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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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soll … wie Tillmann das zum Beispiel ständig tut …«
    »Männer!« Gianna winkte souverän ab. »Die finden eine Frau doch schon kapriziös, wenn sie sich morgens nicht entscheiden kann, ob sie die blaue oder die schwarze Jeans anziehen soll. Darauf darfst du nichts geben. Männer wollen es einfach. Das sind emotionale Höhlenmenschen. Frau mit der Keule bewusstlos schlagen, hinter einen Busch ziehen, begatten. Und wehe, sie will danach reden.«
    Emotionale Höhlenmenschen. Ich musste kichern angesichts Giannas Übertreibungen, doch gleichzeitig versetzte mir ihre Formulierung einen Stich ins Herz. Morpheus lebte in einer Höhle und Colin hatte es ebenfalls getan. Wo war er eigentlich?
    »Na komm, raff dich auf, Ellie«, ermunterte Gianna mich. »Geh duschen, ich mache uns inzwischen einen starken Kaffee!«
    Ich gab seufzend nach, schlich ins Bad und duschte mit dem Blick zur Wand. Mich selbst wollte ich immer noch nicht anschauen, und um meine Haare zu waschen, benutzte ich den großen Schwamm. Ich schäumte ihn ein und fuhr mit ihm über meine Locken, dann ließ ich das Wasser so lange über meinen Kopf laufen, bis auch die letzten Seifenreste herausgespült sein mussten.
    Mit dem Rücken zum Spiegelschrank – leider ein Ganzkörperspiegelschrank, vor dem es nur ein Entkommen gab, wenn es dunkel war, weshalb ich mit Vorliebe nachts und während der Siesta bei geschlossenen Läden ins Bad gegangen war – wartete ich auf Gianna. Glücklicherweise beeilte sie sich, denn ich begann mich selbst nervös zu machen, weil ich mir immer stärker meiner nackten Haut bewusst wurde, je länger ich hier saß und das Wasser aus meinen Haaren zu Boden tropfte. Doch Gianna schnalzte missbilligend mit der Zunge, als sie mein Elend erblickte.
    »So wird das nicht klappen, Elisa. Du musst dich schon umdrehen, damit ich dich im Spiegel sehen kann.« Sie zückte einen breit gezinkten Holzkamm und sprühte ihn mit Conditioner ein.
    »Ich will mich aber nicht sehen.«
    »Ach so. Va bene. Du willst dich nie wieder sehen? Dann wäre es wirklich das Beste, wir schneiden sie einfach ab, das geht auch ganz schnell, wir könnten Pauls Barttrimmer nehmen, der ist …«
    »Gianna, ich kann nicht! Ich fürchte mich vor dem, was ich sehen werde!«
    »Es gibt nichts zu fürchten. Außerdem ist das alles sowieso schon die ganze Zeit da, ob du es dir nun ansiehst oder nicht.« Resolut ergriff sie meine Schultern und drehte mich auf dem kleinen Hocker herum, bis meine Gestalt im Spiegel vor mir auftauchte. Sofort ließ ich meine Lider fallen.
    »Ellie«, sagte Gianna mahnend.
    »Ich tu es ja, ich tu es, aber lass mir Zeit! Ich hab mich wochenlang nicht mehr angesehen.« Ich wollte nicht mit dem Gesicht beginnen, sondern mit dem, was mir etwas weniger fremd vorkam. Meinem Körper. Ich öffnete widerstrebend den Bademantelgürtel und ließ den weichen Frottee von meinen Schultern rutschen.
    »Ach, du Heiliger …«, murmelte ich verlegen.
    »Ja, da ist eine Intimfrisur fällig«, entgegnete Gianna treffend. »Wobei ich es nicht schlimm finde. Ehrlich. Du bist kein Kind und das kann man ruhig sehen.«
    »Alle haben es gesehen … oh Scheiße …« Ich wickelte den Bademantel wieder um meine Hüften.
    Gianna kämpfte vergeblich gegen ein Schmunzeln an, obwohl sich auch Mitgefühl in ihrem Gesicht breitmachte. »Falsch. So haben alle wenigstens nicht alles gesehen. Dein Schatzkästlein war hübsch verpackt.«
    Hübsch verpackt. Na, das war wohl Geschmackssache. Wann hatte ich damit angefangen, mich zu vernachlässigen? Mitte Juli? Dann war es kein Wunder, dass ich aussah wie eine Neandertalerin. Argwöhnisch griff ich unter meine Arme und an meine Beine, doch ich entdeckte keine weiteren Vogelnester. Erklären konnte ich es mir nicht, aber das war auch nebensächlich. Die Verlegenheit über meine Körperbehaarung war nichts im Vergleich zu meiner Scheu, in mein eigenes Gesicht zu sehen.
    Wie in Zeitlupe hob ich meinen Blick. Im ersten Moment sah ich nur Haare und Augen. Schräge, helle Augen mit einem dunkelblauen Ring, der die Iris umrandete; um die Pupille herum grünlich, dann graublau, dazwischen winzige gelbe Sprenkel. Sie leuchteten mir so stark und grell entgegen, dass ich mich für ein paar Sekunden abwenden musste, um erneut aufsehen zu können und mich meinen Haaren zu widmen. Ich wusste nicht, wie Gianna es schaffen wollte, sie zu entwirren. Sie hatten Kletten gebildet und waren verfilzt, dazwischen lockten sich goldglänzende

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