Down Under - Reise durch Australien
nutzen zu wollen. Als aber auch nach dem dritten Song noch immer keiner Anstalten machte, die verwaiste Tanzfläche endlich dafür zu benutzen, wofür sie gedacht war und uns Mark immer wieder aufmunternd zugenickt hatte, verständigte ich mich kurz mit Sandy, und wir suchten uns zwei Opfer aus. Ich steuerte kurzerhand auf einen Typen zu, der mir wegen seines schelmischen Gesichtsausdrucks schon vorher aufgefallen war und zupfte ihn am Ärmel.
»Hi! Ich bin Gina!«, schrie ich ihm ins Ohr. »Tanzt du mit mir?«
»Hi«, antwortete der verdutzte junge Mann, was ich aber nur an seinen Lippen ablesen konnte, da er sich nicht gleich traute, auch mir ins Ohr zu pusten. Er sagte noch etwas, aber ich verstand ihn nicht, also zog ich ihn zu mir heran und deutete auf mein Ohr.
»Ich bin Paul«, schrie er zurück. »Aber da ist doch niemand auf der Tanzfläche!«
»Eben!«, brüllte ich und zog ihn mit mir. »Das ändern wir jetzt!«
Und gemeinsam mit Sandy und dem von ihr aufgegabelten, ebenfalls recht unwilligen Kerl strebten wir zur Tanzfläche und damit ins Rampenlicht des ganzen Klubs. Und dann ging die Post ab. Kaum eine Minute verging, und schon hatte man kaum noch genug Platz, um sich zu bewegen. Ich versuchte, in dem ganzen Gewimmel einen Blick auf Mark zu erhaschen, der auf der Bühne mit seiner Band alles gab. Er lachte mir zu, hob den Daumen und verspielte sich dabei, was aber niemand merkte bei dem Krach. Wir hatten es geschafft. Die Stimmung konnte nicht besser sein. Die Jungs der Band verausgabten sich völlig, machten kaum eine Pause, und der Umsatz im Nippon musste gewaltig sein.
Gegen drei Uhr morgens war die Show zu Ende. Langsam leerte sich die Bar, und Sandy und ich tranken eine letzte Cola an einem der jetzt verwaisten Tische. Nachdem die Jungs ihre Instrumente verstaut hatten und die Bühne aufgeräumt war, kamen sie an unseren Tisch.
»Danke«, sagte Mark und lächelte mit müden Augen. »Ohne euch wäre es nur halb so gut geworden. Habt ihr Lust, in unserem Hotel noch etwas mit uns zu trinken?«
Würdet ihr als junge Frau im Alter von neunzehn Jahren eine Einladung gut aussehender berühmter Musiker ablehnen? Nein. Das taten wir auch nicht, sondern gingen nicht nur mit in das Hotel der Band, sondern landeten gleich in einem ihrer Zimmer, da die Hotelbar längst geschlossen hatte. Doch aus einer heißen Nacht mit den Stars wurde nichts, denn die Jungs waren von ihrem viele Stunden dauernden Auftritt dermaßen fertig, dass sie sich zwar noch ein Weilchen mit immer müderen Stimmen mit uns unterhielten, dann schloss aber tatsächlich einer nach dem anderen seine glasigen Augen, sackte in sich zusammen und schlummerte ein. Das war’s.
Na ja, zumindest wussten wir jetzt, was wirklich an den ganzen Storys über Stars und Groupies dran war. Leise öffneten wir die Tür des Hotelzimmers der kernigen Jungs und verschwanden aus dem Leben von Skank.
Am nächsten Abend konnten wir dank des Einsatzes von Jeremy im Tokyo Joes als Bedienung anfangen. Die Bars in Broome hängen alle zusammen, wahrscheinlich gehören sie nur einer Person, denn die Angestellten werden je nach Bedarf in diesem oder in jenem Klub eingesetzt. Die erste Zeit im Tokyo Joes wurden wir vom Barkeeper Dave in die Arbeit hinter der Theke eingewiesen. Wir trugen die obligatorischen T-Shirts mit dem Aufdruck des nightclubs , damit wir als Angestellte erkennbar waren. Dann ging es ans Mixen diverser Getränke, die zwar verschiedene Namen hatten, aber letztendlich alle etwas mit Rum oder Whisky zu tun hatten. Wir lernten die gebräuchlichen Abkürzungen für die Drinks, denn wenn im Klub erst mal die Post abging und die Lautstärke über hundert Dezibel lag, hielt sich niemand mehr lange mit umständlichen Cocktailnamen auf, sondern brüllte zum Beispiel einfach nur » CC -Dry!« über die Theke. CC bedeutet Candian Club und ist bedeutender Inhaltsfaktor der meisten Getränke. In einer hoch frequentierten Bar gibt es für die am besten gehenden Getränke keine Flaschen, sondern Zapfschläuche wie an der Tankstelle. Bier, Cola, Wasser, Soda und Limo zapft man also mit der Pistole und mixt nur noch das Hochprozentige dazu. Je später der Abend, desto leichter wird das Verkaufen, denn die Leute sind angeheitert und haben meistens ihr Geld schon ausgegeben, sodass sich die Wahl der Getränke auf die billigen und einfachen beschränkt.
Mädchen als Barkeeper haben es nicht immer leicht. Ständig spricht einen jemand dumm an oder versucht sogar
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