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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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niemand mehr im Neff’schen Haus. Die Immobilienmaklerin hielt es in Schuss, und Nelson hatte vor kurzem gehört, ein Bauunternehmer hätte das Anwesen gekauft – derselbe wie der, der diese teure Waterside-Wohnanlage am östlichen Rand der Stadt errichtet hatte, was für Lydia Neff, wo immer sie auch steckte, sicher eine gute Nachricht war. Trotzdem stand das Haus noch immer leer. Und dass Carols Brieftasche in einem leerstehenden Haus, dem leerstehenden Haus einer Person, die Carol nie gemocht hatte, einem Haus, in das sie nie freiwillig gehen würde, gefunden worden war, konnte keine gute Nachricht sein.
    Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich Carol zum letzten Mal geküsst habe.
    Nelson spürte, dass ihm eine Träne über seine Wange lief. Er klinkte sich aus seiner Hausaufgabe aus und zog die Datei in den Papierkorb. Erst danach wurde ihm klar, dass die Bilder, die er beschrieben hatte – davon, wie sich Carol bei dem Picknick von Bemerkenswerte Fakten mit ihren Freunden unterhalten hatte, von Carols altem Hut mit der Schleife aus pinkfarbenem Satin –, das Einzige waren, was ihm noch von ihr geblieben war.
    Er klickte den Papierkorb an, machte ihn auf, fand ohne Mühe die Datei (da er seinen Papierkorb relativ regelmäßig leerte, war er nie besonders voll), stellte den Text wieder her und war verblüfft, wie erleichtert er ob dieses simplen Vorgangs war. Dann schaltete er den Computer aus, und erst als er aufstand, fiel ihm auf, dass noch eine andere Datei im Papierkorb gewesen war.
    Eine unbekannte Datei …
    Er fuhr den Computer wieder hoch. Das dauerte länger, als ihm lieb war – er musste endlich etwas gegen diese blöde Spyware darauf tun –, aber schließlich war die Kiste hochgefahren, die vertrauten Bilder tauchten auf dem Bildschirm auf, und er klickte noch einmal den Papierkorb an. Er war fast davon überzeugt, dass diese Datei nur seiner Einbildung entsprungen war …
    â€¦ doch sie war tatsächlich da. Da – ein Download von Donnerstagabend halb elf. Nelson wusste, dass er um diese Zeit bereits geschlafen hatte – er versuchte immer, werktags spätestens um zehn ins Bett zu gehen –, und als er den Download aufrief, löste sich die Enge in seiner Brust. Carol hatte die Datei heruntergeladen. Mit einem Mal kam es ihm wieder durchaus passend vor, von ihr in der Gegenwart zu sprechen. Dann weiß Carol also doch, wie man mit dem Computer umgeht. Dann weiß sie es also doch.
    Die Datei war von der Webseite der Führerscheinbehörde heruntergeladen worden, und sie hieß »Ersetzen Ihres verlorengegangenen Führerscheins«.
    Nelson hätte beinah laut gelacht, aber ganz allein zu lachen war nur etwas für Verrückte, und er war ganz sicher nicht verrückt. Oder auf jeden Fall nicht mehr. Carol hat die Datei heruntergeladen, und zwar hier zu Hause, nachdem sie ihre Brieftasche verloren hat. Er öffnete die Datei, starrte sie mehrere Minuten lang mit großen Augen an, als würde sie ihm irgendwas verraten, und dann ging er wieder online, sah sich im Protokoll die zuletzt verwendeten Begriffe an … und erfuhr, zu welchem Zweck Carol, während er ahnungslos geschlafen hatte, an seinem Computer gewesen war.
    Larry Shelby hatte seiner Frau Annette nach seinem »Tod« über zwanzig Millionen Dollar hinterlassen, was Brenna in ihrer Überzeugung noch bestärkte, dass er als Erinnerung erheblich attraktiver war, als wenn man ihm persönlich gegenüberstand.
    Was Annette Shelby jedoch anscheinend anders sah. Kaum hatte Brenna ihr erklärt, dass Larry noch am Leben war, war sie aus Great Barrington herbeigeeilt und hatte einen Teil von ihrem Erbe in die Reservierung einer Luxussuite des St. Regis investiert. »Das ist der perfekte Ort für unser Wiedersehen«, hatte sie am Telefon erklärt.
    Brenna hatte sich bemüht, ihr ein Treffen auszureden. Schließlich war die Chance groß, dass einem Mann, der die Identität noch häufiger als seine Boxershorts zu wechseln schien, nicht allzu viel an einem Treffen mit der eigenen Witwe lag, und sei der Ort dafür auch noch so exklusiv. Doch Annette hatte davon nichts hören wollen, und Brenna, die sich in Gedanken gerade einen harten Kampf mit einer Zicke von der Airline hatte liefern müssen, weil angeblich nicht mal mehr der allerletzte Platz im nächsten Flugzeug nach Las Vegas aufzutreiben

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