Dornröschens Bestrafung
eine Pferdekutsche gebunden werde
und sie wie ein Tier ziehen soll! Und der Pferdeschwanz, er schien mir so eine
schreckliche Verzierung zu sein, ein Brandmal.“
Mein Gesicht war wie im
Fieber, ich nippte an dem Wein; doch mein Herr schwieg, und das hieß, dass ich
weiter reden musste.
„Ich glaube, es war besser,
dass das Geschirr angelegt wurde und ich nicht entkommen konnte. „
„Hattest du nichts unternommen,
um dem zu entgehen? Als ich dich durch die Straßen nach Hause trieb, war ich allein
mit dir. Du machtest keine Anstalten davon zulaufen, noch nicht einmal, als die
Dorfbengel dich peitschten.“
„Nun, was hätte es für
einen Sinn gehabt, fortzulaufen?“ fragte ich konsterniert. „Man hatte mich gelehrt,
nicht wegzulaufen! Ich wäre doch nur irgendwo aufgegriffen und geschlagen
worden, mein Schwanz ausgepeitscht ... „
Ich hielt inne, erschrocken
über meine eigenen Worte.
„Mag sein, man hätte mich
nur eingefangen, und ich wäre so oder so wieder angeschirrt worden. Aber die Beschämung
wäre noch größer gewesen, da alle gewusst hätten, dass ich mich so sehr
ängstigte, so unbeherrscht war und gewaltsam dazu gezwungen werden musste.“
Ich nahm einen Schluck aus dem
Kelch und strich mein Haar aus den Augen.
„Nein, wenn es sein müsste,
so war es besser, dem nachzugeben; es war unausweichlich, also musste ich es
hinnehmen.“
Ich schloss für einen
Moment die Augen. Die Hitze und Qual meiner Worte verwundenen mich.
„Aber dir wurde auch
befohlen, dich Lord Stefan zu unterwerfen. Und doch hast du es nicht getan.“
„Ich versuchte es! Aber
Lord Stefan... „
„Ja?“
„Es war so, wie der
Hauptmann sagte... „
Ich zögerte. Meine Stimme
klang brüchig, die Worte kamen zu schnell.
„Lord Stefan war zuvor mein
Liebhaber gewesen, und anstatt diese Vertrautheit zu seinem Vorteil als Herr zu
nutzen, ließ er es zu, dass es ihm zur Schwäche geriet.“
„Eine interessante
Behauptung. Sprach er zu dir, so wie ich es jetzt tue?“
„Nein! Niemand hat das je
getan!“ Ich lachte kurz. „Ich meine... nie durfte ich antworten. Er befahl mich
herum, wie alle anderen Lords auf dem Schloss es tun. Er befahl, dass mein
Schwanz steif sein solle, doch er selbst war dabei in einem schrecklichen
Zustand. Mich zu sehen mit steifem Glied und zu erleben, wie ich seinen
Wünschen nachkam, erregte ihn über alle Maßen - und doch konnte er es nicht
ertragen. Ich glaube... nun, manchmal denke ich, wenn unsere Stellung durch das
Schicksal vertauscht worden wäre... ich hätte ihm schon gezeigt, wie man es
richtig macht.“
Mein Herr lachte, und sein
Lachen klang tief und befreit. Er nahm einen Schluck aus seinem Kelch. Sein
Blick war nun etwas freundlicher. Doch als ich ihn anschaute, spürte ich ein
schreckliches Gefühl der Gefahr.
„Oh, das ist wahrscheinlich
nur allzu wahr“, sagte er. „Manchmal geben die besten Sklaven in der Tat die
besten Herren ab. Doch du wirst wohl nie die Gelegenheit erhalten, es zu
beweisen. Ich habe mit dem Hauptmann über dich gesprochen, heute Nachmittag. Ich
habe gründliche Erkundigungen eingeholt. Als du frei warst, vor Jahr und Tag,
hast du Lord Stefan in allem übertroffen, war es nicht so? Du warst der bessere
Reiter, Schwertkämpfer und Bogenschütze. Und er liebte und bewunderte dich.“
„Ich versuchte, als sein
Sklave zu glänzen“, erwiderte ich. „Ich erfuhr entsetzliche Erniedrigungen. Den
Reitpfad, die anderen Spiele der Festnacht im Garten der Königin; und dann und
wann war ich gar das Spielzeug der Königin. Lord Gregory, der Sklavenmeister, entfachte
die tiefste und köstlichste Angst in mir. Aber nie erfreute ich Lord Stefan,
weil er selbst nicht wusste, was ihn erfreuen könnte! Er wusste nicht, was er
mir befehlen sollte. Ständig wurde ich abgelenkt durch andere Herren.“
Meine Stimme versiegte in
meiner Kehle. Warum musste ich ihm all diese Geheimnisse erzählen? Wieso musste
ich alles offen darlegen und die Enthüllungen des Hauptmanns noch weiter ausführen?
Mein Herr sagte kein Wort. Schweigen breitete sich aus.
„Ich dachte fortwährend an
das Soldatenlager“, fuhr ich schließlich fort. „Und ich fühlte keine Liebe für
Lord Stefan.“
Ich sah in die Augen meines
Herrn. Das Blau war jetzt nur noch ein Schimmern, die dunklen Pupillen groß und
fast glitzernd.
„Man muss seinen Herrn oder
seine Herrin lieben“, erklärte ich. „Sogar die Sklaven in den Landhäuschen
können ihre schroffen und beschäftigten Herren
Weitere Kostenlose Bücher