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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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gemalt. Die Leute, mit denen ich gesprochen habe, sagten, daß sie fast jeden Tag gemalt hat. Sie hat morgens das Haus verlassen und irgendwo in der Umgebung gemalt. Ein Kriminalbeamter aus Ipswich hat mir ein paar von ihren Bildern gezeigt. Landschaftsdarstellungen, wirklich sehr hübsch.«
    Vicary hob die Augenbrauen. »Ich wußte gar nicht, daß Sie einen Sinn für Kunst haben, Harry.«
    »Sie glauben wohl, daß Jungs aus Battersea schöne Dinge nicht zu schätzen wissen. Sie müssen wissen, daß mich meine selige Mutter regelmäßig in die National Gallery geschleppt hat.«
    »Entschuldigen Sie, Harry. Fahren Sie bitte fort.«
    »Beatrice besaß kein Auto. Sie fuhr mit dem Fahrrad, ging zu Fuß oder nahm den Bus. Oft malte sie zu lange, besonders im Sommer, wenn das Licht gut war, und verpaßte dann den letzten Bus nach Hause. Nach Auskunft ihrer Nachbarn kam sie oft spät in der Nacht zu Fuß nach Hause, ihre Malutensilien unterm Arm. Sie sagen, daß sie die Nacht manchmal an den unmöglichsten Plätzen verbrachte, nur um den Sonnenaufgang einzufangen.«
    »Was, glauben Sie, ist ihr zugestoßen?«
    »Nach dem amtlichen Bericht ist sie bei einem Unfall ertrunken. Ihre Sachen wurden am Ufer des Orwell gefunden, darunter auch eine leere Weinflasche. Die Polizei vermutet, daß sie etwas zuviel getrunken hat und dann ins Wasser gestürzt ist.
    Eine Leiche wurde nicht gefunden. Man hat eine Zeitlang ermittelt, aber nichts in Erfahrung gebracht, was eine andere Theorie stützen würde. Der Fall wurde abgeschlossen. Tod durch Ertrinken nach einem Unfall.«
    »Klingt alles sehr plausibel.«
    »Gewiß, so könnte es gewesen sein. Aber ich habe meine Zweifel. Beatrice Pymm kannte die Gegend sehr gut. Warum sollte sie ausgerechnet an diesem Tag zuviel trinken und in den Fluß fallen?«
    »Theorie Nummer zwei?«
    »Theorie Nummer zwei lautet wie folgt: Unsere Spionin liest sie nach Einbruch der Dunkelheit auf, bringt sie um und lädt ihre Leiche auf einen Lieferwagen. Sie legt Beatrice Pymms Sachen ans Flußufer, um einen Unfall vorzutäuschen. In Wirklichkeit jedoch schafft sie die Leiche fort, verstümmelt sie und verscharrt sie bei Whitchurch.«

    Sie betraten Vicarys Büro und nahmen Platz, Vicary hinter dem Schreibtisch, Harry ihm gegenüber. Harry lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Tisch.
    »Ist das nur eine Vermutung, oder stützt sich Ihre Theorie auf irgendwelche Fakten?«
    »Halb und halb, aber alles paßt zur Ihrer Spekulation, daß Beatrice Pymm ermordet wurde, um zu verbergen, daß eine Spionin ins Land geschleust worden war.«
    »Lassen Sie hören.«
    »Ich beginne bei der Leiche. Sie wurde im August 1939 entdeckt. Ich habe mit dem Pathologen vom Innenministerium gesprochen, der die Autopsie vorgenommen hat. Aus dem Grad der Verwesung schließt er, daß sie sechs bis neun Monate in der Erde gelegen hat. Zeitlich würde das mit dem Mord an Beatrice Pymm übereinstimmen. Die Gesichtsknochen sind fast vollständig zerschmettert. Zähne, die man mit Zahnarztunterlagen vergleic hen könnte, wurden nicht gefunden. Fingerabdrücke konnte man ihr nicht abnehmen, da die Hände schon zu stark verwest waren. Der Pathologe wollte sich auf keine Todesursache festlegen. Er hat jedoch etwas Interessantes entdeckt - eine Kerbe an der untersten Rippe links. Die Kerbe könnte von einem Stich in die Brust herrühren.«
    »Sie sagen, daß die Mörderin einen Lieferwagen benutzt haben könnte. Gibt es dafür einen Beweis?«
    »Ich habe die örtlichen Polizeikräfte um alle Berichte über Straftaten oder ungewöhnliche Zwischenfalle gebeten, die sich in der fraglichen Nacht in der Gegend um Whitchurch ereignet haben. Tatsächlich ist in der Nacht bei einem Dorf namens Alderton ein verlassener Lieferwagen in Brand gesteckt worden.
    Die Polizei hat die Zulassungsnummer überprüft.«
    »Und?«
    »Er war zwei Tage zuvor in London gestohlen worden.«

    Vicary stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Das heißt, unsere Spionin steht irgendwo in der Einöde am Straßenrand. Wohin geht sie jetzt? Was tut sie?«
    »Nehmen wir an, sie kehrt nach London zurück. Sie fährt per Anhalter, oder sie geht zu Fuß zum nächsten Bahnhof und nimmt den erstbesten Zug nach London.«
    »Zu riskant«, sagte Vicary. »Eine Frau spät in der Nacht allein draußen auf dem Land, das wäre sehr ungewöhnlich.
    Außerdem haben wir November, es ist also kalt. Sie könnte der Polizei auffallen. Der Mord an Beatrice Pymm ist

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