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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Spion landen?
    »Doch, doch«, sagte Vicary höflich und reichte der Wirtin den Teller. »Ich war wohl nur nicht so hungrig, wie ich dachte.«
    Wieder draußen, stellte Vicary den Kragen seines Regenmantels hoch und machte sich auf den Weg ins Büro.
    Aber ganz bestimmt kann ein einzelner Mann einen Krieg verlieren...
    Laub wehte über seinen Weg, als Vicary den Birdcage Walk entlanghastete. Es dämmerte bereits, und die Verdunkelungsvorhänge in den Fenstern, die auf den St. James's Park hinausgingen, schlossen sich wie Augenlider. Er stellte sich vor, wie Helen in einem der Fenster stand und ihn unten über den Bürgersteig eilen sah. Er gab sich dem abenteuerlichen Gedanken hin, daß er sich ihrer als würdig erweisen würde, wenn er den Fall löste, den Spion faßte und den Krieg gewann, und daß sie dann zu ihm zurückkehren würde.
    Seien Sie nicht dieser Mann...
    Da war noch etwas anderes, das Churchill gesagt hatte. Er hatte über das Wetter geschimpft. Merkwürdig, daß der Premierminister in seiner unterirdischen Festung über das Wetter schimpfte.
    Vicary eilte, ohne sich auszuweisen, an der Wache vor der MI5-Zentrale vorbei.

    »Irgendeine Idee, Alfred?« fragte Harry, als Vicary in sein Büro zurückkehrte.
    »Vielleicht. Wenn Sie auf die Schnelle einen Spion ins Land bringen müßten, Harry, welchen Weg würden Sie benutzen?«
    »Ich glaube, ich würde von Osten kommen - Kent, East Anglia, vielleicht sogar Ostschottland.«
    »Ganz meine Meinung.«
    »So?«
    »Wenn Sie rasch eine Operation in Gang setzen müßten, welches Transportmittel würden Sie nehmen?«
    »Das hängt davon ab.«
    »Nun machen Sie schon, Harry!«
    »Ich glaube, ich würde ein Flugzeug nehmen.«
    »Warum kein U-Boot - und den Spion in einem Schlauchboot absetzen?«
    »Weil ein kleines Flugzeug kurzfristig leichter zu bekommen ist als ein U-Boot.«
    »Richtig, Harry. Und was brauchen Sie, um einen Spion mit dem Flugzeug nach England zu bringen?«
    »Zunächst einmal gutes Wetter.«
    »Wieder richtig, Harry.«
    Vicary griff zum Telefonhörer und wartete, bis die Telefonistin sich meldete. »Hier spricht Commander Vicary.
    Verbinden Sie mich sofort mit dem Wetterdienst der Luftwaffe.«
    Einen Moment später meldete sich eine junge Frau: »Hallo?«
    »Vicary vom Kriegsministerium. Ich brauche Auskünfte über das Wetter.«
    »Ein Schmuddelwetter im Moment, finden Sie nicht auch?«
    »Ja, ja«, antwortete Vicary ungeduldig. »Wann wird es im Osten aufklaren?«

    »Wir erwarten, daß das augenblickliche Tief morgen nachmittag aufs Meer hinaus zieht.«
    »Und dann wird der Himmel klar?«
    »Kristallklar.«
    »Mist.«
    »Aber nur für kurze Zeit. Die nächste Schlechtwetterfront rückt schon heran. Sie zieht rasch in südöstlicher Richtung.« :,?
    »Wann ist sie da?«
    »Schwer zu sagen - wahrscheinlich in zwölf bis achtzehn Stunden.«
    »Und dann?«
    »Dann haben wir überall im Land wieder eine Woche lang Schmuddelwetter, abwechselnd Schnee und Regen.«
    »Vielen Dank.«
    Vicary legte den Hörer auf und wandte sich an Harry.
    »Wenn unsere Theorie stimmt, Harry, dann wird unser Agent morgen nacht versuchen, mit dem Fallschirm abzuspringen.«

13
    Hampton Sands, Norfolk

    Normalerweise brauchte Sean Dogherty für die Fahrt zum Strand mit dem Rad ungefähr fünf Minuten. An diesem späten Nachmittag maß er, nur um sich zu vergewissern, die Zeit. Er trat bewußt gemächlich in die Pedale und duckte den Kopf in den auffrischenden Seewind. Er wünschte, sein Fahrrad wäre in einem besseren Zustand. Es war ramponiert, wie so vieles in England zu jener Zeit, und hätte dringend einer Überholung bedurft. Es klapperte und quietschte bei jeder Pedalumdrehung.
    Die Kette hätte geölt werden müssen, doch Öl war knapp, und die Reifen waren so abgefahren und so häufig geflickt, daß Dogherty ebensogut auf den Felgen hätte fahren können.
    Gegen Mittag hatte der Regen aufgehört. Dicke, zerklüftete Wolken trieben über Doghertys Kopf wie Sperrballons, die an ihren Leinen zerrten. Hinter ihm stand die Sonne gleich einem Feuerball am Horizont, und die Marsch und die Hügel erglommen in einem zarten orangefarbenen Licht.
    Dogherty spürte eine heftige Erregung in seiner Brust aufsteigen. So hatte er sich seit jenem Tag zu Beginn des Krieges nicht mehr gefühlt, als er in London zum ersten Mal seinen Abwehr-Kontaktmann getroffen hatte.
    Die Straße endete in einem Kiefernhain am Fuß der Dünen.
    Ein verwittertes Schild warnte vor Minen am Strand.

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