Double Cross. Falsches Spiel
draußen, wie von Vicary angewiesen. Punkt 13 Uhr hielt ein Taxi vor dem Restaurant, und eine große, attraktive Frau stieg aus. Ginger Bradshaw, der beste Fotograf des Departments, kauerte im hinteren Teil eines Lieferwagens, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt war. Als Catherine Blake Peter Jordans Hand ergriff und ihn auf die Wange küßte, schoß Ginger schnell drei Fotos. Der Film wurde umgehend in die West Halkin Street gebracht, und als die beiden ihr Mittagessen beendet hatten, lagen die Abzüge auf Vicarys Schreibtisch.
Hinterher sollte Blair sagen, daß es sein Fehler gewesen sei.
Nein, widersprach ihm Reeves, er habe die Sache verbockt.
Schließlich nahm Roach, der ranghöchste unter ihnen, die ganze Verantwortung auf sich. Alle drei waren sich darin einig, daß Catherine Blake besser war als jeder andere deutsche Agent, den sie bisher beschattet hatten, viel besser. Man dürfe auf keinen Fall den Fehler machen, ihr zu nahe zu kommen, sonst werde man sich die Finger verbrennen.
Nach dem Essen im Mirabelle waren Catherine und Peter zusammen zum Grosvenor Square zurückgegangen. An der Südwestecke des Platzes blieben sie stehen und sprachen zwei Minuten miteinander. Ginger Bradshaw machte weitere Fotos, darunter auch eines von ihrem sehr kurzen Abschiedskuß.
Danach ging Jordan weg, und Catherine hielt ein Taxi an und stieg ein. Blair, Roach und Reeves sprangen in das Observationsfahrzeug und folgten dem Taxi zunächst in östlicher Richtung in die Regent Street. Dann fuhr das Taxi nach Norden in die Oxford Street, wo Catherine bezahlte und ausstieg.
Später sollte Roach ihren Bummel durch die Oxford Street als ein wahres Meisterstück bezeichnen. Sie blieb vor einem halben Dutzend Schaufenster stehen. Sie machte zweimal kehrt, einmal so schnell, daß Blair in ein Café springen mußte, um ihr auszuweichen. In der Tottenham Court Road ging sie in die U-Bahn hinunter und löste eine Fahrkarte nach Waterloo. Roach und Reeves gelang es, in denselben Zug zu steigen. Roach fuhr im selben Wagen, nur ein paar Meter von ihr entfernt, Reeves im nächsten. Als am Leicester Square die Türen aufgingen, blieb sie sitzen, als wolle sie weiterfahren. Erst im letzten Moment stand sie auf und sprang auf den Bahnsteig. Roach mußte sich durch die halbgeschlossene Tür zwängen, um sie nicht zu verlieren. Reeves blieb im Zug hängen. Für ihn war das Spiel beendet.
Sie mischte sich unter die Menge auf der Treppe. Roach verlor sie vorübergehend aus den Augen. Oben angekommen, überquerte sie rasch die Charing Cross Road und stieg auf der anderen Seite wieder die Treppe in die U-Bahnstation Leicester Square hinunter.
Roach hätte schwören können, daß er sie in einen wartenden Bus einsteigen sah, und sollte sich den ganzen Nachmittag Vorwürfe wegen seines dummen Fehlers machen. Er rannte über die Straße und sprang in den Bus, der gerade anfuhr. Zehn Sekunden später bemerkte er, daß er der falschen Frau gefo lgt war. An der nächsten Haltestelle stieg er aus, rief Vicary in der West Halkin Street an und teilte ihm mit, daß sie ihm entwischt war.
»Clive Roach hat sich bisher noch nie von einem deutschen Agenten abhängen lassen«, sagte Boothby am selben Abend in seinem Büro und starrte wütend auf den Bericht. Er schaute auf und sah Vicary an: »Der Mann könnte eine Stechmücke durch Hampstead Heath verfolgen.«
»Er ist der Beste. Aber sie ist einfach verdammt gut.«
»Sehen Sie sich das an: eine Taxifahrt, ein langer Spaziergang, um festzustellen, ob ihr jemand folgt, dann runter in die U-Bahn, wo sie eine Fahrkarte für eine bestimmte Station löst und dann an einer anderen aussteigt.«
»Sie ist extrem vorsichtig. Deshalb haben wir sie nie geschnappt.«
»Es gibt noch eine andere mögliche Erklärung, Alfred.
Vielleicht hat sie bemerkt, daß sie beschattet wird.«
»Ich weiß. Daran habe ich auch schon gedacht.«
»Wenn sie etwas gemerkt hat, ist die ganze Operation aufgeflogen, bevor sie richtig begonnen hat.« Boothby klopfte auf den Aktenkoffer aus Metall, der den ersten Stoß Material für Kesselpauke enthielt. »Wenn sie weiß, daß sie observiert wird, und wir geben ihr das hier, dann könnten wir das Geheimnis der Invasion ebensogut unter einer fetten Schlagzeile im Daily Mirror veröffentlichen. Die Deutschen würden wissen, daß sie getäuscht werden. Und wenn sie wissen, daß sie getäuscht werden, wissen sie, daß das Gegenteil wahr ist.«
»Roach ist davon
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