Double Cross. Falsches Spiel
abbrechen sollten.«
Vicary starrte Boothby an. Boothby, den Agentenführer.
Boothby, den Aristokraten, der unter Beschuß die Ruhe bewahrte. Er überlegte, warum Boothby versuchte, ihn durch seinen Hohn zum Weitermachen zu verleiten, obwohl ein Blinder sehen konnte, daß sie am Ende waren.
»Es ist vorbei«, sagte Vicary matt. »Sie haben gemerkt, daß sie beschattet werden. Und jetzt sitzen sie im Café und planen ihre nächsten Schritte. Catherine Blake weiß, daß sie getäuscht worden ist, und sie wird Kurt Vogel informieren. Vogel wird den Schluß ziehen, daß Mulberry genau das Gegenteil von dem ist, was wir ihm vorgemacht haben. Und dann sind wir geliefert.«
»Sie sind überall«, sagte Neumann. »Der Mann im Regenmantel, die junge Frau an der Bushaltestelle, der Mann, der den Platz überquerte und in die Drogerie ging. Sie setzen verschiedene Leute in unterschiedlichen Komb inationen und Verkleidungen ein. Aber sie verfolgen uns seit unserem Treff.«
Eine Kellnerin brachte den Tee. Catherine wartete, bis sie weg war. »Hat Vogel Ihnen befohlen, mir zu folgen?« fragte sie.
»Ja.«
»Und er hat nicht gesagt, warum?«
Neumann schüttelte den Kopf.
Catherine hob mit zitternder Hand ihre Tasse. Sie nahm die andere Hand zu Hilfe, um sie ruhig zu halten, und zwang sich zu trinken.
»Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
»Ich hatte im Dorf eine kleine Auseinandersetzung. Nichts Ernstes.«
Cathe rine sah ihn zweifelnd an und sagte: »Warum haben sie uns nicht festgenommen?«
»Aus mehreren Gründen. Sie wissen wahrscheinlich schon sehr lange über Sie Bescheid. Wahrscheinlich stehen Sie schon sehr lange unter Beobachtung. Wenn das stimmt, dann sind alle Informationen falsch, die Sie von Commander Jordan erhalten haben - irreführendes Material, das die Briten fabriziert haben.
Und wir haben alles brav nach Berlin geschickt.«
Sie setzte ihre Tasse ab und sah auf die Straße hinaus. Dann zwang sie sich, den Blick von den Beschattern abzuwenden, und wandte sich wieder Neumann zu. »Wenn Jordan mit dem britischen Geheimdienst zusammenarbeitet, können wir davon ausgehen, daß alles in seinem Koffer gefälscht ist. Sie haben mir die Informationen untergeschoben, um die Abwehr über die Invasionspläne der Alliierten zu täuschen. Vogel muß das unbedingt erfahren.« Sie rang sich ein Lächeln ab.
»Möglicherweise haben uns diese Mistkerle gerade das Geheimnis der Invasion verraten.«
»Ich schätze, Sie haben recht. Wir haben nur ein Problem.
Wir müssen Vogel persönlich unterrichten. Wir müssen davon ausgehen, daß der Weg über die portugiesische Botschaft nicht mehr gangbar ist. Und wir müssen davon ausgehen, daß wir unsere Funkgeräte nicht benutzen können. Vogel glaubt, daß die Briten alle alten Codes der Abwehr geknackt haben. Deshalb benutzt er das Funkgerät so selten. Wenn wir Vogel über Funk mitteilen, was wir wissen, erfahren es auch die Briten.«
Catherine zündete sich eine Zigarette an. Ihre Hände zitterten noch immer. »Wie um alles in der Welt sollen wir aus London herauskommen?«
»Es gibt mehrere Umstände, die wir zu unserem Vorteil nutzen können. Zunächst einmal haben wir das hier.« Neumann tippte auf die Tasche mit der Filmdose. »Ich kann mich täuschen, aber ich glaube nicht, daß man mich bisher beschattet hat. Vogel hat mich gut ausgebildet, und ich bin sehr vorsichtig.
Ich glaube nicht, daß sie wissen, wie ich den Film an den Portugiesen übergebe - wo die Übergabe stattfindet, wie sie abläuft oder ob es irgendeine Parole gibt. Außerdem bin ich sicher, daß mir niemand nach Hampton Sands gefolgt ist. Das Dorf ist so klein, daß ich es merken würde, wenn man mich observiert. Sie wissen nicht, wo ich wohne oder ob ich mit anderen Agenten zusammenarbeite. Normalerweise wartet man, bis man alle Agenten eines Netzes kennt, und dann verhaftet man sie alle gleichzeitig. So verfährt die Gestapo mit der Resistance in Frankreich, und so wird es auch der MI5 in London machen.«
»Das klingt alles ganz logisch. Was schlagen Sie vor?«
»Sehen Sie Jordan heute abend?«
»Ja.«
»Wann?«
»Wir treffen uns um sieben zum Essen.«
»Großartig«, sagte Neumann. »Also, Sie tun folgendes.«
In den nächsten fünf Minuten entwickelte Neumann einen detaillierten Fluchtplan. Catherine hörte genau zu. Sie ließ ihn keinen Moment aus den Augen und widerstand der Versuchung, nach den Beschattern vor dem Café zu sehen. Als Neumann fertig war, sagte er: »Verhalten Sie
Weitere Kostenlose Bücher