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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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es, ihr beruhigend die Hand aufzulegen; das wollte sie ja nicht. »Man kann ihn kaum ansprechen, dazu seine Augen, seine Augen! Er ist zornig vor Angst und ich schaffe es nicht, zu ihm hinzugehen, ich schaffe es nicht, ich weiß, es ist feige, aber es geht nicht …« Sprach sie von Louis oder Colin? Ich konnte ihr nicht ganz folgen.
    »Colin!«, rief Gianna zu ihm hinüber. Wieso brüllte sie so? Sie musste nicht schreien, er verstand jedes Wort, das sie sagte. »Colin, es tut mir leid, ich kann nicht zu dir, aber Ellie ist jetzt da.«
    »Was willst du denn auch machen?«, fragte ich Gianna sachlich. Anscheinend fürchtete sie Colin und nicht Louis. Warum konnte sie nicht zu ihm gehen? Er wirkte angespannt, aber ruhig. Es gab weder Grund, vor ihm Angst zu haben, noch Grund, übermäßig besorgt zu sein. »Du kannst Louis doch gar nicht helfen.«
    »Louis nicht, aber vielleicht Colin«, wimmerte sie. »Oh, ich bin so feige …«
    Colin ließ Louis allein, um ein paar Schritte auf uns zuzugehen. Okay, ich musste mich korrigieren. Gianna hatte sich nicht geirrt. Seine Bewegungen waren kontrolliert, doch seine Augen hatten eine fast krankhafte Trübe angenommen. Sumpfiges, ausgezehrtes Schwarz, das einen in die Tiefe saugen wollte. Auch meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich ihn sah.
    »Hast du ihm irgendetwas zu fressen gegeben, Gianna? Irgendetwas, was er sonst nicht bekommt?«, bellte er.
    Gianna knickte ein. Ihre gelben Blicke wichen ihm aus. »Nur gestern ein Leckerli und, ach ja, ich hab ihm die Kartoffelschalen von heute Mittag in die Raufe getan, aber …«
    »Kartoffelschalen!?«, brüllte Colin sie an. Gianna begann zu heulen. »Das ist ein Pferd, kein Schwein!«
    »Aber ich … ich … ich dachte, das ist kein Problem, es sind doch nur Kartoffelschalen, ich wusste nicht, dass …«
    Colin winkte verärgert ab, was Giannas Schluchzen nur noch steigerte. Sie riss sich vom Geländer los und unternahm einen Versuch, zu ihm zu gehen, kehrte aber auf halber Treppe um und flüchtete wieder zu mir.
    »Oh Gott, ich kann nicht, ich würde so gerne helfen und trösten und …«
    »Es wäre besser gewesen, du hättest ihm keinen Abfall gegeben, dann hätten wir den ganzen Schlamassel nicht!«, wetterte Colin. Wieder überredete Gianna sich, zu ihm zu laufen, und wieder scheiterte sie, als würde dort unten jemand stehen, der sie mit Waffengewalt dazu zwang zurückzugehen. Dieses Mal fiel es auch Colin auf.
    »Bleib oben, Gianna. Bleib da oben, verstanden?«, sagte er warnend und etwas weniger lautstark als eben noch. »Komm mir nicht zu nahe, wenn dir nicht danach ist.« Mir dröhnten bereits die Ohren von Giannas Heulen. Konnte sie sich nicht ein kleines bisschen beherrschen? »Ellie, schick sie ins Haus …«
    »Nein, wenn ich jetzt gehe, bin ich der letzte Arsch!«, wehrte sich Gianna und schlug meine Hände weg. »Ich mag Louis doch und ich mag dich, Colin, ich verstehe nicht, warum ich es nicht schaffe …«
    »Ruhe jetzt!«, mischte ich mich mit sonorer Stimme ein. Hier hatte ein Pferd eine Kolik, das war vielleicht ein Problem, aber auch nicht dermaßen dramatisch, dass es Giannas und Colins Verhalten rechtfertigte. »Könnt ihr euch bitte mal mäßigen? Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt! Gianna, geh ins Haus, wenn Colin das sagt, du regst Louis damit nur auf und das macht ihn bestimmt nicht wieder gesund. Na, geh schon …«
    Weil sie nicht wollte, dass ich sie berührte, musste ich nur meine Hände heben und so tun, als ob ich es vorhätte, und schon zog sie sich schluchzend in die Küche zurück. Ich lief hinunter in den Garten, um mich Colin und Louis zu nähern, bis ich in vorsichtigem Abstand von circa anderthalb Metern stehen blieb.
    »Wo ist Paul, kann er nicht helfen?«
    »Paul ist nicht hier. Außerdem ist er kein Tierarzt.« Colin wollte Louis dazu bewegen, ein paar Schritte zu gehen. Nur unwillig und schleppend setzte er einen Huf vor den anderen, den Kopf immer noch hängend, als habe er all seinen Lebenswillen verloren.
    »Warum holst du denn dann nicht einen Tierarzt?«, fragte ich verwundert. »Irgendwer muss doch Dienst haben. Auch hier gibt es Tiere.«
    »Weil er mir nicht helfen würde! Ich kenne solche Situationen schon, Ellie, ich erlebe das nicht zum ersten Mal. Wenn ich in Not bin und die Menschen brauche, fürchten sie mich noch mehr als ohnehin schon! Den besten Beweis dafür hatten wir doch eben gerade! Ihnen werden tausend Gründe einfallen, warum sie gar nicht

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