Double Cross. Falsches Spiel
Putzfrau verboten habe, das Zimmer zu betreten. Wir können also davon ausgehen, daß Catherine Blake die Fingerabdrücke hinterlassen hat.«
Vicary schüttelte langsam den Kopf.
»In Jordans Haus ist alles fertig«, fuhr Harry fort. »Wir haben so viele Mikrofone installiert, daß man eine Maus furzen hört.
Wir haben die Familie gegenüber ausquartiert und einen ständigen Beobachtungsposten eingerichtet. Die Sicht ist perfekt. Jeder, der sich dem Haus nähert, wird fotografiert.«
»Was ist mit Catherine Blake?«
»Die Telefonnummer gehört zu einer Wohnung in Earl's Court. Wir haben im Haus gegenüber eine Wohnung übernommen.«
»Gute Arbeit, Harry.«
Harry sah Vicary la nge an, dann sagte er: »Nehmen Sie es mir nicht übel, Alfred, aber Sie sehen furchtbar aus.«
»Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal geschlafen habe. Wie halten Sie sich wach?«
»Mit ein paar Benzedrin und zehn Tassen Tee.«
»Wir werden jetzt einen Happen essen, dann versuche ich, etwas zu schlafen. Was ist mit Ihnen?«
»Ich habe heute abend noch etwas vor.«
»Grace Clarendon?«
»Sie hat mich zum Essen eingeladen. Ich habe mir gesagt, nutze es aus. Ich glaube nicht, daß wir in den nächsten Wochen viel Freizeit haben werden.«
Vicary stand auf und goß sich noch eine Tasse Tee ein.
»Harry, ich möchte Ihre Beziehung zu Grace nicht ausnutzen, aber ich frage mich, ob sie mir einen Gefallen erweisen könnte.
Ich möchte, daß sie in der Registratur diskret ein paar Namen für mich überprüft und nachsieht, ob sie etwas über diese Leute haben.«
»Ich werden sie fragen. Um welche Namen handelt es sich?«
Vicary trug seine Tasse durch den Raum und stellte sich an den Kamin neben Harry.
»Peter Jordan, Walker Hardege n und jemand oder etwas namens Broome.«
Grace aß nie gern, bevor sie sich liebten. Hinterher lag Harry im Bett, rauchte eine Zigarette, lauschte Glenn Miller auf dem Grammophon und dem Geklapper, das Grace beim Kochen in der winzigen Küche produzierte. Nach zehn Minuten kehrte sie ins Schlafzimmer zurück. Sie trug nur einen Morgenrock, der an ihrer schlanken Taille lose zugebunden war, und balancierte ein Tablett mit ihrem Abendessen darauf: Suppe und Brot. Harry setzte sich auf und lehnte sich gegen das Kopfteil, Grace lehnte sich gegen das Brett am Fußende. Das Tablett stand zwischen ihnen. Sie reichte ihm einen Teller Suppe. Es war fast Mitternacht, und beide waren sehr hungrig. Harry machte es Freude, ihr zuzusehen. Es gefiel ihm, wie sie diese einfache Mahlzeit zu genießen schien, und es gefiel ihm auch, wie ihr Morgenrock sich teilte und ihren straffen, vollkommenen Körper enthüllte.
Sie bemerkte, daß er sie ansah, und fragte: »Woran denkst du, Harry Dalton?«
»Ich dachte gerade daran, wie sehr ich mir wünsche, daß es nie zu Ende geht. Wie sehr ich mir wünsche, daß jede Nacht in meinem Leben so sein könnte wie diese.«
Ihr Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. Sie war völlig unfähig, ihre Gefühle zu verbergen. Wenn sie glücklich war, strahlte ihr Gesicht. Wenn sie zornig war, glühten ihre grünen Augen. Und wenn sie traurig war wie jetzt, wurde sie sehr still.
»Du darfst so etwas nicht sagen, Harry. Das ist gegen die Spielregeln.«
»Ich weiß, daß es gegen die Spielregeln ist, aber es ist die Wahrheit.«
»Manchmal ist es besser, man behält die Wahrheit für sich.
Wenn man sie nicht laut ausspricht, tut sie nicht so weh.«
»Grace, ich glaube, ich liebe...«
Sie knallte ihren Löffel auf das Tablett. »Herrgott noch mal, Harry! Sag nicht solche Dinge! Manchmal machs t du es einem verdammt schwer. Zuerst sagst du, du kannst mich nicht sehen, weil du Schuldgefühle hast, und jetzt erzählst du mir, daß du mich liebst.«
»Entschuldige, Grace, aber es ist die Wahrheit. Ich dachte, wir könnten uns immer die Wahrheit sagen.«
»Na gut, hier hast du die Wahrheit: Ich bin mit einem wunderbaren Mann verheiratet, an dem mir sehr viel liegt und den ich nicht verletzen will. Aber ich habe mich hoffnungslos in einen Agentenjäger und ehemaligen Kripobeamten namens Harry Dalton verliebt. Und wenn dieser beschissene Krieg vorüber ist, muß ich mich von ihm trennen. Und es macht mich jedesmal todunglücklich, wenn ich daran denke.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Und jetzt halt den Mund, Harry, und iß deine Suppe. Bitte. Reden wir von etwas anderem. Ich sitze den ganzen Tag mit Jago und seiner stinkenden Pfeife in diesem Loch von Registratur. Ich
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