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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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hinteren Gartenteils. »Dieses Haus braucht kreative Menschen.«
    Sadie warf Betty einen besorgten Blick zu, aber ihre Tochter nickte nur zustimmend.
    »Dann wollen wir mal reingehen.« Jeremy holte einen Umschlag mit dem Schlüssel heraus. »Ich würde sagen, diese Ehre gebührt Ihnen, Sadie.«
    Als sie den mit Steinplatten gepflasterten Weg zum Haus hinaufgingen, sah Sadie vor ihrem inneren Auge die junge Familie Tatlow vor all den Jahren hier ankommen: ihre Großmutter mit einem Fuchspelz um den Hals, an jeder Hand ein kleines Mädchen, die beide nach der langen Reise noch ganz verschlafen waren und die gleichen, bis oben hin zugeknöpften Mäntel trugen. Alle vier sahen am Poet’s Cottage hinauf. Dann lachte Pearl, weil ihr junger Ehemann sie plötzlich packte, um sie über die Schwelle zu tragen. Sadie hörte Kinderstimmen, die der Wind der Vergangenheit herbeitrug. Ihre Mutter und Thomasina, die den Weg hinaufrannten und ein kleines, bemaltes Wägelchen aus Holz hinter sich herzogen. All die Hoffnungen und Freuden eines neuen Lebens, einer liebenden Familie. Es war schwer zu fassen, dass nur ein gutes Jahr später Pearl Tatlow in ihrem eigenen Haus brutal ermordet worden war und Marguerite, die ihr geliebtes Poet’s Cottage danach nie mehr wiedergesehen hatte, in einem Krankenhaus in Sydney einen schleichenden Tod gestorben war.
    Die Haustür aus Eichenholz mit ihrem bunten Bleiglasfenster und dem Messingklopfer gab den Blick auf einen langen Flur frei. Auf einem kleinen Holztisch stand eine Vase mit gelben Rosen, und ein weiteres buntes Glasfenster am anderen Ende des Gangs warf ein buntes Muster auf die Kiefernholzdielen. Im Haus roch es ein wenig nach Moder und Lavendel.
    »Nancy hat alles für Sie hergerichtet«, erklärte Jeremy und durchbrach damit die Stille. »Ich hoffe, es gefällt Ihnen.«
    »Es ist wunderbar«, versicherte Sadie ihm. Das Haus fühlte sich so einladend an, doch die Erinnerung an ihre Mutter war so stark, dass sie dem Bedürfnis widerstehen musste, sich auf den Boden zu legen und zu schluchzen. Wie konnte ihre Trauer nach fast einem Jahr immer noch derart mächtig sein?
    Nahe der Eingangstür hing ein Gemälde in einem aufwendigen Holzrahmen. Sadie kannte das Porträt noch aus ihrer Kindheit: Ihre Großmutter begegnete dem Blick des Betrachters mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, einem leicht spöttischen Ausdruck in den Augen und einer langen Perlenkette um den Hals. Das Gemälde zierte das Buchcover von Die Netzespinnerin und wurde von Kenny Kookaburra, Gertrude Goanna, den Heimtückischen Bulldoggenameisen-Zwillingen, Harriet Huntsman und anderen Figuren aus Pearls Phantasie umrahmt, die ihre Schöpferin in buntem Farbenspiel umringten.
    »Möchten Sie, dass ich Ihr Gepäck für Sie nach oben trage?«, bot Jeremy an.
    »Nein, danke, das geht schon.« Sadie wollte die Atmosphäre erst auf sich wirken lassen.
    »Dann kommen Sie jetzt erst einmal in Ruhe an. Sie haben ja meine Nummer, falls Sie mich brauchen. Und lassen Sie sich nicht vom Geist oder von Thomasina verscheuchen.« Sadie hörte ihn eine Melodie pfeifen, als er draußen durchs Tor hinausging.
    »Sadie!«, rief Betty aus dem ersten Stock. »Schau dir mal die Zimmer hier oben an. Die sind spitze!«
    Sadie lief die Treppe hinauf und musste feststellen, dass Betty den größeren Raum, der Meer und Friedhof überblickte, bereits mit Beschlag belegt hatte. Offensichtlich war ihre Tochter von der wild gemusterten Tapete mit den rosafarbenen und gelben Pfauen sowie dem Himmelbett mit seinen schweren Vorhängen restlos begeistert. Sadie war erleichtert, dass Betty hier im Haus anscheinend so glücklich war. Ihre Tochter hatte geweint und geschmollt, weil sie ihre Freundinnen zurücklassen musste, doch nun wirkte sie bereits wie ein neuer Mensch.
    Sadie stellte ihren Koffer im Schlafzimmer nebenan ab, das mit Jugendstil-Möbeln und einer rosa-golden gemusterten Tapete dekoriert war. Während sie gemeinsam durch alle Räume wanderten, spürte Sadie nach wie vor Marguerites Anwesenheit – besonders stark im früheren Kinderzimmer, an dessen Wänden immer noch die bunte Tapete mit den Kinderreimen hing. Sie berührte eine Messlatte bei der Tür, wo in sorgfältiger Handschrift neben den Markierungen, die ihre jeweilige Größe dokumentiert hatten, die Namen »Thomasina« und »Marguerite« notiert waren. Jemand hatte die beiden kleinen Mädchen lieb genug gehabt, um ihr Größerwerden für die Nachwelt festzuhalten.
    Obwohl das

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