Down
sie immer mit Ehrfurcht, wie viel Wut aus einer einzigen Person hervorsprudeln konnte. Sie wusste, dass die Anfälle vorhersehbar waren. Kaum jemand musste sich mit einer höheren Konzentration gequirlter Scheiße auseinandersetzen als ein Tourmanager.
»Verdammte Rockstars! Ich hab echt die Schnauze voll von ihnen! Sperren nie ihre gottverdammten Lauscher auf, sondern tun, was sie wollen. Ich spiele Bass in einer Band, also muss ich mir von niemandem was sagen lassen. Wenn ich diesen Totalversager finde, drehe ich ihm seinen beschissenen Hals um!« Er stakste um die Senke herum und seine wütenden Augen blitzten in alle Richtungen. Wahrscheinlich hielt er nach etwas Ausschau, das er treten, zerstampfen oder sogar aufheben und wegschleudern konnte.
Die Szene machte Shannon zunehmend nervös. Potters Zorn war gerechtfertigt, keine Frage, aber die Art, wie er das Loch umkreiste, weckte unangenehme Assoziationen von Bestien, die auf ihr Abendessen warteten. Die Überreste am Grund der Grube und die Symbole, die in die Rinde der Föhren eingekerbt waren, verstärkten ihr Unwohlsein noch. Bald ergriff eine unangenehme Kälte Besitz von ihrem Körper. Potter bewegte sich wie in Zeitlupe, während er über seine abwesenden Schutzbefohlenen schimpfte.
Abrupt hörte er auf, wie ein Roboter im Kreis zu laufen, und blieb stehen. Ein fast amüsiertes Grinsen trat auf seine Lippen. Er schüttelte den Kopf, als ob er gerade eine großartigen Witz gehört hatte.
»Ich werde diesen kleinen Scheißer zum Krüppel dreschen. Wenn’s sein muss, werd ich’s tun. Wenn er zurückkommt, brech ich ihm die verdammten Fußgelenke. Jawoll, ich tret auf sein Knie, bis er keinen Schritt mehr laufen kann. Wenn dieser Idiot von einem Hurensohn glaubt, er müsste sich ohne Ankündigung verkrümeln, nur weil sich so ein gottverdammtes Monster im Wald rumtreibt, muss ich eben dafür sorgen, dass er nicht abhauen kann. Anders geht’s wohl nicht. Anders kann man den blöden Bastard nicht davon abhalten, blind ins Verderben zu rennen.«
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Potter?« Sie fürchtete sich vor seiner Antwort. Ob er ruhig blieb oder explodierte, war nicht abzusehen. Jedenfalls wusste sie, dass sie nicht länger tatenlos herumstehen konnte.
Glücklicherweise nickte er mehrmals kurz hintereinander. »Ja. Tut mir leid. Ich bin nur …« Er schlug sich mit der Hand auf die Schenkel und deutete um sich, als würde das alles erklären. Seine Miene vermittelte eine klare Botschaft: Diese Scheiße ist doch nicht zu glauben.
»Ich kann’s gut nachvollziehen.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie lange er schon weg ist?«
»Nein. Ich habe an unserem Verteidigungszeug gearbeitet und sonst nichts mitbekommen.«
»Tja, ich auch nicht.«
»Ich komme mir ganz schön bescheuert vor.«
»Nicht nötig. Mir geht’s genauso. Ich glaube … Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dieser Ort ist einfach schräg, auch wenn ich das Wort eigentlich nicht mag. Erst dieses Monster da draußen, dann die Zeit, die uns einen Streich spielt, und dann noch dieser Mist hier. Wenn man das alles über einen Kamm schert, ist es ein riesengroßer, unglaublicher Schlamassel.«
»Hört sich nicht gerade beruhigend an.«
»Ist es auch nicht.«
In der Hoffnung, Greg irgendwo herumstolpern zu sehen, richtete sie den Blick auf die Baumreihen. Möglicherweise hatte er sich bloß verirrt oder war vor lauter Trauer nicht ganz bei sich. Doch da war nichts als Wald. Sie konnte nicht einmal den Wind über die Nadeln streifen hören. Falls sich Greg tatsächlich in der Nähe aufhielt, musste er aus den Latschen gekippt sein.
»Tja, Mist.« Sie hob entschlossen den Speer und lockerte die Schultern. »Ich bin bald zurück, denke ich.«
»Was?«
»Na, ich gehe ihn suchen.«
Potter schüttelte den Kopf. Falten und eine finstere Miene ersetzten sein Grinsen. »Nein.«
»Nein? Greg steckt irgendwo da draußen. Jemand muss ihn finden und zurückbringen, bevor dieses beschissene Was-auch-immer ihn erwischt.«
»Er hätte eben nicht weggehen sollen.«
Für eine Sekunde stand ihr Mund offen wie ein Scheunentor. Hatte er das gerade wirklich gesagt? »Potter, Sie können doch nicht …«
»Ich mein’s ernst. Zum Teil ist es sicher unsere eigene Schuld, weil wir ihn alleingelassen haben. Dani kann weitaus besser auf sich aufpassen und trotzdem haben wir darauf bestanden, sie nur mit einem Begleiter losziehen zu lassen, um Hilfe zu suchen.«
»Aber Greg hat sich verirrt!«
»Das
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