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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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spärliche gelbe Lichtstrahl vermochte die Fahrbahn nicht zu erhellen.
    Neumann hatte das Gefühl, mit einem Streichholz in der Hand durch ein unbeleuchtetes fremdes Haus zu gehen. Sie fuhren durch verdunkelte Dörfer - Holme, Thornham, Titchwell.
    Nirgendwo brannte Licht, an Geschäften und Häusern waren die Fensterläden geschlossen, kein Anzeichen von Leben. Dogherty erzählte von seinem Tag, aber Neumann hörte nicht hin und dachte an die vergangene Nacht.
    Sie waren wie alle anderen in die U-Bahnstation gerannt und hatten auf dem naßkalten Bahnsteig drei Stunden lang auf Entwarnung gewartet. Sie schlief sogar eine Zeitlang und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Er fragte sich, ob dies das erste Mal seit Jahren war, daß sie sich sicher fühlte. Er betrachtete sie in der Dunkelheit. Sie war eine bemerkenswert schöne Frau, aber sie strahlte auch eine vage Traurigkeit aus, wie von einer tiefen Kränkung, die ihr ein liebloser Erwachsener in der Kindheit zugefügt hatte. Sie zuckte im Schlaf, offenbar von Träumen geplagt. Er berührte ihre üppigen braunen Locken, die ausgebreitet auf seiner Schulter lagen. Dann, als endlich Entwarnung gegeben wurde, erwachte sie wie alle Soldaten in Feindesland: Sie fuhr empor, riß die Augen weit auf und griff nach der nächstbesten Waffe. In ihrem Fall war es die Handtasche, die, wie er vermutete, eine Pistole oder ein Messer enthielt.
    Sie hatten bis zum Morgengrauen geredet. Das heißt, er hatte geredet, und sie hatte zugehört. Sie sprach nur, um ihn zu korrigieren, wenn er einen Fehler machte oder etwas sagte, das einer Äußerung widersprach, die er Stunden zuvor getan hatte.

    Sie verfügte offensichtlich über ein glänzendes Gedächtnis und konnte eine riesige Informationsmenge speichern. Kein Wunder, daß Vogel so große Stücke auf sie hielt.
    Ein grauer Morgen zog über London herauf, als Neumann aus ihrer Wohnung schlüpfte und wie ein Ehemann, der eben von der Geliebten kommt, davonschlich, verstohlene Blicke um sich werfend und auf den Gesichtern der Passanten nach Spuren von Argwohn suchend. Drei Stunden lang streifte er bei kaltem Nieselregen kreuz und quer durch London, änderte mehrmals abrupt die Richtung, nahm den Bus, stieg wieder aus und achtete auf Spiegelbilder in Schaufensterscheiben. Als er überzeugt war, daß er nicht verfolgt wurde, schlug er den Weg zum Bahnhof in der Liverpool Street ein.
    Im Zug bettete er den Kopf in seine Hände und versuchte zu schlafen. Lassen Sie sich nicht von ihr bezirzen, hatte ihn Vogel am letzten Tag auf dem Bauernhof augenzwinkernd gewarnt.
    Wahren Sie einen sicheren Abstand. Sie hat ihre dunklen Seiten, vor denen Sie sich hüten sollten.
    Neumann vergegenwärtigte sich noch einmal, wie sie in ihrer Wohnung gesessen und im fahlen Licht zugehört hatte, als er ihr von Peter Jordan erzählte und mitteilte, was von ihr erwartet wurde. Am meisten irritierte ihn ihre Schweigsamkeit, ihre Art, die Hände gefaltet in den Schoß zu legen und niemals, wie ihm schien, den Kopf und die Schultern zu bewegen. Nur ihr Blick wanderte durch den Raum, strich über sein Gesicht, glitt an seinem Körper hinauf und hinunter. Für einen Moment hatte er sich in der Vorstellung gefallen, daß sie ihn begehrte. Doch jetzt, als Hampton Sands im Dunst hinter ihnen verschwand und Doghertys Cottage in Sicht kam, gelangte er zu einer beunruhigenden Erkenntnis. Catherine hatte ihn nicht deshalb so angesehen, weil sie ihn attraktiv fand - sie hatte zu ergründen versucht, wie sie ihn, wenn nötig, am besten töten konnte.

    Neumann hatte ihr am Morgen, als er ging, den Brief gegeben. Sie hatte ihn beiseite gelegt, zu erschrocken, um ihn gleich zu lesen. Jetzt öffnete sie ihn mit zitternden Händen und las ihn, während sie im Bett lag.
    Meine liebste Anna, mit Erleichterung habe ich erfahren, daß Du wohlauf und in Sicherheit bist. Seit Du mich verlassen hast, ist alles Licht in meinem Leben erloschen, und jetzt bin ich an einem sehr finsteren Ort. Ich bete dafür, daß dieser Krieg bald vorüber ist und daß wir bald wieder Zusammensein können.
    Gute Nacht und träume was Schönes, mein Kleines. Dein Dich liebender Vater.
    Als sie den Brief gelesen hatte, trug sie ihn in die Küche, hielt ihn über die Gasflamme und warf ihn ins Spülbecken. Er loderte kurz auf, dann erstarben die Flammen. Sie drehte den Wasserhahn auf und spülte die schwarze Asche fort. Sie argwöhnte, daß es sich um eine Fälschung handelte - daß Vogel ihn geschrieben

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