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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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Licht, in die Sicherheit und Normalität des Gelächters ihrer Mutter – das sich rasch in Wut verwandelte, als sie Thomasina im Türrahmen stehen sah. Pearl hatte sie nach oben geschleift und verprügelt, während Marguerite sich daneben unter die Bettdecke verkroch und so tat, als würde sie schlafen.
    Jetzt, so viele Jahre später, war Marguerites Tochter hierhergekommen, schnüffelte herum und grub all die alten Erinnerungen wieder aus. Und wie es schien, hatte sie das Geheimnis erraten, das Thomasina fest umschlossen wie von einer Riesenfaust in ihrem Herzen versteckte: Sie hatte den Geist tatsächlich wiedergesehen. Er war an jenem Tag zurückgekehrt, als Mutter umgebracht wurde. Doch Pearl hatte ihr befohlen, den Geist niemals irgendjemandem gegenüber zu erwähnen, und das hatte sie befolgt.
    Kein Sherry der Welt konnte Thomasina trösten, als sie mit halb geschlossenen Augen dasaß, während ein dumpfer Schmerz in ihren Schläfen pochte und sie sich an den Tag erinnerte, an dem ihre Mutter ermordet wurde. War das wirklich schon so lange her?

KAPITEL 25
Die Riesenfaust öffnet sich
Pencubitt, Sonntag, 12. Juli 1936
    »Bist du jetzt zufrieden, du egoistisches Miststück?« Maxwell stürmte ins Wohnzimmer hinein. »Wie konntest du nur so unverschämt zu Birdie sein. Sie ist meine älteste Freundin. Hörst du mir überhaupt zu?«
    »Mein Gott, den lieben langen Tag muss ich mir dein Geblöke über Tricky anhören! Glaubst du, ich weiß nicht, wie ihr euch die ganzen Jahre über angehimmelt habt? Ihr seid beide so langweilig. Mähh! Mähhh! Warum tut ihr euch nicht zusammen und langweilt euch gegenseitig zu Tode? Ihr seid wie für einander geschaffen.« Pearl zündete sich eine Zigarette an und schenkte sich einen Drink ein. Keiner der beiden Erwachsenen bemerkte Thomasina, die sich im Flur hinter der Tür versteckt hatte und lauschte.
    »Ich mach das nicht mehr mit. Ich kann einfach nicht. Die Mädchen leiden Höllenqualen wegen dieses Fischers. Du hast mich überall zum Gespött gemacht.«
    »Hab ich das?« Pearl ging hinüber zum Grammophon. »Lass uns einfach tanzen, lachen und normal sein, Maxwell! Warum hast du mich je hierhergebracht? Ich kann nicht so sein wie die mürrische Tricky in ihrer Blumenschürze, die ihre Bildchen zeichnet und Angst hat, was die Leute in der Stadt wohl denken.«
    »Wenn du Pencubitt so sehr hasst, warum gehst du dann nicht weg? Geh nach Paris oder New York, Sydney oder Afrika – wo immer deiner Meinung nach die große Party ist, Pearl. Ich will dich hier nicht mehr haben. Du hast alles kaputtgemacht.«
    Pearl fing an, sich im Takt der Musik zu wiegen. »Sei doch nicht so garstig und pathetisch, Maxwell. Das steht dir nicht. Komm schon, ich weiß, du willst tanzen. Du bist immer so grässlicher Laune, wenn Tricky geht. Und ich weiß auch, warum! Du bist ein sentimentaler Narr, weil du auf Trickys endloses Bewunderungsgurren hereinfällst. Aber, Tricky, du bist die Verliererin! Egal, wie trickreich du auch bist, nicht trickreich genug für mich! Ach, zur Hölle mit dir, Maxwell!«
    Thomasina drückte sich eng an die Wand, als ihr Vater aus dem Zimmer und zur Haustür hinausstürmte, die er geräuschvoll hinter sich zuknallte. Sie schloss die Augen, erleichtert, dass er sie in seiner Wut nicht bemerkt hatte.
    »Ich hasse dieses Haus. Ich hasse diese Stadt. Ich hasse Tasmanien.« Thomasina lauschte dem vertrauten Refrain. Sie wusste, sie sollte sich lieber verdrücken, bevor sie entdeckt wurde. Mutter hatte ihr befohlen, im Garten zu bleiben. Pearl, die im Wohnzimmer auf und ab tigerte, war bereits außer sich vor Wut, und falls sie den Verdacht hatte, Thomasina hätte ihr hinterherspioniert … Ja, sie sollte sofort abhauen, aber sie erhaschte einen Blick auf ihre Mutter, die an ihren eigenen Haaren riss. Thomasina hätte bei dem seltsamen Anblick fast laut herausgelacht – Mutter führte sich auf, als hätte sie den Verstand verloren. Thomasina genoss das Schauspiel zu sehr, um sich allzu viele Sorgen darüber zu machen, ob man sie dabei erwischte, wie sie sich den Anweisungen ihrer Mutter widersetzte. Außerdem hatte sie Hunger. Das Frühstück aus Haferbrei war schon lange her. Warum rief ihre Mutter sie nicht zum Mittagessen? Es machte Thomasina immer wütend, wenn ihre Mutter Mahlzeiten vergaß, weil sie sich oben eingeschlossen hatte, um irgendeines ihrer doofen Bücher zu schreiben. Mummy lachte dann immer bloß und erzählte irgendeine Geschichte: Kenny hätte seine

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