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Down

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Titel: Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Southard
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fest, dass er es abgrundtief hasste.
    An seiner Stelle sagte Jen etwas. »Wo stecken eigentlich Greg und die Reporterin?«
    Ein unbehagliches Gefühl kroch über seine Haut. Als er Shannon das letzte Mal gesehen hatte, war sie damit beschäftigt gewesen, Speere herzustellen und Proviant einzusammeln. Er hatte zunächst dasselbe getan, jedoch längst damit aufgehört, und seitdem tat er keinen Schritt mehr ohne Waffe. Es fiel ihm zunehmend schwer, zeitliche Abläufe zu erfassen. Er vermutete, dass es sich um eine Folge der Gehirnerschütterung handelte, doch das trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte. Jede Stunde, die ohne Rettung verstrich, war eine Stunde zu viel.
    Schlimmer noch: Wenn er die Zeit aus den Augen verlor, bestand das Risiko, dass er auch Menschen aus den Augen verlor. Und genau das war passiert. Er hatte die Hälfte von ihnen verloren, weil ein Schlag auf den Kopf für ihn die Uhren schneller gehen ließ. Er konnte sich nicht erinnern, ohnmächtig geworden oder aufgewacht zu sein, also ging er davon aus, dass die Kreatur in seinem komatösen Zustand nicht wieder aufgetaucht war. Doch das war ein schwacher Trost.
    »Ich komme wieder«, kündigte er an. Seine Stimme klang weit entfernt. Er nahm den Speer mit und kletterte aus dem Flugzeug. Mit der Waffe in der Hand untersuchte er die Absturzstelle. Alles fühlte sich deutlich zu ruhig an, zu leise. Sein Atem hallte in seinen Ohren nach wie nervöses Grollen. Falls Greg oder Shannon in der Nähe waren, gab es zumindest keine Anzeichen dafür. Mit jedem Schritt, den er sich von dem demolierten Flugzeugrumpf entfernte, schwand das Gefühl von Sicherheit. Potter merkte, wie die Angst tiefer in ihn hereinkroch. Ein Eisklumpen, der größer und größer wurde. Sollte er nach den beiden rufen? Nein, er selbst hatte darauf bestanden, dass Ruhe eingehalten wurde, damit sich das Vieh nicht noch einmal blicken ließ. Doch spielte das wirklich eine Rolle?
    Wo hatte er sie zuletzt gesehen? Was Shannon betraf, wusste er es, aber Greg …
    Die Senke. Gott, das war kurz nach Sonnenaufgang gewesen. Seine Stirn legte sich in Falten, als er in die entsprechende Richtung lief. Verdammt noch mal, er sollte alles im Griff haben. Stattdessen hatte er den Bassisten seit Stunden aus den Augen verloren. Das war alles andere als professionell. Schlimmer noch, er setzte damit das Leben der gesamten Gruppe aufs Spiel. Einer von ihnen war bereits gestorben und jetzt hatte sich dessen bester Freund Gott weiß wohin verzogen.
    Er hatte das Absturzgebiet halb durchquert und war an den kleineren Wrackteilen vorbeigestolpert, als Shannon aus dem Wald gejoggt kam. Die Reporterin hatte ihre Waffe dabei und schien unverletzt zu sein, doch der Ausdruck schierer Panik auf ihrem Gesicht verriet, dass sie keine guten Nachrichten mitbrachte.
    »Ich kann Greg nicht finden«, erklärte sie, und die Eisschicht, die sich über Potters Brust gelegt hatte, bekam Risse.
    Er schlug die Augen auf und nahm erstaunt seine Umgebung unter die Lupe, während ein Geräusch aus seinem geöffneten Mund drang, das an eine Windböe erinnerte, die durch einen Canyon wehte. Er hatte sich zunächst in die Hoffnung geflüchtet, dass das hier nicht wirklich geschah, dass er aufgrund von Erschöpfung oder Blutverlust halluzinierte. Aber davon war nicht viel übrig geblieben.
    Dass er es nie aus dem Flugzeug herausgeschafft hatte, immer noch dort lag und gerade seinen letzten Atemzug ausstieß, glaubte er nicht mehr. Er konnte die Hand spüren, die seine hielt, und er konnte sie auch sehen. Spindeldürre Finger in der Farbe verglühter Kohlen klammerten sich an ihm fest. Die Hand, zu der sie gehörten, schien nur aus abgeschürfter Haut, hervortretenden Knöcheln und stockartigen Knochen zu bestehen. Sie war mit einem Handgelenk verbunden, das so dünn war, dass es aus mit Pergament umwickelten Besenstielen zu bestehen schien. Das Handgelenk verschwand im Waldboden und Greg stellte fest, dass die Erde um die Hand herum unaufhörlich absackte.
    Fantastisch. Anders konnte man es nicht bezeichnen. Die Hand in seiner Hand war fantastisch, schlicht und ergreifend.
    Der Boden um ihn herum bebte. Erdreich und Kiefernnadeln kräuselten sich wie Wasser, wenn ein Hai direkt unter der Oberfläche kreist. In der Zwischenzeit arbeiteten sich weitere Finger aus dem Boden heraus, die ebenfalls mit Händen verbunden waren. Das raue Stöhnen, bislang sein einziger Laut, verebbte. Stattdessen lächelte er. Fantastisch war

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