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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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waren verschwunden. Dann stand ich auf und sagte: »Also dann – danke.«
    Sie setzte sich in ihrem Stuhl auf und sah zu mir hoch. Ihre Lippen … ihr Hals … irgendetwas pulsierte in ihrem Bauch, ein Muskel an der Innenseite eines Schenkels vibrierte leicht. Ich hatte kleine, schwarze Punkte vor Augen. Hilflos wandte ich den Blick ab und sagte: »Einen schönen – Swimmingpool habt ihr hier.«
    »Jaa?«, antwortete sie.
    »Wiedersehen«, sagte ich.
    »Wiedersehen, Veum. Und danke für – den Besuch.«
    Ich winkte abwehrend mit der Hand, nichts zu danken, die Freude war ausschließlich auf meiner Seite.
    Dann ging ich. Bevor ich um die Ecke bog, drehte ich den Kopf ein wenig und winkte noch einmal.
    Sie hob träge eine Hand. Die Unterseite ihres Armes war kreideweiß in dem grellen Licht. Das Grün um sie herum wirkte dschungelartig und tropisch. Dann stand ich wieder vor dem Haus und sie war weg.

14
    Ich fuhr zurück in die Stadt, und eine liebenswürdige Dame im Studentensekretariat gab mir die Privatadresse von Bjørn Hasle. Er wohnte nicht weit von der Universität entfernt, in der Magnus Barfots Gate. In dem dunklen Treppenhaus erzählten die Briefkästen, dass in diesem zweistöckigen Altbau ungefähr genauso viele Menschen wohnten wie in einem mittleren Hochhaus. Noch eines von den vielen Häusern, das in ein Appartementhaus verwandelt worden war. Auf jeder Etage hatte es ursprünglich zwei Wohnungen gegeben. Jetzt war jede Wohnung in bis zu drei bis vier Appartements unterteilt, sodass es in dem Haus insgesamt über zwanzig Wohnungen geben musste. Und einer der Namen auf einem der sechs Briefkästen war der von Bjørn Hasle.
    In welchem Stock er wohnte, war nicht zu erkennen, und ich las mich von Tür zu Tür und von Stockwerk zu Stockwerk. Die Wände im Treppenhaus waren mit Platten verkleidet, aber nicht sonderlich gekonnt, denn zwischen den Platten waren breite Spalte, und einige der Nagelköpfe waren schief gehauen. Hinterher hatten sie die Wände in einer dünnen, durchsichtigen Schicht gestrichen, so als hätte die Farbe nicht gereicht. Trotz der Hitze hing immer noch etwas von der Kälte des Winters im Treppenhaus. In solchen Häusern wird es sehr spät warm, und wenn es warm genug ist, reicht schon ein kleiner Durchzug, um die Wärme wieder zu vertreiben. Bjørn Hasle wohnte im zweiten Stock links.
    Auch diese Wohnung war in drei Teile unterteilt worden, aber es gab nur eine Klingel. Auf einem Stück Pappe neben der Klingel stand beschrieben, wie man klingeln musste, um denjenigen zu erreichen, zu dem man wollte, dreimal für Bjørn Hasle.
    Ich klingelte – drei dünne, zögernde Töne. Einen Augenblick später schlurfte ein Paar Hausschuhe hinter der Tür heran und sie öffnete sich.
    Ein junger Mann stand in der Öffnung. Er hatte ein blasses, langes Gesicht mit dunklen Bartstoppeln an der Kinnspitze und einem hellroten Pickel unterhalb des Mundwinkels. Sein schwarzes Haar trug er halblang, mit Seitenscheitel und nach hinten gekämmt. Schuppen waren zu erkennen. Sein Schnauzbart war fettig und blond. Seine Augen waren blaugrün und von dunklen, rußähnlichen Schatten umrahmt. Er sah aus, als würde er viel lesen, wenig schlafen und sich nur äußerst selten an der frischen Luft bewegen. Er trug einen blauen Rollkragenpullover und dunkelbraune Cordhosen, die auf den Schenkeln glatt gescheuert waren. Seine Hausschuhe waren aus braunem Leder. Er sah mich skeptisch an, als sei ich gekommen, um ihm ein Lexikon zu verkaufen, das er nicht brauchte.
    »Bjørn Hasle?«, fragte ich.
    »Ja?« Seine Stimme war tief und angenehm. Aus irgendeinem Grund hatte ich etwas anderes erwartet.
    »Mein Name ist Veum. Ich komme wegen Peter Werner. Er ist verschwunden. Kann ich reinkommen?«
    Er wirkte erstaunt, trat dann aber zur Seite und machte mir die Tür ganz auf, während er sagte: »Sind Sie von der Polizei?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Privat.«
    »Sie suchen ihn – privat?«
    »Ja. Ich bin Privatdetektiv.«
    »Ach so …«
    Der Gang war lang und gerade und hatte fünf Türen.
    Auf eine der Türen war ein Herz gemalt, auf eine andere ein Messer, ein Löffel und eine Gabel, an den letzten drei Türen waren mit Heftzwecken Visitenkarten oder farbenfrohe, handgezeichnete Namensschilder befestigt. Einer der Namen gehörte einer Frau.
    »Teilen Sie sich die Küche?«, fragte ich.
    »Ja. Die alten Wohnungen sind aufgeteilt – in drei Zimmer auf dieser Seite des Flurs, vier auf der anderen.«
    »Aha. Die

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