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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Premiere.
    Mittlerweile genoß er dies alles - die geräuschvolle Unterhaltung der Watchers, wenn sie sich ihre Regensachen für einen Nachteinsatz anzogen, die Geschäftigkeit des Technikers, der seine Anlage überprüfte, um einen tadellosen Empfang aus Jordans Haus zu gewährleisten, den Essensgeruch, der aus der Küche drang.
    Vicary mußte wohl sehr angespannt wirken, denn niemand sprach ihn an, als er sich einen Weg durch das Durcheinander im Konferenzraum bahnte und die Treppe zur Bibliothek hinaufstieg. Er zog den Regenmantel aus und hängte ihn an den Haken hinter der Tür. Er stellte die Aktentasche auf den Schreibtisch. Dann durchquerte er die Diele. Peter Jordan stand gerade vor dem Spiegel und zog seine Marineuniform an.
    Wenn die Watchers meine Bühnenarbeiter sind, dachte Vicary, dann ist Jordan mein Star, und die Uniform ist sein Kostüm.
    Vicary musterte ihn. Er schien sich beim Anlegen der Uniform genauso unbehaglich zu fühlen wie Vicary früher, wenn er alle zehn Jahre seinen Abendanzug hervorgekramt hatte und sich zu erinnern versuchte, wo was hingehörte. Vicary machte sich durch ein leises Räuspern bemerkbar. Jordan wandte den Kopf, starrte Vicary einen Augenblick an und blickte dann wieder in den Spiegel.

    »Wie lange noch?« fragte Jordan.
    Es war zu einer Art Ritual geworden. Jeden Abend, bevor er von Vicary mit einem neuen Stoß Kesselpauke- Material zu Catherine Blake geschickt wurde, stellte er dieselbe Frage.
    Bisher war ihm Vicary immer ausgewichen. Doch heute sagte er: »Vielleicht ist es schon sehr bald vorbei.«
    Jordan warf ihm einen scharfen Blick zu, dann deutete er mit dem Kopf auf einen leeren Sessel und sagte: »Setzen Sie sich.
    Sie sehen ziemlich mitgenommen aus. Wann haben Sie das letzte Mal geschlafen?«
    »Ich glaube, im Mai 1940«, sagte Vicary und ließ sich in den Sessel sinken.
    »Ich vermute, Sie können mir nicht sagen, warum die Sache vielleicht bald zu Ende ist.«
    Vicary schüttelte langsam den Kopf. »Bedauere.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Würde es für Sie einen Unterschied machen?«
    »Nein. Vermutlich nicht.«
    Jordan war jetzt angekleidet. Er zündete sich eine Zigarette an und setzte sich Vicary gegenüber.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Kommt darauf an.«
    Jordan setzte ein freundliches Lächeln auf. »Man merkt Ihnen an, daß Sie nicht Ihr Leben lang beim Geheimdienst waren. Was haben Sie vor dem Krieg getan?«
    »Ich war Professor für europäische Geschichte am University College in London.« Vicary hatte bei diesen Worten das seltsame Gefühl, er lese aus einem fremden Lebenslauf vor. Das alles lag schon so lange zurück. Eine halbe Ewigkeit.
    »Wie sind Sie beim MI5 gelandet?«
    Vicary zögerte, kam aber zu dem Schluß, daß er keine Sicherheitsvorschriften verletzte, wenn er die Frage beantwortete, und erzählte die Geschichte.
    »Gefällt Ihnen die Arbeit?«
    »Manchmal. Aber es gibt auch Zeiten, wo ich sie verabscheue und es nic ht erwarten kann, in meinen Elfenbeinturm zurückzukehren und die Tür hinter mir zu verriegeln.«
    »Wann zum Beispiel?«
    »Jetzt«, sagte Vicary geradeheraus.
    Jordan reagierte nicht. Offensichtlich verstand er, daß ein Geheimdienstoffizier, und sei er auch noch so abgebrüht, an einer solchen Operation keinen Gefallen finden konnte.
    »Verheiratet?«
    »Nein.«
    »Früher mal?«
    »Auch nicht.«
    »Warum nicht?«
    Manchmal, so dachte Vicary, waren Gottes Fügungen doch seltsam. Drei Stunden zuvor hatte er die Frage einer Frau beantwortet, die die Antwort kannte. Und jetzt kam sein Agent mit derselben leidigen Sache daher. Er lächelte schwach und sagte: »Vermutlich habe ich nicht die richtige Frau gefunden.«
    Jordan musterte ihn. Vicary spürte es, und es gefiel ihm nicht.
    Normalerweise war es gerade umgekehrt - bei Jordan wie bei den deutschen Spionen, mit denen er zu tun gehabt hatte. Er war es, der den anderen auf den Zahn fühlte, verdrängte Gefühle ans Tageslicht zerrte und an alten Wunden rührte, bis sie bluteten, er war es, der sensible Stellen aufspürte und den Dolch hineinstieß.
    Vermutlich war er nicht zuletzt deshalb ein guter Double-Cross-Offizier. Seine Arbeit erlaubte es ihm, Einblick in das Leben von Fremden zu nehmen und ihre persönlichen Schwächen auszunutzen, ohne sich seinen eigenen stellen zu müssen. Er dachte an Karl Becker, wie er im Sträflingsanzug in seiner Zelle saß. Vicary erkannte, daß er alles unter Kontrolle haben mußte - er wollte derjenige sein, der manipulierte und

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