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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Dogherty wußte wie jeder in Hampton Sands, daß es dort keine gab. Im Korb seines Fahrrads hatte er ein verschlossenes Glas mit einem Liter kostbaren Benzins mitgebracht. Er nahm das Glas heraus, schob das Fahrrad unter die Bäume und lehnte es sorgfältig gegen einen Stamm.
    Dogherty sah auf seine Uhr - genau fünf Minuten.

    Ein Fußpfad führte durch den Hain. Dogherty folgte ihm, Sand und Kiefernnadeln unter den Füßen, und ging weiter durch die Dünen. Das Tosen sich brechender Wellen erfüllte die Luft.
    Die Dünen öffneten sich zum Meer hin. Die Flut hatte vor zwei Stunden ihren Höchststand erreicht und ging nun rasch und deutlich zurück. Um Mitternacht, wenn der Absprung erfolgen sollte, würde ein breiter Streifen von hartem Sand das Wasser säumen, ideal für die Landung eines Agenten mit dem Fallschirm.
    Der Strand war leer. Dogherty kehrte in das Wäldchen zurück und sammelte genug Holz für drei kleine Signalfeuer. Der Wind kam aus Nordosten, ungefähr dreißig Kilometer pro Stunde.
    Dogherty schichtete das Holz im Abstand von zwanzig Metern zu Haufen auf, in einer geraden Linie zur Windrichtung.
    Es dämmerte. Dogherty öffnete das Glas und goß das Benzin über das Holz. Er sollte heute abend an seinem Funkgerät warten, bis aus Hamburg die Nachricht kam, daß die Maschine im Anflug war. Dann sollte er zum Strand fahren, die Signalfeuer entzünden und den Agenten in Empfang nehmen.
    Eine einfache Sache, wenn alles planmäßig verlief.
    Er ging über den Strand zurück. In dem Moment sah er im schwachen Licht Mary oben auf der Düne stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht.
    Er hatte letzte Nacht mit ihr gesprochen und ihr erzählt, daß die Abwehr ihn beauftragt hatte, einen Agenten aufzunehmen. Er hatte sie gebeten, das Dorf zu verlassen, bis alles vorüber war - sie hatten in London Freunde und Verwandte, bei denen sie wohnen konnte. Aber Mary hatte abgelehnt. Und seitdem hatte sie kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Sie polterten in grimmigem Schweigen durch das enge Cottage und würdigten sich gegenseitig keines Blickes, Mary knallte die Töpfe auf den Herd und zerbrach vor lauter Nervosität Teller und Tassen. Es war, als sei sie nur geblieben, um ihn mit ihrer Anwesenheit zu bestrafen.

    Als Dogherty oben auf der Düne ankam, war Mary verschwunden. Er folgte dem Pfad bis zu der Stelle, wo er sein Fahrrad abgestellt hatte. Mary hatte es mitgenommen. Dogherty dachte: Ein weiteres Scharmützel in unserem stillen Krieg. Er schlug den Kragen hoch und machte sich zu Fuß auf den Heimweg.
    Jenny Colville war zehn Jahre alt gewesen, als sie die Stelle entdeckte - eine kleine Senke in dem Kiefernhain, mehrere hundert Meter von der Straße entfernt und durch zwei große Felsen vor dem Wind geschützt. Ein ideales Versteck. Sie hatte sich eine primitive Feuerstelle gebaut, indem sie Steine im Kreis aufgeschichtet und einen kleinen Eisenrost darübergelegt hatte.
    Jetzt stapelte sie trockenes Dünengras, Kiefernnadeln und kleine dürre Äste aufeinander und hielt ein Streichholz daran. Sie blies sachte in den Haufen, und einen Augenblick später loderten die Flammen auf.
    Unter den Felsen hatte sie eine kleine Kiste versteckt und mit einer Schicht Kiefernnadeln bedeckt. Sie zog die Kiste hervor, öffnete den Deckel und nahm den Inhalt heraus - eine zerschlissene Decke, einen kleinen Metalltopf, einen angeschlagenen Emailbecher und eine Dose Tee. Jenny entfaltete die Decke neben dem Feuer und wärmte ihre Hände an den Flammen.
    Zwei Jahre zuvor hatte ein Dorfbewohner ihre Sachen entdeckt und daraus geschlossen, daß ein Landstreicher am Strand lebe, was Hampton Sands in den größten Tumult seit dem Brand in der St. John's Church im Jahr 1912 versetzte. Eine Zeitlang mußte Jenny wegbleiben. Doch die Aufregung legte sich bald, und Jenny hatte wieder in ihr Versteck zurückkehren können.
    Die Flammen erstarben, und zurück blieb eine Schicht aus roter Glut. Jenny füllte den Topf mit Wasser aus einer Feldflasche, die sie von zu Hause mitgebracht hatte, und setzte ihn auf den Eisenrost. Während sie wartete, bis das Wasser kochte, lauschte sie dem Rauschen des Meeres und des Windes, der durch die Kiefern strich.
    Wie immer übte dieser Platz eine magische Wirkung auf sie aus.
    Langsam vergaß sie ihre Probleme, ihren Vater.
    Heute nachmittag, als sie von der Schule gekommen war, hatte er am Küchentisch gesessen, betrunken. Sie wußte, bald würde er aggressiv,

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