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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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gemeinsame Vergangenheit.
    Stimmen. Ihre Bodyguards? Mir entfährt ein Keuchen, meine Fäuste lösen sich, ich hebe die Arme. Meine Finger strecken sich und legen sich um ihren Hals. Ich drücke zu. Sie wehrt sich nicht, doch im Spiegel sehe ich ihr triumphierendes Lächeln. Ich weiche zurück. Die Fingerabdrücke auf ihrem Hals sehen aus wie Knutschflecken. Sie bemerkt es auch, ihr Lächeln vertieft sich. Ohne mich abzutrocknen, steige ich in meinen Coverall und fühle mich immer noch nackt. Wo kann ich mich verstecken?
    »Legen Sie’s hier ab.« Bru und ein Typ von der Gebäudesicherheit stehen plötzlich in der Tür. Der Sicherheitstyp schleppt die Sitzpolster. Scheiße, das hatte ich völlig vergessen. Genau, was ich jetzt noch brauche.
    Aranxa geht an mir vorbei. »Stefanito, wie schön dich zu sehen.« Sie küsst ihn auf den Mund, mit den Augen küsst sie mich. Miststück.
    »Wie bist du reingekommen?« Seine Stimme ist rau. Er sieht an ihr vorbei zu mir. Ich schüttle den Kopf. Nein, ich habe diese Frau nicht zurück in dein Leben geholt.
    »Ich habe den Zugangskode, schon vergessen?« Ihre Hände streichen langsam über seinen Körper. Sie tut das nicht zum ersten Mal, ist sich ihrer selbst ganz sicher.
    Doch er hält ihre Hände fest, schiebt sie von sich. »Geh jetzt, ich habe ein anderes Leben, ohne dich.« Er sagt es ganz leise, und für mich klingt es, als würde er selbst an seinen Worten zweifeln.
    »Du kommst zu mir zurück.« Sie lacht ihn aus. »Du wirst die Zeit, die wir hatten, nie vergessen, sie ist immer noch in deinem Blut. Du willst noch mehr davon, viel mehr. Du kommst zurück.« Ihre Blicke bohren sich bis in sein Innerstes, ich kann es genau sehen.
    »Ich bin drüber weg, über den Stoff und über dich.« Er greift ihren Arm und zieht sie zur Tür. »Ich will dich nie wiedersehen, verstanden?«
    Die Tür schließt sich. Schweigen. Ich will ihm all die Fragen entgegenschleudern, die mir auf einmal das Innere zerfressen. Fragen wie: »Gehst du zu ihr, wenn du mitten in der Nacht verschwindest?« Schweigen.
    Er sieht mich an. Ich kann seinen Blick nicht deuten. Schweigen, endloses, zeitloses Schweigen. Dann, unvermittelt: »Was bin ich für dich?«
    Ich zucke zusammen. Fühle mich schuldbewusst und weiß nicht, warum. Verbündete, das klingt unverfänglich. »Ich dachte, wir wären Verbündete.« Ich spüre immer noch diesen eigenartigen Schmerz in mir.
    »Verbündete?« Er sieht mich misstrauisch an. »Was zur Hölle meinst du damit?«
    Muss ich ihm das wirklich erklären? Ich bin verwirrt. Sollten hier in der Uptown so andere Regeln gelten? »Wir hatten Sex, also sind wir Verbündete.«
    »Was!?« Er packt mich an den Armen und schüttelt mich etwas, nicht hart, nur so, als wäre eine Erklärung für das eben Gesagte in mir, die er herausschütteln will. Doch was für eine Erklärung?
    »Wir hatten Sex, also sind wir Verbündete«, wiederhole ich stur.
    Er lässt mich abrupt los, reibt sich die Stirn, läuft durchs Zimmer, bleibt vor mir stehen und schüttelt den Kopf, sagt mehrmals: »Oh Mann, oh Scheiße«. Ist völlig frustriert. Ich fühle mich richtig dumm, weiß aber nicht mal, warum. Brubaker fängt wieder an rumzulaufen. Murmelt vor sich hin. Bleibt dann vor mir stehen, sieht mich wieder mit diesem Blick an. »Warst du denn noch nie verliebt, Cis?« Auf einmal ist die Frustration aus seiner Stimme gewichen und sie klingt so, wie in jener Nacht: rau und gleichzeitig sanft.
    Ich schüttel zögernd den Kopf.
    »Gab es nie jemanden, an den du ständig gedacht hast, obwohl du es gar nicht wolltest, jemand, mit dem du zusammen sein wolltest?«
    »Nein«, sage ich und weiß im gleichen Augenblick, das ist gelogen. ›Doch, an dich habe ich gedacht‹, wäre die Wahrheit gewesen.
    Bru sieht mich völlig konsterniert an. »Pack zusammen, ich bringe dich nach Chinatown.«
    »Du willst, dass ich gehe?« Ich flüster die Worte, ungläubig, fassungslos. Ich kapier überhaupt nichts mehr. Irgendwas hab ich falsch gemacht, wieder mal. Nur was? Verdammte Uptown-Regeln. Warum sagt einem keiner was? Meine Wut verdrängt den Schmerz in mir. »Ich soll verschwinden, ja? Ist es das, was du von mir willst?« Keine Antwort. »Auch gut, dann gehe ich eben. Du mit deinen scheiß Uptown-Regeln!«
    »Du glaubst wohl, weil du straßenschlau bist, kennst du das Leben.« Seine Stimme klingt bitter. »Glaub mir, so sehr geirrt hast du dich noch nie.«

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