Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
versorgte sie Verletzte, und bei Fliegeralarm verteilte sie in den Schutzräumen Bücher und Kekse. Nach außen hin war sie eine vorbildliche junge Engländerin, die ihre Pflicht erfüllte.
    Manchmal mußte sie darüber lachen.
    Der Wasserkessel pfiff. Sie kehrte in die Küche zurück und brühte Tee auf.
    Wie alle Londoner war sie inzwischen wild nach Tee und Zigaretten. Es schien, als ernähre sich das ganze Land von Koffein und Nikotin, und Catherine bildete da keine Ausnahme.
    Ihre Ration Milchpulver und Zucker hatte sie aufgebraucht, und so trank sie den Tee schwarz. In Momenten wie diesem sehnte sie sich nach dem starken, bitteren Kaffee, den sie von zu Hause kannte, und einem Stück Torte.
    Sie trank die Tasse leer und goß sich eine zweite ein. Am liebsten würde sie nach dem Bad ins Bett kriechen und vierundzwanzig Stunden durchschlafen, aber sie hatte noch zu tun und durfte ihrer Müdigkeit nicht nachgeben. Würde sie sich wie eine normale Frau in London bewegen, so wäre sie eine Stunde früher nach Hause gekommen. Sie wäre mit der U-Bahn quer durch die Stadt direkt nach Earl's Court gefahren. Aber sie bewegte sich in London nicht wie eine normale Frau. Sie hatte zunächst einen Zug genommen, dann einen Bus, ein Taxi und wieder einen Bus. Und sie war eine Haltestelle früher ausgestiegen und hatte den letzten halben Kilometer zu Fuß zurückgelegt, um sich zu vergewissern, daß ihr niemand folgte.
    Als sie endlich zu Hause ankam, war sie vom Regen klatschnaß, aber sie wußte, daß sie nicht beschattet wurde.
    So mancher Agent wäre nach sechs Jahren nachlässig geworden. Doch Catherine würde niemals nachlässig werden.
    Dies war einer der Gründe, warum sie überlebt hatte, während andere verhaftet und gehängt worden waren.
    Sie ging ins Badezimmer und zog sich vor dem Spiegel aus.
    Sie war groß und gut in Form. Vom jahrelangen Reiten und Jagen war sie kräftiger als die meisten Frauen und viele Männer.
    Ihre Schultern waren breit, ihre Arme glatt und fest wie bei einer Statue. Ihre Brüste waren rund und voll und perfekt geformt, ihr Bauch hart und flach. Wie beinahe jeder war sie schmaler als vor dem Krieg. Sie löste die Spange, mit der sie ihr Haar zu einem züchtigen Knoten aufgesteckt hatte, und es fiel herab bis auf ihre Schultern. Sie hatte eisblaue Augen - blau wie ein preußischer See, hatte ihr Vater immer gesagt -, und hohe, vorstehende Wangenknochen, die eher eine deutsche als eine englische Herkunft vermuten ließen. Ihre Nase war lang und hübsch, ihr Mund groß, mit sinnlichen Lippen.
    Alles in allem bist du immer noch eine sehr attraktive Frau, Catherine Blake.
    Sie stieg in die Wanne, und mit einem Mal fühlte sie sich sehr einsam. Vogel hatte sie vor der Einsamkeit gewarnt. Daß es aber so schlimm werden könnte, damit hatte sie nicht gerechnet.
    Manchmal war die Einsamkeit sogar noch schlimmer als die Angst, und dann dachte sie, daß es besser wäre, ganz allein auf einer einsamen Insel oder auf dem Gipfel eines Berges zu leben als unter Menschen, zu denen sie keinen Kontakt haben durfte.
    Seit dem Jungen in Holland hatte sie sich keinen Liebhaber mehr gestattet. Sie sehnte sich nach einem Mann, und sie sehnte sich nach Sex, aber sie konnte auch ohne beides leben. Sexuelles Verlangen konnte sie, wie alle ihre Gefühle, an-und ausknipsen wie einen Lichtschalter. Außerdem war es in ihrem Metier schwierig, mit einem Mann zusammenzusein. Männer pflegten den Kopf zu verlieren wegen ihr, und das letzte, was sie jetzt brauchen konnte, war ein liebeskranker Mann, der in ihrer Vergangenheit herumschnüffelte.
    Catherine stieg aus der Wanne. Sie kämmte rasch ihr nasses Haar und schlüpfte in ihr Kleid. Dann ging sie in die Küche und öffnete die Tür zur Speisekammer. Die Regalbretter waren leer.
    Auf dem obersten stand das tragbare Funkgerät. Sie trug es zum Fenster im Wohnzimmer, wo der Empfang am besten war, und schaltete es an.
    Das war ein weiterer Grund, warum sie nicht gefaßt worden war - Catherine benutzte ihr Funkgerät nie. Jede Woche zur gleichen Zeit stellte sie es lediglich für zehn Minuten auf Empfang. Wenn Berlin Befehle für sie hatte, dann wurden sie auf diesem Weg übermittelt.
    Seit fünf Jahren herrschte Funkstille.
    Nur ein einziges Mal war sie mit Berlin in Funkkontakt getreten, in jener Nacht, nachdem sie in Suffolk die Frau umgebracht und ihre neue Identität angenommen hatte. Beatrice Pymm... Sie dachte jetzt an diese Frau, ohne Reue. Catherine war Soldat,

Weitere Kostenlose Bücher