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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Stühle in der Mitte des Zimmers. Die Fenster waren verdunkelt. An der Wand, deren Bilder nun auf dem Boden ruhten, prangte ein helles Viereck.
    »Habt ihr wieder einen Mahr gefilmt?« Ich konnte mein Lachen nur schwer bezähmen, obwohl es niemand erwiderte. »Wer ist es denn dieses Mal? Angelo? Colin? Ich bin gespannt.« Ich setzte mich auf den mittleren Stuhl und faltete die Hände vor dem Bauch. Die anderen standen betreten um mich herum. »Los, Film ab!«
    »Kannst du bitte deutsch sprechen, Ellie?«, bat mich Gianna eindringlich. »Die anderen können nicht gut genug Italienisch, um dich zu verstehen, okay?«
    Ach ja, das stimmte. Deutsch. Ich fügte mich nur ungern. »Von mir aus. Deutsch. Bitte schön.« Schwerfällig holperten die Silben über meine flinke Zunge. Was für eine grobe Sprache.
    Ich schaute zu Tillmann hinüber, der am Projektor stand, die Augen gerötet und der Blick stumpf. Seine Nase und seine Oberarme waren verbrannt, doch seine Wangen zierte eine ungesunde Blässe. »Was ist eigentlich mit dir los? Du siehst beschissen aus.«
    »Ich bin drogenabhängig«, antwortete er schlicht.
    Gianna seufzte klagend auf und verbarg ihr Gesicht für eine Sekunde an Pauls Schulter.
    »Also doch. War irgendwie klar, oder?« Es verwunderte mich kaum. Er hatte sich übernommen, indem er glaubte, seinen Konsum kontrollieren zu können. Sein Charakter war zu wankelmütig, um diesem Teufelszeug dauerhaft zu widerstehen.
    Er reagierte nicht mehr auf mich, sondern schaltete den Projektor ein. Paul und Gianna zogen es vor zu stehen, während ich sitzen blieb und auf die grellweiße Leinwand schaute, deren künstliches Licht meine Augen brennen und tränen ließ. Trotzdem wandte ich sie nicht von ihr ab. Ich rechnete mit Bildern von Angelo, vielleicht auch von Colin, den hatte Paul schließlich ebenfalls loswerden wollen, aber wahrscheinlich war es Angelo, den sie ins Visier genommen hatten. Das war offenbar ihre Form der Pädagogik für schwer erziehbare Kinder wie mich. Sehen statt hören. Ich musste mich beherrschen, um nicht zu kichern. Sie sollten endlich aufgeben und mich in Ruhe lassen. Ständig drückte mir jemand ungefragt eine Kassette ins Ohr, meistens Gianna, und jedes Mal ertönte die gleiche langatmige Leier, ja, im Prinzip waren es immer dieselben hirnrissigen Forderungen und Vorwürfe. Du könntest doch, du solltest nicht, du darfst nicht, du musst aber … Blablabla. Immer war irgendetwas an mir nicht in Ordnung, nicht so, wie sie sich das vorstellten. Ich hatte gar nicht erst angefangen, mit ihnen darüber zu streiten, ich wich ihnen stets elegant aus und tat, was ich tun wollte.
    Ich konnte ihnen auch jetzt ausweichen, doch dieses kleine cineastische Vergnügen sollte ich ihnen gönnen, damit sie anschließend endlich Ruhe gaben. Ich freute mich sogar darauf, Angelo zu sehen, es war nicht verkehrt, Filmmaterial von ihm zu besitzen, gerne auch von Colin, dann konnte ich es mir aufheben und ansehen, wann immer ich Lust dazu hatte … wenn nur das Weiß der Leinwand in meinen Augen nicht so wehgetan hätte …
    Nun begann der Film zu laufen, kein Super 8, sondern ein ganz normales modernes Format. Viel zu bunt und zu scharf. Schade, dann waren sie wahrscheinlich gar nicht drauf – oder doch? Diese blauen Augen, das mussten …
    Nein. Es waren meine. Meine Augen! Meine Augen, die funkelnd und strahlend auf den Horizont des Meeres blickten. Na und? Wieso hatten sie das aufgenommen? Warum mich?
    Die Kamera ging auf Distanz und dann in die Totale, ja, da stand ich und schaute aufs Meer, ich verstand nicht, was daran so außergewöhnlich sein sollte. Mein Haar flatterte im Wind, meine Arme ruhten entspannt neben meinem Leib, ich fand sogar, dass ich hübsch aussah, vielleicht schön. Nichts, wofür man sich rechtfertigen oder gar schämen müsste. Warum schauten Gianna und Paul mich so vorwurfsvoll an?
    Nicht ich musste mich schämen. Schämen sollte sich Tillmann. Schämen für diese und all die anderen Aufnahmen. Ich konnte nicht fassen, was ich da sah, immer wieder musste ich blinzeln und brennende Tränen aus meinen Augenwinkeln wischen, weil die Bilder in ihrer flimmernden, farbigen Schärfe meine Hornhaut zu verätzen schienen. Doch die Schmerzen waren nichts im Vergleich zu der Wut, die von Neuem erwachte und sich brüllend in mir erhob, während ich den Film betrachtete.
    Ich, immer wieder ich, unter der Dusche, die Hände in meinem nassen Haar, die Augen geschlossen, ich hockend am

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