Down Under - Reise durch Australien
ein Korallenriff vorgelagert, das auch als Little Barrier Reef bezeichnet wird und Taucher magisch anzieht. Als Sandy und ich an dem Tag am Strand lagen und uns sonnten, hatten wir noch eine Begegnung der besonderen Art. Mit einem Mal bemerkte ich aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung unter dem Sand, genau zwischen Sandy und mir.
»Beweg dich nicht!«, rief ich leise hinüber.
Ganz langsam richteten wir uns auf und starrten auf die längliche Erhebung zwischen uns, in die auf einmal Leben kam. Erst sah es aus wie ein langes sandiges Fragezeichen, dann plötzlich teilte sich der Sand, und eine Schlange erschien! Wie erstarrt fixierten wir das Tier, das wir wahrscheinlich mit der Wahl unseres Sonnenplatzes beim Mittagsschlaf gestört hatten.
»Bleib sitzen!«, flüsterte Sandy mir zu. Ich nickte nur. Hektische Bewegungen wären mit Sicherheit nicht zu empfehlen. Langsam schälte sich ein etwa ein Meter langes Exemplar einer exotischen Schlange heraus. Gelber Kopf, schwarz-grün geringelter Körper. Mit angehaltenem Atem beobachteten wir, wie sich das Tier genau zwischen unseren Beinen seinen Weg suchte und Gott sei Dank einige Meter weiter wieder im Sand einbuddelte. Vorsichtig erhoben wir uns, suchten unsere paar Sachen zusammen, wobei wir unablässig den Boden fixierten, und entfernten uns schließlich behutsam vom Ort unserer unheimlichen Begegnung. Ein Mann mit einem kleinen Jungen an der Hand kam uns entgegen, und wir sprachen ihn an, damit sie sich nicht ausgerechnet an der Stelle niederließen, wo unsere Freundin wartete.
»Eine Schlange?«, fragte der Mann und hob verwundert die Brauen. »Hier am Strand? Wie sah sie aus?«
»Schwarz-grün mit gelbem Kopf«, sagte Sandy.
»Au Mann, die ist giftig!« Der Herr dankte uns und wanderte mit seinem Sohn in die entgegengesetzte Richtung. Sandy und ich sahen uns an und dachten beide das Gleiche.
Die war giftig!
Nächster Halt war Exmouth. Hier blieben wir eine ganze Woche, weil Christel unbedingt einen Tauchkurs machen wollte. Es ließ sich aber auch wirklich aushalten, mal eine Woche an einem Ort zu bleiben und einfach nur zu faulenzen. Die ganze Westküste ist für einen Strandurlaub wie geschaffen. Kaum besiedelt, herrliche Strände, Dünen, Riffe für Taucher, eben ein lang gestrecktes Paradies. Wir unternahmen viel mit den anderen, machten endlose Strandspaziergänge, gingen schnorcheln, schwimmen und fischen.
Jetzt nicht neidisch werden! Steht vom Sofa auf, marschiert ins nächste Reisebüro, und auf geht’s! Aber vielleicht sollte ich euch noch erzählen, dass eine Tour mit einer Gruppe von Leuten auch andere Seiten haben kann.
Durch Christels Tauchkurs hatten wir doch eine Menge Zeit verloren, und insbesondere Andy wollte sie wieder aufholen, indem er die letzte Strecke bis nach Broome teilweise kriminell fuhr. Jeder weiß, dass man nicht nachts fahren sollte. Und wenn man es tut, dann mit höchstens fünfzig Stundenkilometern. Fährt man schneller, ist es nahezu unmöglich, ein plötzlich in den Lichtkegel hopsendes Känguru wahrzunehmen und rechtzeitig zu bremsen. Der letzte Tag unserer Tour nach Broome war längst in die Nacht übergegangen, und wir fuhren immer noch, weil die Jungs sich in den Kopf gesetzt hatten, diese Etappe durchzufahren. Andy fuhr mit mehr als hundert Stundenkilometern, was unverantwortlich war. Die Stimmung im Wagen wurde immer aggressiver, weil er nicht im Geringsten bereit war, seinen Fahrstil zu ändern. Hier kam Andys wahrer Charakter durch. In solchen Augenblicken, in denen man von anderen abhängig und ihnen ausgeliefert ist und wütend und hilflos registrieren muss, dass man sich in ihnen getäuscht hat, gewinnt man einiges an Menschenkenntnis hinzu.
Es kam, wie es kommen musste. Andy erwischte ein Känguru. Wir schrien und brüllten ihn an, aber es schien ihn gar nicht zu berühren. Mit Tränen in den Augen hoben wir das Tier von der Straße und setzten unseren weiteren Weg in eisigem Schweigen fort. Sandy und ich wollten nichts wie raus aus diesem Auto, und als wir nach scheinbar unendlicher Fahrt in Broome angekommen waren, trennten wir uns sofort von Andy und John, obwohl die beiden anboten, uns weiter bis nach Darwin mitzunehmen. Niemals hätten wir uns jetzt noch darauf eingelassen.
Nun waren wir also in Broome. Wir checkten in irgendeinem Backpacker ein und fielen nach der Anspannung der Höllenfahrt wie tot in unsere Betten. Ich war froh, dass wir uns ab jetzt wieder nur auf uns selbst zu verlassen
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