Down
weiter nach Decken Ausschau. Wer hatte dieses verdammte Flugzeug beladen? »Möglicherweise leben in der Gegend wilde Bären.«
»Klingt nach einem ziemlich durchgeknallten Exemplar.«
»Vielleicht kommt er gerade von einer wilden Party zurück.« Sie sah ihn in der Dunkelheit liegen und die Art und Weise, wie seine Beine verdreht waren, wirkte alles andere als gesund. Sie griff nach unten, um sie zu richten. Gelähmt aufzuwachen, war schlimm genug. Sie wollte nicht riskieren, dass ihm aufgrund schlechter Durchblutung oder etwas Ähnlichem eine Amputation drohte. »Shannon Gardner. Rolling Stone. «
»Ich weiß. Kevin Shaw, Göttergatte und Gitarrensklave.«
Ein weiteres Brüllen. Ihr erster Eindruck war, dass es aus geringerer Entfernung kam, aber sie konnte es nicht beschwören. »Am besten sind wir ganz leise.«
»Meinen Sie, das Biest kommt hier rein?«
Noch einmal musterte sie das Loch in der Kabinenseite und überlegte. »Wenn es wirklich ein Bär ist, halte ich es für eher unwahrscheinlich.«
»Und wenn nicht?«
»Dann hoffe ich, dass die Antwort auf Ihre Frage trotzdem Nein lautet. Wir werden sehen. Ruhig jetzt.«
Er nickte und sie sah, wie er sich abmühte, ebenfalls durch die Öffnung zu spähen. Einen Augenblick lang dachte sie darüber nach, ihm zu helfen, doch dann hörte sie ein Geräusch hinter sich, das ihre Aufmerksamkeit wie eine eiskalte Hand umklammerte.
Etwas strich an der Außenseite des Rumpfes entlang. Zuerst glaubte sie, sie hätte es sich nur eingebildet. Sie stellte sich Strohbesen auf Betonböden vor, ein einziges langes Fegen über die gesamte Länge eines riesigen Saals. Der Klang wies eine Ähnlichkeit damit auf – ein leises Zischen, gerade laut genug, um es neben den Atemgeräuschen wahrzunehmen. Sie verfolgte das Geräusch mit den Augen, während es sich von der verwüsteten Vorderseite der Kabine bis zum Heck entlangarbeitete. Als es sich dem hinteren Teil näherte, mischte sich ein tiefes, drohendes Knurren darunter. Ihre Augen schienen den Riss in der Seitenwand der Kabine regelrecht zu hypnotisieren.
Bitte sei ein Bär!, dachte sie. Ein zahmer Bär, der gar keine Lust verspürt, uns todlangweiligen Menschen hier drinnen einen Besuch abzustatten.
Neben ihr atmete Kevin hörbar schneller. Eine seiner Hände krallte sich um ihren Unterarm. Sie zuckte zusammen.
»Hören Sie!«, flüsterte er.
»Ja, ich höre es.«
»Nein, ich meine, hören Sie mir zu. Es gibt, äh … es gibt ein paar Dinge, die ich getan habe, und schauen Sie … falls etwas … Ich kann das nicht einfach für mich behalten. Nicht, wenn …«
»Wir sind hier nicht bei der Beichte. Halten Sie den Mund!«
Er gehorchte, aber sein Arm klammerte sich fest an ihren. Ohne nachzudenken, legte sie eine Hand auf sein Knie und drückte es, in der Hoffnung, ihn so ein wenig beruhigen zu können.
Das Geräusch draußen verstummte. Es war fast am Heck angelangt und löste sich dann quasi in Luft auf. Das Knurren hielt noch ein paar Sekunden an. Shannon behielt unwillkürlich die Stelle im Auge, von der es ausging, und hielt den Atem an. Im Geist ging sie verschiedene Alternativen durch und hasste jede einzelne davon. Sie hätte sich gerne eingeredet, dass harmlose Neugier den Bären – oder worum auch immer es sich handelte – angelockt hatte, aber das Brüllen strafte sie Lügen.
Das Zischen setzte wieder ein und bewegte sich direkt auf sie zu. Und wenn es doch nur Meister Petz war, der aus seinem Bau gekommen war, um dieses riesige, vom Himmel gefallene Objekt zu inspizieren? Er würde nur kurz nach dem Rechten schauen und sich trollen, sobald seine Neugier befriedigt war.
Langsam bahnte sich das Etwas im Freien erneut seinen Weg am Rumpf entlang. Wäre das Knurren nicht gewesen, das wie ein lang gezogenes, raues Atmen klang, hätte sie sich mit der Erklärung abgefunden, dass es sich um ein harmloses Tier handelte, das an der Hülle schnupperte wie ein Hund bei seinem Morgenspaziergang. Ich erkunde bloß meine kleine Welt, lasst euch von mir nicht stören.
Schließlich erklang das Geräusch direkt neben ihnen. Sie hatte es die ganze Strecke bis zur verzogenen Metallbarriere verfolgt. Mit angehaltenem Atem wartete sie, was als Nächstes passierte. Ein Teil von ihr machte sich Sorgen um Greg und um Curtis’ Leiche, doch wegen der akuten Bedrohung hielten sich diese Sorgen in engen Grenzen.
Die Welt schien stillzustehen. In der verwüsteten Kabine fühlte sich die Luft stickig und fast körperlich
Weitere Kostenlose Bücher