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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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reichte ihm das Papier. Boothby blieb stehen, die Beine leicht gespreizt, wie um das Gleichgewicht besser zu halten. Er war in Eile, weil er noch aufs Land fahren wollte. Seine Sekretärin hatte ihm einen Aktenkoffer mit Lesestoff für das Wochenende und eine kleine Ledertasche mit persönlichen Dingen gepackt. Ein Mantel hing über seinen Schultern, die Ärmel baumelten an den Seiten herab. »Es wäre ein Pflichtversäumnis, die Angelege nheit länger zu verschweigen, Sir Basil.«
    Boothby las noch. Vicary merkte es daran, daß er die Lippen bewegte. Boothby schielte so heftig, daß seine Augen nahezu unter den buschigen Augenbrauen verschwanden. Er tat gerne so, als könne er noch ausgezeichnet sehen, und setzte vor Mitarbeitern nie seine Lesebrille auf.
    »Ich dachte, wir hätten das bereits geklärt, Alfred«, sagte Boothby und wedelte mit dem Papier in der Luft. War ein Problem besprochen, sollte es nie wieder aufs Tapet gebracht werden - das war einer seiner vielen privaten und beruflichen Grundsätze. Er geriet leicht aus der Fassung, wenn Untergebene Themen anschnitten, die bereits abgehandelt waren. Sorgfaltiges Abwägen und nachträgliche Kritik, das war etwas für Kleingeister. Sir Basil liebte schnelle Entscheidungen über alles.
    Vicary warf einen Blick auf seinen Schreibtisch. Er blitzte vor Sauberkeit, und es lagen keine Akten und Papiere darauf-bezeichnend für seinen Führungsstil.
    »Ja, wir haben bereits darüber diskutiert, Sir Basil«, sagte Vicary geduldig, »aber die Lage hat sich geändert. Wie es scheint, ist es ihnen gelungen, einen Agenten ins Land zu schleusen, und dieser Agent hat sich mit einem anderen Agenten getroffen. Wie es scheint, ist ihre Operation - worum es dabei auch gehen mag - jetzt angelaufen. Wenn wir diese Neuigkeit für uns behalten, statt sie weiterzugeben, beschwören wir eine Katastrophe herauf.«
    »Unsinn«, bellte Boothby.
    »Warum ist das Unsinn?«
    »Weil dieses Department den Amerikanern und dem Premierminister nicht offiziell mitteilen wird, daß es unfähig ist, seine Arbeit zu tun. Daß es unfähig ist, die Gefahr abzuwenden, die den Invasionsplänen von deutschen Spionen droht.«
    »Das ist doch kein triftiger Grund, die Information zu verschweigen.«
    »Es ist ein triftiger Grund, Alfred, wenn ich sage, daß es ein triftiger Grund ist.«
    Diskussionen mit Boothby drehten sich häufig im Kreis: seichte Gegenargumente, Bluff und Ablenkungsmanöver, Rechthaberei. Vicary verschränkte die Hände unter dem Kinn und tat so, als betrachte er das Muster auf Boothbys kostbarem Teppich. Es war still im Raum, nur die Fußbodendielen knarrten unter Sir Basils Muskelmasse.
    »Sind Sie bereit, meinen Bericht an den Generaldirektor weiterzuleiten?« fragte Vicary, wobei er einen drohenden Unterton in der Stimme tunlichst vermied.
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Dann werde ich selbst zum Generaldirektor gehen.«
    Boothby beugte sich tief zu Vicary herab. Vicary, der auf dem niedrigen Sofa saß, konnte Gin und Zigaretten in seinem Atem riechen.
    »Und ich werde Sie zerquetschen, Alfred.«
    »Sir Basil...«
    »Ich will Ihnen mal erklären, wie die Dinge hier gehandhabt werden. Sie berichten mir, und ich berichte dem Generaldirektor. Sie haben mir jetzt berichtet, und ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keine Veranlassung, die Angelegenheit dem Generaldirektor vorzutragen.«
    »Es gibt noch eine weitere Möglichkeit.«
    Boothbys Kopf schnellte zurück, als habe ihn ein Faustschlag getroffen. Er gewann umgehend seine Fassung wieder und schob zornig das Kinn vor. »Ich werde dem Premierminister nicht berichten, Alfred. Aber wenn Sie das Department übergehen und persönlich mit Churchill sprechen, sorge ich dafür, daß Sie vor den Disziplinarausschuß kommen. Wenn der Ausschuß mit Ihnen fertig ist, wird man Ihre Zahnarztunterlagen brauchen, um Ihre Überreste zu identifizieren.«
    »Das ist absolut unfair.«
    »Ach ja? Seit Sie den Fall bearbeiten, erleben wir ein Fiasko nach dem anderen. Mein Gott, Alfred, in unserem Land tummeln sich bald so viele deutsche Spione, daß sie einen Rugby-Club gründen können.«
    Vicary ließ sich nicht einschüchtern. »Wenn Sie meinen Bericht dem Generaldirektor nicht vorlegen, dann möchte ich in der offiziellen Akte des Falles festgehalten wissen, daß ich Ihnen heute dazu geraten habe und daß Sie meinen Vorschlag abgelehnt haben.«
    Ein kurzes Lächeln zuckte um Boothbys Mundwinkel. Er hatte Verständnis dafür, wenn sich jemand absichern

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