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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sicherzugehen, daß uns kein Geheimdienst folgt, weder ein befreundeter noch ein feindlicher.«
    »Wer soll uns denn verfolgen, Sir Basil? Die Amerikaner?«
    »Mir bereiten eher die Russen Kopfzerbrechen, Alfred.«
    Vicary hob den Kopf und drehte ihn zu Boothby hinüber, bevor er ihn wieder in den Ledersitz fallen ließ. »Wenn ich nicht so müde wäre, würde ich Sie um eine Erklärung für diese Bemerkung bitten.«
    »In ein paar Minuten bekommen Sie Ihre Erklärung, Alfred.«
    »Gibt es dort auch Kaffee?«
    Boothby kicherte. »Das kann ich Ihnen garantieren.«
    »Gut. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich die Gelegenheit nutze und ein paar Minuten schlafe?«

    Aber Vicary war bereits eingeschlafen und hörte Boothbys Antwort nicht mehr.
    Der Wagen hielt mit einem Ruck. Vicary spürte im Halbschlaf, wie sein Kopf nach vorn und dann wieder nach hinten fiel. Er hörte das metallische Knirschen eines Türriegels und spürte einen Schwall kalter Luft im Gesicht. Da erwachte er. Er sah nach links und schien überrascht, daß Boothby neben ihm saß. Er blickte auf seine Uhr. Meine Güte, fast acht. Sie waren eine Stunde lang durch London gefahren. Sein Nacken schmerzte von der unbeque men Lage, in der er geschlafen hatte
    - im Sitz zusammengesunken, das Kinn gegen den Brustkorb gepreßt.
    Sein Kopf brummte und verlangte nach Kaffee und einer Zigarette. Er griff nach der Armlehne und setzte sich auf. Er schaute aus dem Fenster: der Osten vo n London, Hoxton, eine häßliche Häuserzeile, die wie ein heruntergekommenes Fabrikareal aussah. Die andere Straßenseite war von Bomben getroffen worden. Ein Haus hier, ein Schutthaufen dort, dann wieder ein Haus und wieder ein Schutthaufen - wie ein lückenhaftes Gebiß.
    Er hörte Boothby sagen: »Aufwachen Alfred, wir sind da.
    Was um alles in der Welt haben Sie denn geträumt?«
    Er fühlte sich plötzlich befangen. Was er geträumt hatte?
    Hatte er denn im Schlaf gesprochen? Von Frankreich träumte er nicht mehr, seit ja, seit wann eigentlich nicht mehr? - seit sie Catherine Blake aufgespürt hatten. Hatte er vielleicht von Helen geträumt? Beim Aussteigen wurde ihm schwindelig, und er mußte sich am hinteren Kotflügel abstützen. Boothby schien es nicht zu bemerken, denn er stand auf dem Gehweg, blickte sich ungeduldig nach Vicary um und klapperte mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche. Es regnete jetzt stärker, und irgendwie vermittelte diese trostlose Umgebung den Eindruck, es sei kälter geworden. Vicary trat zu Boothb y auf den Gehweg. Er atmete tief die frische, feuchte Luft ein und fühlte sich gleich besser.
    Boothby führte ihn durch die Vordertür in den Hausflur. In dem Haus mußten sich mehrere Wohnungen befinden, denn an der Wand hingen Briefkästen aus Metall. Am Ende des Flurs, direkt gegenüber der Tür, war eine Treppe. Vicary schloß die Tür, und Dunkelheit hüllte sie ein. Er streckte die Hand aus und tastete an der Wand nach dem Lichtschalter - irgendwo hatte er einen gesehen. Er fand ihn und drückte. Nichts.
    »Hier nimmt man die Verdunkelung etwas ernster als wir im West End«, sagte Boothby. Vicary zog eine Taschenlampe aus der Tasche seines Regenmantels. Er gab sie Boothby, und Boothby leuchtete ihnen bis zu der Holztreppe.
    Vicary konnte kaum etwas sehen, nur die Umrisse von Boothbys breitem Rücken und den dünnen Lichtstrahl der schwachen Lampe. Seine übrigen Sinne waren plötzlich geschärft wie die eines Blinden. Er trat eine Reise durch die Welt der Gerüche an - Urin, schales Bier, Desinfektionsmittel, Spiegeleier, in altem Fett gebraten. Dann die Geräusche - ein Vater, der sein Kind schlug, ein sich streitendes Paar, ein anderes Paar, das geräuschvoll kopulierte. Von irgendwoher hörte er die Klänge einer Orgel und die Stimmen eines Männerchors. Er fragte sich, ob es eine Kirche in der Nähe gab, dann begriff er, daß es BBC war. Und erst da wurde ihm bewußt, daß Sonntag war. Kesselpauke und die Suche nach Catherine Blake hatten ihn so in Anspruch genommen, daß er mit den Wochentagen durcheinander gekommen war.
    Sie erreichten den Treppenabsatz im obersten Stock. Boothby leuchtete den Boden ab. Das Licht wurde von den gelben Augen einer mageren Katze reflektiert. Sie fauchte sie zornig an und trollte sich. Das Singen hatte inzwischen aufgehört, und die Gemeinde betete das Vaterunser. Boothby hatte einen Schlüssel.
    Er steckte ihn ins Schloß und schaltete die Taschenlampe ab, bevor sie eintraten.

    Der Raum war klein und verwahrlost -

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