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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Taxi an und stieg ein. Er nannte dem Fahrer eine Adresse im East End und lehnte sich zurück.

48
    Hampton Sands, Norfolk

    Mary Dogherty wartete allein im Cottage. Sie hatte es immer als ein hübsches kleines Häuschen empfunden, warm, hell und luftig. Jetzt aber erschien es ihr plötzlich viel zu eng, und sie kam sic h vor wie in einem Gefängnis. Ruhelos ging sie auf und ab. Das angekündigte Unwetter hatte die Küste von Norfolk erreicht. Regen schlug gegen die Scheiben, und die Fensterläden klapperten. Böen fuhren stöhnend in die Dachrinnen, und Mary hörte, wie sich knirschend ein Dachziegel löste.
    Sean war fort. Er war nach Hunstanton gefahren, um Neuma nn vom Zug abzuholen. Bruchstücke des Gesprächs, das sie am Morgen geführt hatten, hallten unablässig in ihrem Kopf wider wie die Melodiefetzen einer zerkratzten Schallplatte: U-Boot nach Frankreich... eine Weile in Berlin bleiben... in ein Drittland ausreisen... dann zurück nach Irland... komm nach, wenn der Krieg vorbei ist...
    Es war wie ein Alptraum. Als hätte sie ein fremdes Gespräch belauscht, als hätte sie es in einem Film gesehen oder in einem Buch gelesen. Der Gedanke kam ihr einfach lächerlich vor: Sean Dogherty, ein kleiner Farmer an der Küste von Norfolk und IRA-Sympathisant, wollte mit einem U-Boot nach Deutschland fliehen. Wahrscheinlich war das der logische Höhepunkt seiner Spionagetätigkeit. Sie war eine Närrin gewesen, daß sie gehofft hatte, nach dem Krieg werde schon wieder alles in Ordnung kommen. Sie hatte sich etwas vorgemacht. Sean würde fliehen und sie zurücklassen, und sie würde die Folgen ausbaden müssen. Was würde die Polizei tun? Sag ihnen einfach, daß du nichts davon gewußt hast, Mary... Und wenn die Polizei ihr nicht glaubte, was dann? Wie konnte sie hier im Dorf weiterleben, wenn alle wußten, daß Sean ein Spion gewesen war? Man würde sie aus der Gegend vertreiben. Man würde sie aus jedem englischen Dorf vertreiben, in dem sie sich niederlassen wollte. Sie würde Hampton Sands verlassen müssen. Sie würde Jenny Colville verlassen müssen. Sie würde nach Irland zurückkehren müssen, in das öde Dorf Carrickon-Shannon, dem sie vor dreißig Jahren entflohen war. Der Gedanke war ihr absolut zuwider, aber sie würde keine Wahl haben - nicht wenn alle erfuhren, daß Sean für die Deutschen spioniert hatte.
    Sie begann zu weinen. Zum Teufel mit dir, Sean Dogherty!
    dachte sie. Warum warst du so ein verdammter Idiot?
    Mary trat ans Fenster. Auf dem Weg, der ins Dorf führte, tanzte ein kleiner Lichtpunkt im Regen. Einen Augenblick später sah die den Widerschein nassen Ölzeugs und die schwachen Umrisse einer Gestalt auf einem Fahrrad, die, tief über die Lenkstange gebeugt, mit abgespreizten Ellenbogen gegen den Wind strampelte. Es war Jenny Colville. Am Tor stieg sie ab und schob das Fahrrad den Weg herauf. Mary öffnete ihr die Tür. Eine Windböe trieb einen Regenschwall herein. Mary zog Jenny ins Haus und nahm ihr den nassen Mantel und den Hut ab.
    »Mein Gott, Jenny, was machst du denn bei dem Wetter im Freien?«
    »Oh Mary, es ist wundervoll. So ein Sturm. Einfach herrlich.«
    »Du hast offensichtlich den Verstand verloren, mein Kind.
    Setz dich an den Kamin. Ich mache dir einen heißen Tee.«
    Jenny wärmte sich an dem Holzfeuer. »Wo ist James?« fragte sie.
    »Er ist nicht da«, rief Mary aus der Küche. »Er ist mit Sean unterwegs.«
    »Oh«, sagte Jenny. Mary hörte an ihrer Stimme, daß sie enttäuscht war. »Kommt er bald zurück?«

    Mary unterbrach ihre Tätigkeit und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie sah Jenny an und sagte: »Warum interessierst du dich plötzlich so für James?«
    »Ich wollte ihn nur besuchen. Hallo sagen. Ihm ein bißchen Gesellschaft leisten. Das ist alles.«
    »Das ist alles? Was ist bloß in dich gefahren, Jenny?«
    »Ich hab ihn einfach gern. Sehr sogar. Und er mag mich.«
    »Du magst ihn, und er mag dich? Wie kommst du denn darauf?«
    »Ich weiß es, Mary. Bitte glaube mir. Frag nicht, warum ich es weiß. Ich weiß es eben.«
    Mary packte sie fest bei den Schultern. »Hör mir gut zu, Jenny.« Sie schüttelte sie. »Hörst du mir zu?«
    »Ja, Mary. Du tust mir weh!«
    »Halt dich von ihm fern. Vergiß ihn.«
    Jenny begann zu weinen. »Ich kann ihn nicht vergessen, Mary. Ich liebe ihn. Und er liebt mich. Ich weiß, daß er mich liebt.«
    »Er liebt dich nicht, Jenny. Frag mich nicht, warum. Ich kann dir das jetzt nicht erklären, Liebes. Er ist ein netter Mann, aber er

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