Downtown Blues
Splittergranaten zerfetzen Körper in einem Einkaufszentrum. Jemand sagt ja, und ein ganzer Häuserblock fällt in sich zusammen und begräbt seine Bewohner.
»Was ist mit den Donovans?«
»Techniker von SpaceCraft, bekamen Geld von der Company, damit sie sich um dich kümmerten. Wurden wohl irgendwann zu neugierig.«
»Aber warum?« Immer wieder die gleiche Frage.
Bru zuckt die Schultern. »Zum einen: Man wollte den Mythos vom besseren Leben bewahren. Macht die Gegenwart nicht ganz so unerträglich.«
»Doch primär geht es um die Sicherung von intaktem Genmaterial«, sagt Brannigan. »Berechnungen haben gezeigt, dass sich die Mutationsrate innerhalb der nächsten zwei, drei Dekaden mehr als verdoppeln wird – nicht nur bei den Bewohnern der Downtown, wo schon jetzt jedes zehnte Kind mit einem genetischen Defekt geboren wird.«
Mutationsrate, genetischer Defekt, was ist daran neu? Die Stadt bringt ihre Bewohner um, dass weiß doch jeder. Was hat das mit mir zu tun? Ich höre gar nicht mehr zu, ich denke nur an eines: wie mir SpaceCraft zweimal die Familie nahm. Mir hilft kein Mythos vom besseren Leben. Und dann sagt Chan: »Also wollten die nie Potters FTL weiterentwickeln, weil der ganze Schwindel sonst aufgeflogen wäre.«
»Und noch weniger wollten sie, dass StarCom die Wahrheit erfährt.« Ich zeige anklagend auf Brannigan. »Und Sie haben die ganze Zeit gewusst, was gespielt wird.«
»Ich hatte Sie gewarnt.« Für ihn ist es damit erledigt. So leicht delegiert man in seinen Kreisen Verantwortung.
»Sie haben den Antrieb, LB«, sagt Brubaker.
»Woher weißt du das alles?«, frage ich misstrauisch und tappe ihm damit voll in die Falle, wie mir sein selbstzufriedenes Grinsen deutlich verrät. Wann werde ich je ihre Spielregeln beherrschen? »Zahlt einfach die Prämie aus und wir sind weg, alles klar?«
»Es gibt keine Prämie«, erklärt Brannigan. »Die Lage hat sich grundlegend geändert.«
»Nicht für mich«, beharre ich. So lasse ich mich nicht abfertigen. »Ohne Prämie kein Antrieb.«
»Sie wollen den Antrieb doch gar nicht«, sagt Chan
»Und außerdem gehören die Verwertungsrechte sowieso dir. Stimmt’s, LB?«
Der Bezirksstaatsanwalt nickt mürrisch. »Es existiert ein Testament, in dem Professor Potter sämtliche Werte Commander Nick Berringer oder seinen Nachkommen vermacht, und das schließt auch die Rechte an seinen Entwicklungen ein.«
»Was soll das heißen?« Dieser Wortschwall über Verwertungsrechte und Entwicklungen – ist das ein Trick, um mich um die verdiente Prämie zu bringen? Nachkommen von Nick Berringer, damit bin ich gemeint. Ich habe eine Vergangenheit und eine Familie. Ein neues, ungewohntes Gefühl.
»Dass du in Zukunft nicht mehr bei mir zu duschen brauchst, Partner«, grinst Chan, und diesmal korrigiere ich ihn nicht.
»Und bevor wir alle in diese glückliche Zukunft aufbrechen, müssen wir nur noch die Spezialisten der Companys los werden.« Brubaker sieht den DA aufmunternd an. »Irgendwelche Ideen?«
»Hier könnt ihr jedenfalls nicht bleiben.«
»Warum, ich denke, das ist ein sicheres Haus?«
»Wie gesagt, es sind schon zu viele Leute in die Angelegenheit verwickelt.«
»Dann sieh zu, dass sich das ändert.« Bru hat genug vom Taktieren des DA. »Ich halte nicht wieder meinen Kopf für dich hin. Und Donovan und ihr Partner haben ein Anrecht auf Protektion.«
»Um mich braucht ihr euch nicht zu kümmern«, sagt Chan. »Ich verschwinde jetzt. Donovan weiß, wo ich zu finden bin, ich und dieses FTL-Programm.« Und schon ist er aus der Tür, niemand hält ihn auf, auch ich nicht. Chan weiß, wie er den Kopf oben behält. Aber was ist mit mir? Ich habe nur ein Versteck, und das ist vermutlich auch nicht mehr sicher – Dels Apartment.
»Wer weiß von eurer Verbindung?«
»Nur Reardon, mein Ex-Partner«, behauptet Bru.
»Und sämtliche Klatschmäuler in der C-Force«, ergänze ich. »Und der Capistrano-Klan.«
»Gut gemacht«, spottet Brannigan. »Wirklich sehr diskret, Champ.«
Aber ich bin noch nicht fertig. »Und StarCraft.«
»Nächste Woche ist Wahl«, überlegt Brannigan laut. »Und wenn ich mich jetzt gegen Warring stelle, bin ich in acht Tagen arbeitslos.«
»Was hat das mit mir zu tun?«
»Wer, glaubst du, finanziert die Kampagne?«
Ich sehe Bru verwundert an. »Scheiße, Bru. Glaubst du ernsthaft, mich kümmert, wer unserem geliebten Bürgermeister seine vierte Amtsperiode besorgt?« Wenn ich noch länger hier sitzen und mir dieses
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