den Tasten … so selbstvergessen … Wie schön, dass

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