Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornroeschengift

Dornroeschengift

Titel: Dornroeschengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
du, es ist wirklich wichtig zu wissen, woher man kommt? In letzter Zeit denke ich oft darüber nach. Fang bitte nicht an, die Oldies darüber auszufragen. Wie du weißt, hasse ich Unehrlichkeit und Heuchelei. Geheimnisse sind der Tod jeder Liebe.
    Ha ! Bin ich nicht klug ? Ehrlich, und das ist jetzt unser Geheimnis, ich weiß nicht, o b ich wirklich schon im April zurückkomme. Ich habe das Gefühl , ich bin noch nicht lange genug von zu Hause fort. Aber egal , was passiert, du bist und bleibst meine Schwester .
    Mike !
    Ich schlug das Tagebuch zu, legte es in die Kommode. Natürlich war ich seine Schwester.

Nur Maskerade
    I n der Aula herrschte große Aufregung. Wir hatten den Auftrag, den Saal für den Abschlussball zu schmücken. Zunächst musste alles hinausgeschafft werden, was störte, und das war nicht we nig: eine Tischtennisplatte, mehrere staubige Theaterkulissen aus Pappmaschee, ein Lesepult, ein Overheadprojektor, ein Flügel. Einige Schüler waren dabei, die Wände mit Luftballons und Girlanden aus rotem Krepppapier zu schmücken, andere stellten Tische und Bänke für die Eltern auf, die uns beim Tan zen bewundern wollten. »Autsch«, stöhnte Jamaica und kämpfte mit einer riesigen Stechpalme, die die Bühne verschönern sollte. »Mann, die las sen uns hier schuften wie in China. Ich dachte, das wird unser großer Tag! Unser Opernball! Stattdessen rackern wir uns ab. Schau mal, Valerie und Carlotta! Die lassen schuften!« Die bei den standen mit einem Besen auf der Tanzfläche, doch der Ein zige, der kehrte, war das Package. »Nur damit er einmal mit Carlotta tanzen darf.« Jamaica schüt telte den Kopf. »Kann ihm nicht einer sagen, dass er sich zum Deppen macht?« »So ist das eben, wenn man verliebt ist«, erklärte ich mit einem Grinsen, auch wenn mir nicht danach zumute war. Jamaica zupfte mich am Arm. »Lass uns hier verschwinden, ich muss dir was erzählen.« Wir verließen die Aula unbemerkt und verzogen uns in ein lee res Klassenzimmer. Jamaica schloss die Tür hinter sich zu und sah sich lauernd
    um, als würde gleich jemand hinter der Tafel hervorsprin gen . »Was gibt’s?«, fragte ich . »Sofie! Das wird der Abend meines Lebens! Rat mal, was ich an ziehe? « Ich starrte sie verblüfft an. Mit der Frage hatte ich nicht gerech net. »Das Kleid deiner Mutter?«, versuchte ich es . »Bist du des Wahnsinns?« Sie schüttelte energisch den Kopf . »Lieber wandere ich nach Jamaica aus und bleibe dort für de n Rest meines Lebens, als dieses blaue Teil von meiner Mutter z u tragen. Da kann ich mich ja gleich erschießen. « »Willst du etwa nackt kommen oder in deinen Jeans?«, fragt e ich . Sie rückte dicht an mich heran: »Nein! Aber du darfst es nieman dem erzählen! Versprich es! « »Worum geht es? « »Versprich es einfach!«, schrie sie ungeduldig . »Okay, okay, ich verspreche es«, seufzte ich . Plötzlich sah sie verlegen aus. »Du bist jetzt bestimmt sauer . Aber es wäre mein gesellschaftlicher Ruin gewesen. Ganz be stimmt! « »Wovon sprichst du? « Sie holte tief Luft. »Also, ich bin gestern Morgen von der Schul e aus nach Rostock gefahren. « »Ah ja? Und ich dachte, du hättest Kopfschmerzen und wärs t deshalb früher nach Hause gegangen?«, fragte ich ironisch . Sie zuckte mit den Schultern. »Wen kümmern schon die zwe i Sportstunden? Also, ich war in Rostock . . . « Sie blickte mich abwartend an . »Und? « »Da habe ich dieses Kleid bei H&M gesehen: schwarz und über all silberne Pailletten. «
    »Wie teuer? « Sie zögerte einen Moment. »Fünfzig. « »Fünfzig Euro?«, rief ich. »Woher hast du so viel Geld? « Sie zuckte mit den Schultern . »Du hast es nicht gekauft? « Sie schüttelte langsam den Kopf . »Willst du darauf warten, dass eine Fee es dir schenkt? « »Sagen wir, ich habe es mir selbst geschenkt. « »Ich verstehe kein Wort. « »Als ich in der Umkleidekabine war – du kennst ja das Chaos be i H&M – , nehme ich zwei Hosen, hänge das Kleid unter eine n Mantel und marschiere in die Umkleide. Die Verkäuferin fragt , wie viele Teile? Ich antworte, drei.« Jamaica machte eine Pause . Ein glückliches Lächeln lag um ihre Mundwinkel. »Ich probier e das Kleid an und es passt wie angegossen. Genauso gut könnt e im Etikett stehen: Modell Jamaica. « Langsam ahnte ich etwas. »Und dann? « »Habe ich es einfach über der Hose angelassen, meinen Mante l darübergezogen und bin wieder rausmarschiert. Den andere n Mantel und die beiden Hosen habe ich

Weitere Kostenlose Bücher