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Down

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Titel: Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Southard
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das alles. Ein versteckter Bereich der Welt, den nie jemand zu sehen bekam, hatte sich vor ihm aufgetan, präsentierte sich wie ein Pfau oder eine Rose in prachtvoller Blüte. Weiche, trockene Finger schlossen sich um seine Handgelenke, Arme und Knöchel. Vier Fingerspitzen streichelten seine Wange. Eine erkundete die Linie seiner Unterlippe wie eine Liebhaberin und ein euphorischer Schauder lief durch seinen Körper.
    Und dann waren die Hände plötzlich weg. Er blinzelte, und die Welt verschwand und tauchte hinter dem grauen Schirm seiner Augenlider wieder auf. Erschrocken rappelte er sich hoch und musterte den Boden in der Umgebung. Er war unberührt, eine durchgehende Ebene aus Erde und Nadeln, von dem einen oder anderen Zweig oder Felsbrocken abgesehen.
    Er sank zurück auf die Knie, verbarg sein Gesicht in den Händen und atmete tief ein. Er roch Erde, darunter ein Hauch von etwas Öligem. Er fragte sich, ob es die schwarze Flüssigkeit war, die er sich gerade aus den Augen gewischt hatte. Was ging hier vor? Er wollte weinen, schreien, doch alles fühlte sich entrückt und seltsam an, als ob das bekannte Universum den Platz mit etwas Fremdartigem getauscht hätte.
    Greg war derart in Gedanken versunken, dass er die Schritte nicht bemerkte. Er nahm gar kein Geräusch wahr, bis der knurrende Atem alles andere dominierte. Angst ergriff ihn und er kniff fest die Augen zusammen, wusste, was hinter ihm stand, und fürchtete sich doch zu sehr, um nachzuschauen. Das war es dann also. Das Monster war zurückgekehrt, um ihn abzuschlachten. Es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Das Beste war, er kniete sich hin und hoffte, dass es schnell ging.
    Aber der tödliche Schlag blieb aus. Stattdessen weiter dieser Atem, der rauschte wie der Luftzug aus einem riesigen Blasebalg. Zitternd zog Greg die Hände vom Gesicht weg und öffnete die Augen. Zuerst sah er die Füße des Wesens, die an einen Menschen erinnerten, nur ungleich größer und mit schwarzen Krallen. Zentimeter für Zentimeter hob er den Kopf und ließ den Anblick der Kreatur auf sich wirken. Er sah jede Narbe und jeden Fellflicken, jedes entblößte Stück grauen Fleisches. Die hervorstehenden Zähne und Augen, tief im Schädel versunken, hypnotisierten ihn. Spuren einer schwarzen Flüssigkeit liefen wie Tränen über das Gesicht seines Gegenübers.
    Das Biest starrte ihn schweigend an, blieb aufrecht vor ihm stehen. Gregs Angst verflüchtigte sich und ließ nichts als Erstaunen und den Eindruck von Endgültigkeit zurück. Dies war das Ende, sein Schicksal. Die Zukunft musterte ihn mit Augen, die schwarze Tränen weinten.
    Ohne einen weiteren Laut drehte sich das Monster um und verschwand im Unterholz. Greg stand auf und folgte ihm.
    Als sie die oberen Zweige des Baums erreichte, begannen Danis Rippen und Schultern, sich gegen die Tortur des Kletterns zu wehren. Jeder einzelne Körperteil signalisierte ihr, dass der Abstieg sowohl beschwerlich als auch nervenaufreibend sein würde, doch sie ignorierte die Warnung. Darüber musste sie sich noch nicht den Kopf zerbrechen. Zunächst galt es, nach Hinweisen für eine nahegelegene Zivilisation zu suchen. Sie umarmte den Kiefernstamm, erklomm einen weiteren Ast und stieß mit dem Kopf durch das Nadeldach.
    Für einen Moment nahm ihr die schiere Höhe den Atem und ersetzte ihn durch ein nervöses, ruckartiges Keuchen, während ihr Körper zu versteinern schien. Ihre Umarmung des Baumstamms verwandelte sich in eine tödliche Umklammerung. Mit jeder verstreichenden Sekunde erhitzte sich die Luft in ihren Lungen stärker. Sie kniff die Augen zu und spürte, wie der Baum hin und her schwankte. Als sie langsam die Fassung zurückgewann, wurde ihr klar, dass weder der Baum im Wind schwankte noch sie herunterfallen würde. Sie schlug die Augen wieder auf und suchte den Horizont ab.
    Die Aussicht erschlug sie fast. In allen Richtungen wogte ein lückenloser Teppich aus Föhren auf den Hügeln. Ein blauer Himmel erstreckte sich fast bis zum Horizont, der vor einer Wolkenbank kauerte. Die Landschaft zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Vielleicht konnte sie eines Tages mit Kevin hier zelten gehen. Sie wollte unbedingt daran glauben.
    Doch zuerst mussten sie aus diesem schier endlosen Wald entkommen, der sich weit über das ohnehin schon gewaltige Blickfeld hinaus auszudehnen schien. Sie konnte keine einzige Unterbrechung in den dicken, grünen Wipfeln ausmachen – nichts, das auf eine Straße oder auch nur eine winzige

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