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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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ihrer hellgrünen Augen, daß er in einem kleinen Nebenraum auf sie warten solle. Sie kam Sekunden später nach, schloß die Tür und küßte ihn auf die Wange.
    »Hallo, Harry. Wie geht's?«
    »Gut, Grace. Schön, dich zu sehen.«
    Es hatte 1940 während eines nächtlichen Luftangriffs angefangen. Sie waren zusammen in die U-Bahn geflüchtet, und am Morgen, als Entwarnung gegeben wurde, nahm sie ihn mit in ihre Wohnung und in ihr Bett. Sie war auf eine unkonventionelle Art attraktiv und eine leidenschaftliche, hemmungslose Liebhaberin - eine angenehme und willkommene Abwechslung vom Streß im Büro. Grace wiederum sah in Harry einen netten, sympathischen Kerl, der ihr half, sich die Zeit zu vertreiben, bis ihr Mann aus dem Krieg zurückkam.
    Sie hätten den ganzen Krieg so weitermachen können. Doch nach drei Monaten wurde Harry plötzlich von Schuldgefühlen überwältigt. Das arme Schwein kämpft in Nordafrika um sein Leben, und ich schlafe hier in London mit seiner Frau. Er stürzte in eine tiefe Krise. Er war ein junger Mann. Vielleicht sollte er besser in der Armee dienen und sein Leben aufs Spiel setzen, anstatt in Großbritannien relativ harmlose Spione zu jagen. Er redete sich ein, daß die Arbeit beim MI5 für den Erfolg im Krieg unerläßlich, ja, unverzichtbar sei, doch die nagenden Zweifel blieben. Wie würde er sich auf dem Schlachtfeld verhalten? Würde er das Gewehr in die Hand nehmen und kämpfen? Oder würde er sich im Schützengraben verkriechen? Er sprach mit Grace am nächsten Abend über seine Gefühle und beendete die Affäre. Sie liebten sich ein letztes Mal, und ihre Küsse schmeckten salzig nach Tränen.
    Scheißkrieg, hatte sie damals immer wieder gesagt, dieser verfluchte, beschissene Krieg.
    »Du mußt mir einen Gefallen tun, Grace«, sagte Harry nun mit leiser Stimme.
    »Hör zu, Harry. Du rufst nicht an, du schreibst nicht, du bringst mir keine Blumen. Und dann platzt du hier herein und willst, daß ich dir einen Gefallen erweise.« Sie lächelte und küßte ihn noch einmal. »In Ordnung. Was soll ich für dich tun?«
    »Ich möchte wissen, wer eine bestimmte Akte eingesehen hat.«
    Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Komm, Harry, du weißt, daß ich dir die Liste nicht zeigen kann.«
    »Die Akte über einen Mann von der Abwehr namens Vogel - Kurt Vogel.«

    Ein wissender Ausdruck huschte über ihr Gesicht und verschwand dann wieder.
    »Grace, ich brauche dir nicht zu sagen, daß wir an einem sehr wichtigen Fall arbeiten.«
    »Ich weiß, daß ihr an einem wichtigen Fall arbeitet. Das ganze Haus spricht darüber.«
    »Als Vicary runterkam, um Vogels Akte zu holen, war sie weg. Er ging zu Jago, und zwei Minuten später hatte er das Ding in der Hand. Jago hat ihm eine Lügengeschichte aufgetischt, von wegen, sie sei verlegt worden.«
    Sie wühlte ärgerlich in den Akten auf ihrem Karren, nahm eine Handvoll heraus und stellte jede an ihren Platz im Regal.
    »Ich weiß alles darüber.«
    »Woher?«
    »Weil er es mir in die Schuhe geschoben hat. Er hat mir einen schriftlichen Verweis erteilt und meiner Personalakte beigefügt, der Scheißkerl.«
    »Wer?«
    »Jago!« zischte sie.
    »Warum?«
    »Um sich abzusichern, deshalb.«
    Wieder wühlte sie in den Akten. Harry streckte den Arm aus und faßte sie bei den Händen. »Grace, ich muß die Liste sehen.«
    »Aus der Liste wirst du nichts erfahren, Harry. Die Person, die die Akte vor Vicary hatte, hinterläßt keine Spur.«
    »Grace, bitte. Ich flehe dich an.«
    »Ich mag es, wenn du mich um etwas bittest, Harry.«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Warum kommst du nicht mal abends zum Essen, Harry.«
    Sie strich mit der Fingerspitze über Harrys Handrücken. Sie war schwarz vom Aktensortieren. »Du fehlst mir. Wir plaudern,

    lachen ein bißchen, mehr nicht.«
    »Ich würde gern, Grace.« Das war die Wahrheit. Er vermißte sie sehr.
    »Wenn du irgend jemandem sagst, woher du es weißt, dann gnade mir Gott...«
    »Es bleibt unter uns.«
    »Nicht einmal Vicary darf es erfahren«, beharrte sie.
    Harry legte die Hand auf sein Herz. »Nicht einmal Vicary.«
    Grace raffte wieder eine Handvoll Akten zusammen, dann sah sie ihn an. Mit ihren blutroten Lippen formte sie die Initialen BB.
    »Wie ist das möglich, daß Sie keinen einzigen Anhaltspunkt haben?« fragte Basil Boothby, als Vicary auf das weiche Polstersofa sank. Sir Basil wollte jeden Abend über den Fortgang der Ermittlungen informiert werden, und Vicary, der wußte, daß er normalerweise alles

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