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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Eine vierköpfige Familie, anständige Leute, alle ausgelöscht.«
    Eine Bombe schlug in der Nähe ein. Das Krankenhaus erzitterte. Eine verletzte Nonne bekreuzigte sich und betete mit den anderen das Vaterunser.
    »Mit Beten allein verscheuchen wir die deutsche Luftwaffe heute nacht nicht vom Himmel, Schwester.«
    »... Dein Reich komme. Dein Wille geschehe...«
    »Ich habe 1940 bei einem Luftangriff meine Frau verloren.

    Ich furchte, heute nacht habe ich meine einzige Tochter verloren.«
    »...wie im Himmel, also auch auf Erden...«
    »Was für ein Krieg, Schwester, was für ein Scheißkrieg.«
    »...wie auch wir vergeben unsern Schuldigern...«
    »Weißt du, Mervin, ich habe den Eindruck, Hitler mag uns nicht besonders.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen.«
    Gelächter erfüllte die Notaufnahme.
    Zehn Minuten später befand die Nonne, daß nun genug gebetet war, und das unvermeidliche Trinklied wurde angestimmt.
    »...Roll out the barrel...«
    Catherine schüttelte den Kopf.
    »... We'll have a barrel of fun...«
    Doch einen Augenblick später ertappte sie sich dabei, wie sie mitsang.
    Es war kurz nach acht am folgenden Morgen, als Catherine in ihre Wohnung zurückkehrte. Die Post war bereits da. Mrs. Hodges, ihre Vermieterin, hatte sie unter der Tür durchgeschoben. Catherine bückte sich, hob sie auf und warf drei Briefe sofort in den Mülleimer in der Küche. Sie brauchte sie nicht zu lesen, denn sie hatte sie selbst geschrieben und bei verschiedenen Postämtern in der Londoner Umgebung aufgegeben. Unter normalen Umständen würde Catherine keine privaten Briefe erhalten, denn sie hatte in Großbritannien weder Freunde noch Verwandte. Doch eine junge, attraktive und gebildete Frau, die niemals Post bekam, hätte sich verdächtig gemacht - und Mrs. Hodges hatte etwas von einer Schnüfflerin -, und so griff Catherine zu dieser List und sorgte dafür, daß regelmäßig Briefe und Karten bei ihr eintrafen.

    Sie ging ins Badezimmer und drehte die Hähne über der Wanne auf. Der Druck war schwach, und das Wasser rieselte nur in einem fadendünnen Strahl aus dem Hahn, aber wenigstens war es heute warm. Wegen der geringen Niederschläge im Sommer und Herbst war Wasser knapp, und die Regierung drohte, es ebenfalls zu rationieren. Es würde viele Minuten dauern, bis die Wanne voll war.
    Zum Zeitpunkt ihrer Anwerbung war Catherine eigentlich nicht in der Position gewesen, Forderungen zu stellen, aber dennoch hatte sie darauf bestanden, genug Geld zu bekommen, um angenehm leben zu können. Sie war in geräumigen Stadthäusern und auf riesigen Landgütern aufgewachsen - beide Eltern stammten aus der Oberschicht -, und den Krieg in einer schäbigen Pension zu verbringen und sich das Badezimmer mit fremden Leuten zu teilen, kam für sie nicht in Frage. Sie gab sich als Kriegswitwe aus einer gutbetuchten mittelständ ischen Familie aus, und so entsprach ihre Unterkunft perfekt ihrer Tarnung - eine bescheidene, aber komfortable Zweizimmerwohnung in einem viktorianischen Haus in Earl's Court.
    Das Wohnzimmer war gemütlich eingerichtet, wenngleich einem Fremden möglicherweise das völlige Fehlen persönlicher Gegenstände aufgefallen wäre. Keine Fotos und keine Erinnerungsstücke. Im Schlafzimmer stand ein bequemes Doppelbett. Die Küche war mit allen modernen Geräten ausgestattet, und das Badezimmer verfügte über eine große Wanne.
    Die Wohnung bot noch weitere Vorzüge, auf die eine normale alleinstehende Engländerin keinen Wert gelegt hätte. Sie befand sich im obersten Stockwerk, wo ihr tragbares AFU-Funkgerät weitgehend störungsfrei Nachrichten aus Hamburg empfangen konnte, und von dem Erkerfenster im Wohnzimmer aus konnte sie die ganze Straße überblicken.
    Sie ging in die Küche und setzte Teewasser auf. Die Arbeit im Freiwilligendienst war zeitraubend und anstrengend, aber wichtig für ihre Tarnung. Jeder machte sich im Krieg irge ndwie nützlich, und es hätte merkwürdig ausgesehen, wenn eine junge gesunde Frau ohne Familie dies nicht getan hätte. Eine Bewerbung in einer Munitionsfabrik wäre zu riskant gewesen - ihre Tarnung hätte einer genaueren Prüfung möglicherweise nicht standgehalten -, und eine Tätigkeit als Marinehelferin kam von vorn herein nicht in Frage. Der Freiwilligendienst für Frauen war die beste Lösung. Er brauchte immer neue Mitglieder. Catherine hatte sich im September 1940 bei der Organisation gemeldet und noch in derselben Nacht ihren Dienst angetreten. Im St. Thomas

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