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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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schriftlich haben wollte, hatte vorgeschlagen, ihm einen genauen Bericht zu schicken. Doch Boothby hatte auf ein persönliches Gespräch bestanden.
    Heute abend hatte Boothby offensichtlich noch einen Termin.
    Jedenfalls hatte er bei Vicarys Erscheinen etwas von ›den Amerikanern‹ gemurmelt, um zu erklären, warum er gerade seinen Abendanzug anlegte. Und jetzt versuchte er vergeblich, mit seiner dicken Pranke einen Manschettenknopf durch die gestärkte Manschette seines Hemdes zu befördern, eine lästige Angelegenheit, die ihm zu Hause ein Diener abnahm. Er unterbrach Vicary in seinem Bericht und rief seine hübsche Sekretärin herein, um sich helfen zu lassen.
    Das ließ Vicary einen Moment Zeit, die Neuigkeit zu verarbeiten, die ihm Harry mitgeteilt hatte. Es war Sir Basil, der Vogels Akte eingesehen hatte. Er versuchte, sich ihr erstes Gespräch ins Gedächtnis zu rufen. Wie hatte Boothby noch gesagt? Die Registratur dürfte etwas über ihn haben.
    Boothbys Sekretärin schlüpfte leise hinaus, und Vicary fuhr in seinem Bericht fort. Er ließ jeden Londoner Bahnhof von den sogenannten Watchers überwachen, die auf Observationen spezialisiert waren. Aber viel konnten diese Männer nicht tun, denn sie hatten keine Beschreibung von den Agenten, nach denen sie Ausschau halten sollten. Harry Dalton hatte eine Liste aller Plätze zusammengestellt, die deutsche Agenten in der Vergangenheit als Treffpunkte benutzt hatten. Vicary ließ so viele wie möglich beobachten.
    »Ich würde Ihnen ja mehr Männer geben, aber wir haben keine«, sagte Boothby. »Die Watchers schieben ohnehin doppelte und dreifache Schichten. Ihr Chef beklagt sich scho n bei mir, daß Sie seine Leute fertigmachen. Die Kälte bringt sie um. Die Hälfte liegt bereits mit einer Erkältung im Bett.«
    »Ich fühle mit den Watchers, Sir Basil. Ich setze sie so umsichtig wie möglich ein.«
    Boothby zündete sich eine Zigarette an und ging, an einem Gin mit Bitterlikör nippend, im Zimmer auf und ab. »Da draußen rennen drei deutsche Agenten frei herum. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie ernst die Lage ist. Wenn einer dieser Agenten versucht, Kontakt zu einem unserer Doppelagenten aufzunehmen, sitzen wir ganz schön in der Tinte. Der gesamte Double-Cross-Apparat ist in Gefahr.«
    »Ich glaube nicht, daß sie versuchen, zu anderen Agenten Kontakt aufzunehmen.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil Vogel sein eigenes Programm durchzieht. Meines Erachtens haben wir es hier mit einem separaten Agentennetz zu tun, von dem wir nie erfahren haben.«
    »Das ist nur eine Vermutung, Alfred. Wir müssen uns an die Fakten halten.«

    »Haben Sie schon Vogels Akte gelesen?« fragte Vicary so unbekümmert wie möglich.
    »Nein.«
    Du Lügner, dachte Vicary.
    »So wie sich die Affäre anläßt, hat Vogel ein Netz von Schläfern in Großbritannien, Agenten, die er schon vor Beginn des Krieges eingeschleust hat. Wenn ich raten müßte, würde ich sagen: Der Führungsagent operiert in London, der andere irgendwo draußen auf dem Land, wo er kurzfristig einen Agenten aufnehmen kann. Der Agent, der letzte Nacht angekommen ist, hat mit ziemlicher Sicherheit die Aufgabe, den Führungsagenten über seinen Auftrag zu unterrichten. Nach allem, was wir wissen, treffen sie sich jetzt, während wir hier miteinander sprechen. Und wir verlieren immer mehr Zeit.«
    »Interessant, Alfred, aber das alles beruht nur auf Vermutungen.«
    »Auf wohlbegründeten Vermutungen, Sir Basil. Aber solange uns klare, beweiskräftige Fakten fehlen, sind wir leider auf Vermutungen angewiesen.« Vicary zögerte, denn er ahnte, wie die Reaktion auf seinen nächsten Vorschlag ausfallen würde. »In der Zwischenzeit sollten wir uns einen Termin bei General Betts geben lassen, um ihn über die jüngste Entwicklung zu informieren.«
    Boothbys Gesicht verzog sich zu einer ärgerlichen Fratze.
    Brigadegeneral Thomas Betts war der stellvertretende Sicherheitschef im SHAEF. Betts, ein Kerl wie ein Bär, hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, dafür zu sorgen, daß von den mehreren hundert amerikanischen und britischen Offizieren, die das Geheimnis von Overlord kannten, keiner sein Wissen absichtlich oder unabsichtlich an den Feind weitergab.
    »Das wäre voreilig, Alfred.«
    »Voreilig, Sir Basil? Sie haben doch selbst gesagt, daß da draußen drei deutsche Spione frei herumlaufen.«

    »Ich muß gleich den Flur runter und dem Generaldirektor Bericht erstatten. Wenn ich ihm vorschlage, daß wir den Amerikanern

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