Downtown Blues
eingelassenen Becken. Zwei Monatsrationen Nutzwasser, um es zu füllen, schätze ich, mindestens.
Er zuckt die Schultern, und ich merke, wie einfältig meine Fragen sind. »Fühl dich einfach zu Hause. Nimm dir, was du brauchst.«
Ha! Als ob ich mich zwischen all diesem Reichtum jemals zu Hause fühlen könnte.
Er spürt mein Unbehagen. »Lohn der Angst, nichts weiter.« Er lacht bitter. »Nein, besser ausgedrückt, Lohn der Schamlosigkeit. Ein Drei-Jahres-Vertrag mit Happy-Food.«
Ich habe keine Ahnung, was er meint. Ich weiß nur, ich gehöre nicht hierher. Lass mich nicht allein hier, will ich rufen, doch er ist fort.
Ich stehe auf der Dachterrasse und drücke meine Zehen in den kurzen Rasen. Richtiges, lebendes Gras, kein grünes Kunstzeug mit Duftbeimischung, das in der Mittagssonne weich und klebrig wird. Die Luft ist so sanft und klar, dass ich die Sterne sehen kann, und sie kratzt nicht im Hals. Trotzdem fällt mir das Schlucken schwer. Bru steht direkt hinter mir. Hier oben ist es ganz still. Ich höre seinen Atem und spüre die Wärme seines Körpers. Fast scheint es, als hätte er die Wüstensonne in sich aufgesogen, und jetzt wärmt sie mich. Er ist zurückgekommen, denke ich, er ist zu mir zurückgekommen.
»Vermisst du es manchmal?«
»Mein altes Leben? Schon möglich, vielleicht. Ich weiß es nicht.« Er streckt den Arm aus und zeigt auf den nahen Horizont. Dort, wo die Lichter der Downtown sich mit der Smogdecke vermischen, ist ein intensives, rotes Glühen zu sehen. »Von hier oben sieht sie fast schön aus. Aber wenn der Wind aus der falschen Richtung kommt, riecht man den Gestank der Straßen bis hier oben. Ich finde, das rückt die Dinge in die richtige Perspektive.«
Warum erzählt er mir das? Ich will doch nur, dass er die Arme um mich legt und mich hart auf den Mund küsst. Ich will die Vertrautheit jener Nacht, als wir durch die verlassenen Straßen liefen und keine Worte brauchten. Ich will seine Hände auf meinem Körper spüren und ihm sagen: »Tu all das, woran du gedacht hast, als du damals ›für dich, Donovan, jederzeit‹ gesagt hast.« Ich höre ihn lachen und erstarre. Habe ich laut gedacht? Oh nein. Mein Gesicht glüht und meine Hand fährt zu den Haaren. Ich zieh mir eine Strähne vors Gesicht. Was für eine dumme Geste, er steht doch hinter mir.
Sein Atem streift meine Hand und er sagt leise: »Warum, glaubst du, bin ich zurückgekommen?«
Aber zuerst liest er meine Gedanken, legt die Arme um mich und küsst mich hart auf den Mund. Und dann macht er alles, woran er an jenem Tag in der C-Force-Zentrale gedacht hat, als sich unsere Blicke kurz ineinander verhakten. Es ist nicht so, wie ich es mir ausgemalt habe, kein billiges Motel mit kaputter Klimaanlage in New Frontier. Auch nicht das breite, weiche Bett im Penthaus. Und diesmal sind wir keine zwei einsamen Wanderer, gestrandet in der Kampfzone einer endlosen Downtown-Nacht, auf der Suche nach Trost und Wärme. Es ist anders, auch wenn sein Körper genauso sauber und nach noch etwas riecht und er sich genauso gut anfühlt. Diesmal ist es wilder, dreckiger, guter Sex, der uns beide zum Schreien bringt.
Mit dem Nachtwind kommt salzige Kühle vom Meer und trocknet den Schweiß auf unseren Körpern. Das kurze Gras klebt an meinem Rücken, meinem Bauch und bringt meine Haut zum Kribbeln.
»In drei Tagen ist Wahl«, sage ich und meine: In drei Tagen muss ich gehen.
»Ich weiß.« Er liegt auf dem Rücken und starrt hinauf zu den Sternen. Ich versuche zu sehen, was er sieht. »Ich weiß.«
Nicht mehr und nicht weniger. Ist das gut oder schlecht? Unterhalb seiner Rippen verläuft eine Narbe, hebt sich von seiner gebräunten Haut ab. Ich habe auch solche Narben, jeder in der Downtown hat sie. Eine Sekunde der Schwäche, und das Messer des anderen ist schneller. Ein kurzes Brennen und eine lebenslange Erinnerung. Was hat Bru verbrannt? Ich möchte ihn berühren, aber ich bewege mich nicht. Will den Augenblick festhalten, aber weiß nicht, wie. Also rede ich drauflos: »Was wirst du jetzt machen, zur C-Force zurückgehen?« – Oder zur DCU, wie Reardon?, hätte ich fast ergänzt, schlucke es gerade noch rechtzeitig runter.
Er dreht sich zu mir und sieht mich verdutzt an. »Postkoitale Romantik ist wohl nicht in deinem Programm, oder, Donovan?«
»Hä?« Ich setze mich auf und sammle mir die Grashalme vom Bauch. Bru beobachtet mich. Was erwartet er von mir? Mir wird auf einmal bewusst, wie unerfahren ich bin. Alles, was
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