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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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erst kommen, sie spüren es schon am Telefon …« Colin machte eine abfällige Handbewegung und schnalzte auffordernd mit der Zunge, um Louis zu ein paar weiteren Schritten zu überreden. Seine Hufe schlurften nur noch über den Boden. Nach zwei Runden ließ Colin ihn wieder stehen, ging in die Knie und raufte sich die Haare, als wolle er sie in Büscheln ausreißen. Im Moment war ich selbst ratlos. Paul war nicht da, einen Arzt anzurufen hatte laut Colin keinen Sinn, aber es musste doch eine Lösung geben. Grübelnd sah ich Colin dabei zu, wie er sich innerlich zerfleischte. Plötzlich hob er den Kopf und blickte mich an, sein Gesicht verzerrt vor Sorge, Aggression und Kummer. Ja, er konnte einem Angst machen und einen auf Abstand halten, wenn er in dieser Verfassung war. Auch ich tat mich schwer zu schlucken und meine Beine zuckten in einem jähen Fluchtimpuls. Doch ich zwang mich zu bleiben. Ich musste ihm helfen.
    »Ellie, wenn er stirbt … wenn Louis stirbt, dann fahre ich zu dem Mahr, dem ich die Formel entlockt habe, und lasse mich killen, ich schwöre es … Dann hat es keinen Sinn mehr, hier zu sein …«
    »Das wirst du nicht«, sagte ich entschieden und trat zu ihm, um ihm über seinen dunklen, wirren Schopf zu fahren. Knurrend wich er meiner Hand aus.
    »Du streichelst mich wie einen Hund!«, polterte er. Er war außer sich. Ich machte vorsichtshalber einen Schritt zurück.
    »Entschuldige bitte, es war als Geste der Aufmunterung gedacht«, erwiderte ich reserviert. Fing er jetzt auch noch damit an, meine Nähe zu meiden? Was sollte das? »Dieses ganze Theater hier nervt mich langsam. Du wirst dich jedenfalls nicht töten lassen. Louis hat eine Kolik, das ist eine Erkrankung, kein Weltuntergang …«
    »Elisabeth, verstehst du das nicht? Ich kann ohne Louis nicht leben, es geht nicht, er ist mein Ein und Alles, ohne ihn kann ich nicht sein!«
    Ich wusste, dass Colin seinen Hengst liebte, aber nun übertrieb er. Wahrscheinlich (hoffentlich!) war es seine Wut auf Giannas Missgeschick, die ihn solche Dinge sagen ließ. Aber ich wollte mir diesen Schmus nicht länger anhören. Mit dem, was wir hier veranstalteten, war niemandem geholfen. Und getröstet werden wollte Colin anscheinend auch nicht.
    Ich drehte mich um und ging wieder zurück in die Küche, wo Gianna blass am Tisch saß und an ihren Fingernägeln kaute.
    »Hör mal, Gianna, kannst du runter zu Louis gehen und Colin wegschicken, sobald der Arzt kommt? Und dabei sein, wenn er behandelt wird? Geld findest du in meinem Nachttisch.«
    »Welcher Arzt?«, fragte Gianna bleiern, doch ich war schon im Flur und streifte mir im Gehen meine Sandalen über. Meinen Schlüssel brauchte ich nicht, im Notfall konnte ich durch ein Fenster ins Haus steigen. Jetzt durfte keine Sekunde verschwendet werden. Ich rannte ohne eine einzige Pause die Straße entlang und an der Tankstelle vorbei hinauf zu den alten Olivenbäumen.
    Bitte sei da, sei da …, dachte ich inständig, während ich das Tor aufstieß und auf den Pool zutrabte. Dem Himmel sei Dank, meine Bitten wurden erhört. Er saß am Klavier, neben sich eine angebissene Kinderschokolade und vor sich ein Notenblatt, auf dem er gerade mit einem Bleistift Notizen machte. Erstaunt blickte er zu mir hoch.
    »Ellie, was – ist etwas passiert?« Trotz meiner Eile musste ich lächeln, weil ein winziges Stückchen Schokolade an seinem Mundwinkel klebte. Ich wischte es mit dem Knöchel meines kleinen Fingers weg.
    »Ja. Louis hat eine Kolik und wir finden keinen Arzt. Ihm geht es wirklich schlecht. Kennst du vielleicht einen Tierarzt, der kommen kann?«
    »Ein Tierarzt …« Angelo legte den Stift zur Seite und dachte mit gerunzelten Brauen nach. Selbst dabei wirkte seine Miene noch heiter. »Warte eine Minute. Ich bin gleich wieder da.«
    Erleichtert, dass er sofort reagierte, anstatt tausend Fragen zu stellen, sank ich auf den Klavierhocker und lauschte dem Grollen des Gewitters, das sich nachmittags über dem Meer aufgebaut hatte, aber bis zum Abend nicht näher gerückt war. Jetzt kam es mir dunkler und mächtiger vor. Vielleicht war auch die schwüle Luft ein Grund für Louis’ Bauchschmerzen. Heute fiel es selbst mir schwer zu atmen, ohne dabei zu schwitzen. Eine solche Schwüle hatte ich hier bislang nicht erlebt. Dass es nachts über dem Meer wetterleuchtete, war nichts Außergewöhnliches. Doch nun schien sich das Unwetter direkt über uns zu befinden. Das Grollen dehnte sich sekundenlang in die

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