Dornröschenschlaf
wollte sie Sie sofort anrufen.«
»Dann war ihre Tochter also erwachsen, als sie verschwand?«
»Keine Ahnung«, gab Annette schulterzuckend zurück.
In diesem Augenblick vibrierte Brennas Handy, sie hob eine Hand und drückte, ohne sich die Nummer anzusehen, auf den grünen Knopf.
»Hallo?«, setzte sie an, doch sofort fiel eine Männerstimme ihr ins Wort. Diese kalte, zornbebende Stimme hatte sie noch nie gehört. »Brenna Spector?«, fragte sie.
»Ja. Ich â«
»Hier spricht Nelson Wentz«, fuhr die fremde Stimme fort, und Brennas Augen wurden riesengroÃ. »Was haben Sie mit meiner Frau gemacht?«
5
»Bei allem gebührenden Respekt, Brenna, aber du vermasselst mir die Tour.«
»Was regst du dich so auf? Das hast du schlieÃlich schon des Ãfteren gemacht.«
»Aber nicht, wenn ich auf Tour war!«
Trents obermegacoole Stimme tat Brenna auch deshalb in den Ohren weh, weil er aus voller Kehle schreien musste, damit er über das Dröhnen der Bässe und das Kreischen der Gäste des Roseland, Butter oder welchen Clubs auch immer hinweg auch nur ansatzweise zu verstehen war. Egal, welchen Laden er gerade mit seinem Besuch beehrte, eins wusste Brenna mit Bestimmtheit: Er war wieder einmal auf der Pirsch. Doch sie fuhr zum ersten Mal seit elf Jahren nach Tarry Ridge â einem Ort, an dem es Abertausende von potentiellen Auslösern für Erinnerungen gab â, und sie kannte sich gut genug, um sich der Tatsache bewusst zu sein, dass es in diesem Fall ganz sicher nicht genügen würde, bisse sie sich auf die Lippe oder sagte sie Psalm dreiundzwanzig auf. Sie brauchte ein Gespräch mit einem anderen Menschen, ganz egal, wie blödsinnig es war, damit sie in der Gegenwart verblieb. Das hieÃ, wahrscheinlich war es umso besser, je idiotischer die Unterhaltung war, denn es fiel ihr schwerer, in Erinnerungen zu versinken, wenn sie baff oder verärgert war. »Betrachte es einfach als Teil deines Jobs«, sagte sie zu Trent. »Verhindere, dass deine Chefin den Verstand verliert.«
»Warum kannst du mich nicht einfach sexuell belästigen?«
»Trent.«
»Okay, meinetwegen«, seufzte er. »Was willst du wissen?«
Brenna fuhr an einem Schild vorbei â Tarry Ridge 4 Meilen â und atmete tief durch. Sie saà in ihrem grauen Sienna Minivan, Baujahr 2002, den sie drei Jahre zuvor gebraucht gekauft hatte, roch aber den Duft des neuen braunen Camry, den sie am 16. Oktober 1998 bei Avis an der Ecke 12./University gemietet hatte, um nach Tarry Ridge zu fahren.
Das Lenkrad ist aus glattem Plastik. Verglichen mit dem lederbezogenen Lenkrad in ihrem und Jims Volvo, fühlt es sich seltsam an und vermittelt ihr ein seltsam aufregendes Gefühl.
»Brenna? Bist du noch da?«
Es ist nur ein einziger Morgen deines Lebens. Befriedige deine Neugier, denn dann ist es endlich vorbei â¦
»Hal-lo, Bren-na!«, brüllte Trent, und sie saà wieder am Abend des 30. September 2009 in ihrem Sienna und verspürte leichtes Kopfweh, als sie fünf Wagenlängen vor sich die Ausfahrt sah.
»Erzähl mir irgendwas«, forderte sie ihren Assistenten auf. »Wo bist du überhaupt? Was trinkst du?«
»Ich trinke Bacardi-Cola. Und ich bin im Bett.«
»Du bist im Bett ?«
»So heiÃt der Club!«, schrie er sie an. » Bedd ! Mit Doppel-d! Er ist in Brooklyn!«
Brennas Hände fingen an zu schwitzen. »Und, hast du schon was aufgerissen?«
»Noch nicht«, gab Trent zurück, als hätte sie gefragt, ob er schon zur Abholung der Karten für das morgige Rangers-Spiel gekommen war. »Aber ich bin gerade dabei.«
»Und wer ist die Glückliche?«
»Blond in einem pinkfarbenen Schlauchtop. Mann, ich liebe Schlauchtops. Sie machen bei den Frauen ⦠was man selber gerne machen würde, wenn du mich verstehst.«
Sie verdrehte die Augen. »Allerdings.«
»Sie sieht irgendwie wie Jessica Alba aus.«
»Jessica Alba ist nicht blond.«
»Ich meine vom Hals abwärts«, klärte Trent sie auf. »Und sie lässt mich kaum noch aus den Augen ⦠hallo, SüÃe. Na, wie wärâs mit noch ânem Cosmo â mit ânem möglichst groÃen Schuss Trent? «
Brenna fuhr zusammen. »Das kann doch wohl unmöglich funktioniert haben.«
»Und, wie heiÃt du, Schätzchen? Diandra. Ein Name, der
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