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Down

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Titel: Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Southard
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Greg mitten ins Gesicht zu schauen. Der Bassist sah ihn ungläubig an, als hätte man ihm gerade eröffnet, dass er den Tag mit der Ermordung von Hundewelpen zubringen müsse. Potter spendierte ihm das dezenteste Achselzucken, zu dem er in der Lage war. »Tut mir leid. Es ist nur … Es sind noch einige wichtige Sachen zu erledigen, okay? Sobald Zeit dafür ist, werd ich dich befreien.«
    »Na, das beruhigt mich ungemein.«
    »Sorry. Mehr kann ich im Moment nicht tun.«
    »Schon gut. Hast du ein Feuerzeug?«
    »Was?«
    »Ich hab meine Kippen in der Tasche. Nur kein Feuerzeug. Du?«
    »Ach so. Klar.« Er wühlte in seinen Taschen, bis er das Bic gefunden hatte, das er dort aufbewahrte. Er hielt es in die Luft. Einen Moment lang erwog er, über Curtis’ Leiche zu klettern, um es Greg zu geben, verwarf den Gedanken aber sofort. Stattdessen schleuderte er das Feuerzeug durch die Luft. Greg fing es lässig auf.
    »Nicht schlecht.«
    »Ja«, erwiderte Greg. »Ich hätte Basketballer werden sollen.«
    »Dann verschaff ich mir mal einen Eindruck, wie die Lage im Cockpit ist. Bis später.« Er drehte sich um und ging, bevor Greg etwas erwidern konnte. Er hatte bereits zu viel Zeit verschwendet. Wie lange mochte der Absturz her sein? Vermutlich schon eine mittlere Ewigkeit.
    Als er die Pilotenkanzel erreichte, die immer noch mit der Sektion der Maschine verbunden war, in der Greg eingeklemmt und Curtis tot lagen, fühlte Potter, wie sein Optimismus zu schwinden begann. Mehrere Äste hatten die Scheiben durchbohrt und ihm fehlte die Fantasie, sich vorzustellen, wie jemand so eine schwere Beschädigung überleben konnte. Trotzdem musste er sich vergewissern. Er bewegte sich um das Cockpit herum, bis er auf eine Frontscheibe stieß, die nicht den Kiefern zum Opfer gefallen war. Er drückte sein Gesicht so dicht wie möglich an die Scheibe.
    Zunächst nahm er nichts als Finsternis wahr. Schatten verschluckten das Innere. Er sah genauer hin, schirmte sein Gesicht mit den Händen ab und wartete, bis seine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Nach und nach enthüllten sich Details. Potter schauderte und wünschte sich, der Anblick wäre ihm erspart geblieben.
    Beide Piloten waren tot. Einer der Äste hatte den Kopiloten durchbohrt, das Holz ragte direkt über dem Herz aus seiner Brust. Er war blutüberströmt und sein Kopf hing schlaff herab wie bei einer Stoffpuppe. Neben ihm war sein Kollege vornübergesackt, das Gesicht vom Steuerpult verdeckt. Sein Rücken bog sich in einem grotesken Winkel, wahrscheinlich hatte ihm das Steuerhorn das Rückgrat gebrochen. Potter streckte sich, um besser sehen zu können, und bemerkte eine Blutlache und eine baumelnde Schlaufe aus Eingeweiden unter dem Piloten. Das Steuer hatte weitaus mehr bewirkt, als dem Mann nur die Wirbelsäule zu brechen.
    Ein Stich, entweder Trauer oder Mitgefühl, durchfuhr Potter, doch er verschwand ebenso schnell wieder. Diese zwei Männer hatten das Flugzeug überhaupt erst zum Absturz gebracht. Es spielte für ihn keine Rolle, ob menschliches Versagen oder ein technischer Defekt dahintersteckte. Waren sie nicht dafür verantwortlich, dass die verdammte Maschine anständig gewartet wurde? Seiner Meinung nach trugen sie die Schuld an diesem Unfall. Seine Miene verfinsterte sich zu einem zornigen Starren. Ein Teil von ihm war froh, dass die beiden Männer nicht mehr lebten. Es geschah ihnen ganz recht. Immerhin hatten sie Curtis auf dem Gewissen.
    »Fickt euch«, murmelte er. »Ich hoffe, ihr schmort beide in der Hölle!«
    Er atmete tief durch, stieß sich von der Nase des Flugzeugs ab und bahnte sich einen Weg um die zwei Bäume herum. Im Kopf strich er den ersten Punkt seiner Liste durch. Eventuell hatte er die elende Situation noch nicht vollständig, aber doch zumindest in groben Zügen erfasst. Als Nächstes musste er Dani, Jen und Conner finden. Sobald das erledigt war, konnte er den nächsten Punkt abhaken. Nach und nach würde es schon vorangehen.
    »Arschloch!«
    Der wütende Ausruf ließ ihn erstarren. Er brauchte eine Sekunde, doch dann erkannte er, dass es Danis Stimme gewesen war. Im nächsten Moment hörte er Conner einen Haufen Unsinn plappern, der sich anhörte, als ob es eine Entschuldigung sein sollte. Mit einem Grunzen setzte er sich in Bewegung. Weshalb auch immer die beiden sich anschrien, es klang, als ob er der Sache auf den Grund gehen sollte.
    Conner schlug hart auf den Boden, spürte aber nichts als eine gewisse Verwirrtheit.

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